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Alternative Mobilität

Carsharing, aber richtig

Nicht nur als Ersatz für Taxi und ÖPNV von Dienstreisenden genutzt, ist Carsharing auch für Unternehmen eine Überlegung wert. Das sollten Sie beachten.

Für eine Privatperson kann sich Carsharing finanziell auszahlen, wenn die jährliche Fahrstrecke die Marke von 10.000 Kilometer nicht übersteigt. Doch bei Unternehmen kann diese Grenze deutlich höher liegen. Die Zahl der Firmenwagen im Fuhrpark zu reduzieren und die auf dem Markt vorhandenen Carsharing-Angebote in das eigene Mobilitätskonzept zu integrieren, ist zwar in den meisten Fällen zunächst ein großer Schritt, kann sich aber mitunter wirtschaftliche erheblich auswirken. Um eine kompetente Entscheidung treffen zu können, sollten Fuhrparkmanager aber zu nächst einige offene Punkte klären. Zum Thema Carsharing geben wir hier Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Welche Arten von Carsharing gibt es?

Generell wird zwischen vier Arten unterschieden. Den größten Anteil aller Nutzer haben das stationsbasierte und das „Free Floating“-Carsharing. Bei ersterem (zum Beispiel von Flinkster, Cambio oder Stadtmobil) wird das Auto an einer festen Station abgeholt und nach Ablauf der Leihdauer an der gleichen oder einer anderen definierten Stelle wieder zurückgegeben. Das hat den Vorteil, dass man das Auto nicht suchen muss, wie es beim „Free Floating“ (zum Beispiel von Car2go, Drivenow) passieren kann. Hier stehen die Autos im gesamten Geschäftsgebiet verteilt, können per App oder Website gesucht und gebucht werden. Benötigt man das Fahrzeug nicht mehr, stellt man es auf einem beliebigen öffentlichen Parkplatz wieder ab. Der große Vorteil liegt in der Flexibilität, dafür sind Angebote mit Free Floating meist teurer. Laut einer Berechnung des ADAC werden für einen zweistündigen Wocheneinkauf mit einer Fahrtstrecke von zehn Kilometer im stationsbasierten Carsharing durchschnittlich 6,20 Euro fällig, im Free-Floating-Modell 17,90 Euro. Neben den beiden Angebotstypen gibt es außerdem noch das „Peer to Peer“-Carsharing, bei dem Privatpersonen ihre Autos zum Teilen anbieten (zum Beispiel bei drivy.de) und das sogenannte „Ridesharing“, ein moderner Begriff für die gute alte Mitfahrgelegenheit.

Wo liegt der Unterschied zur klassischen Autovermietung?

Carsharing ist flexibler. Kunden schließen mit einem Anbieter einmal einen Rahmenvertrag ab und können danach beliebig oft Fahrzeuge leihen. Bezahlt wird immer mit Abschluss der Nutzungsphase. Somit sind auch spontane und kurze Fahrten von nur einer Stunde oder weniger problemlos machbar, während der administrative Aufwand bei der klassischen Vermietung allein oft schon diesen Zeitraum überdauert.

Wo gibt es Carsharing-Anbieter?

Laut Bundesverband Carsharing (BCS) gibt es deutschlandweit an rund 600 Orten eine Carsharing-Möglichkeit. 150 Anbieter vereinen aktuell rund 1,7 Millionen registrierte Nutzer. Vor allem in Städten gibt es viele Angebote, ländliche Bereiche sind bisher spärlich erschlossen. Hier lohnt sich aber meist auch eher ein Privat-Pkw.

Was kostet Carsharing?

Das ist von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich geregelt. Meist gibt es zunächst eine einmalige Anmeldegebühr, etwa zwischen 10 und 30 Euro, einige Anbieter verlangen eine Grundgebühr. Anschließend wird nach Zeit und gefahrenen Kilometern abgerechnet. Beispiel bei „Cambio“ im Raum Bonn: Hier kostet der Kilometer im teuersten Fall 33 Cent, die gefahrene Stunde 1,90 Euro. Fährt man also von einem Außenbezirk zum Einkaufen für drei Stunden in die Innenstadt und legt auf Hin- und Rückweg dabei 20 Kilometer zurück, kostet der Ausflug 12,30 Euro. Darin sind alle Kosten für Steuer, Versicherung und Benzin enthalten.

Wie sind Carsharing-Autos versichert?

(Vollkasko-) Versicherungen sind im Mietpreis inbegriffen, die Selbstbeteiligung bewegt sich bei den meisten Firmen zwischen 300 und 1.000 Euro. Wer bereits vor Fahrtantritt einen Schaden am Auto bemerkt, der nicht im Bordbuch hinterlegt ist, tut gut daran, diesen unverzüglich der Zentrale zu melden.

In welchem Zustand muss ich das Carsharing-Auto zurückbringen?

Generell sollten die geliehenen Autos natürlich mit Respekt und Sorgfalt behandelt werden, das gebietet der Anstand. Allerdings muss einer Abgabe keine Tiefenreinigung vorangehen, darum kümmern sich Service-Dienstleister der Unternehmen. Entstehen durch einen Transport oder schlechte Wetterbedingungen allerdings gröbere Verschmutzungen, müssen diese vom Nutzer vor der Abgabe entfernt werden. Beim Transport von Tieren gibt es Unterschiede: Cambio schließt das zum Schutz von Allergikern vollständig aus, Car2Go und DriveNow erlauben die Mitnahme von Haustieren in speziellen Boxen im Kofferraum der Fahrzeuge. Das Entfernen von Tierhaaren schreiben beide Unternehmen vor.

Muss ich die Fahrzeuge tanken? Und wer bezahlt?

Bei den meisten Unternehmen besteht keine Verpflichtung, die Autos vor der Abgabe aufzutanken. Im Normalfall ist an Bord des Fahrzeugs eine Tankkarte der jeweiligen Partnertankstelle zu finden, mit der Treibstoff bezahlt werden kann. Wer es nur zu einer fremden Tankstelle schafft, kann das Geld auslegen und bekommt es im Nachhinein erstattet. Manche Anbieter locken mit Sonderleistungen zum Tanken. Wer beispielsweise ein DriveNow-Auto mit einem Tankfüllstand von unter 25 Prozent auf über 90 Prozent mit der bordeigenen Tankkarte auffüllt, bekommt im Gegenzug 30 Gratisminuten zur freien Nutzung gutgeschrieben.

Spart man mit Carsharing Geld?

Das kommt immer darauf an, wie hoch die jährliche Fahrleistung ist. Laut ADAC lohnt sich Carsharing für private Haushalte finanziell bis zu 10.000 Kilometer pro Jahr, das wären in etwa 800 Kilometer im Monat. Für Unternehmen dürfte dieser Wert mitunter deutlich höher liegen. Als Rechenbeispiel zog der Autoclub für den Vergleich einen privat angeschafften Neuwagen heran. Dabei ist intensives „Free-Floaten“ deutlich teurer als die Nutzung von stationsbasierten Modellen. Ein großer Vorteil bleibt allerdings allen Carsharern erhalten: Sie sind flexibler beim Aufteilen des Mobilitätsbudgets, da sie auch den ÖPNV in ihre Rechnung mit einbeziehen können.

Gibt es versteckte Gefahren?

Spontanität und flexibles Planen können das Leben mit Carsharing erleichtern aber auch zu frustrierenden Momenten führen, wenn das reservierte Auto gerade nicht zu finden oder beschädigt ist. Lediglich bei der eigenen Kfz-Versicherung kann das Fahren der Carsharing-Autos einen unangenehmen Effekt haben: Wer länger als sieben Jahre kein eigenes Auto zulässt, läuft Gefahr, seinen Schadensfreiheitsrabatt zu verlieren. Wer Pech hat, fällt anschließend trotz jahrelangen unfallfreien Fahrens auf den Status eines Fahranfängers zurück. Das gleiche gilt für Fahrer, die nach langer Carsharing-Zeit zum ersten Mal überhaupt ein eigenes Auto zulassen. Zwar kann man sich bei einigen Carsharing-Unternehmen eine Art Empfehlungsschreiben für die Autoversicherung erstellen lassen, die Assekuranz ist allerdings nicht daran gebunden und kann trotzdem in die teuerste Klasse einstufen.

Eignen sich Carsharing-Autos für Langstrecken?

Bei vielen Anbietern gibt es Pakete für längere Fahrten mit größeren Kilometer- und Zeit-Kontingenten, auch ins Ausland darf man zum Beispiel mit Flinkster oder Cambio fahren – oft muss man Auslandsfahrten allerdings vorher anmelden und es empfiehlt sich, rechtzeitig ein Auto zu reservieren. Bei einer längeren Urlaubsreise dürfte ein klassischer Mietwagen in den meisten Fällen allerdings weiterhin günstiger sein. Eventuell lohnt sich aber auch eine Kombination aus einer Anreise per Bahn oder Flugzeug und einer Nutzung der Carsharing-Dienste von Anbietern vor Ort.

Kann ich mit meinem deutschen Account im Ausland fahren?

Auch im Ausland kann man mit einem deutschen Account bestimmte Carsharing-Autos anmieten – genauso wie in Deutschland. Car2go (u.a. Italien, Niederlande, Spanien) und DriveNow (u.a. Großbritannien, Dänemark, Schweden) gibt es in vielen europäischen Städten. Teilweise unterscheiden sich die Zahlungsmethoden, wer aber seine Kreditkarte als Zahlungsmittel hinterlegt hat, ist auf der sicheren Seite. In den USA oder Kanada – wo Car2go ebenfalls vertreten ist – kann man mit einem deutschen Account aus rechtlichen Gründen nicht fahren.

Ist Carsharing eine Konkurrenz für den klassischen ÖPNV?

Unternehmen, die eigene Autos durch Carsharing ersetzten, verändern oft das Verkehrsverhalten ihrer Mitarbeiter hin zu mehr ÖPNV-Nutzung, das haben Untersuchungen gezeigt. Vor allem stationsbasiertes Carsharing wird daher eher als zusätzlicher Mobilitäts-Baustein denn als Konkurrenz gesehen und funktioniert gut in Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr. Free-Floating-Flotten, die vor allem auf innerstädtischen Kurzstrecken genutzt werden, gelten eher als Konkurrenz des ÖPNV.

Profitiert der Verkehr vom Carsharing?

Laut Bundesverband Carsharing kann das Autoteilen dazu beitragen, den Verkehr zu entlasten: Carsharing-Nutzer würden genauer darüber nachdenken, ob für den Weg zum Bäcker oder der Schule des Kindes wirklich ein Auto nötig ist oder ob man die Strecke auch per Fahrrad oder Bus bewältigen kann. Darüber hinaus bieten einige Unternehmen E-Autos in ihrem Sortiment an, was zumindest lokal für geringere Emissionen und eine bessere Luft im innerstädtischen Bereich sorgen kann.

Wer sind die größten Carsharing-Anbieter?

Drei Unternehmen dominieren den deutschen Carsharing-Markt. An der Spitze liegt mit rund 850.000 Kunden der mit Daimler-Beteiligung geführte Dienst von „Car2Go“. Hier kann der Kunde zwischen verschiedenen Fahrzeugen von Mercedes und Smart wählen. Bei „DriveNow“ von BMW können die 720.000 registrierten Nutzer 3.370 Fahrzeuge des Konzerns vom Mini bis zu BMW i3 oder 2er Cabrio in fünf verschiedenen Städten nutzen. Fahrzeugtechnisch breiter gestreut ist das Angebot der Bahn-Tochter „Flinkster“. 300 Städte mit 4.000 Fahrzeugen diverser Hersteller von Kleinstwagen bis zur Mittel- oder Oberklasse stehen den momentan 315.000 Kunden zur Verfügung.

md/SP-X

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