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Foto: bfp FUHRPARK & MANAGEMENT
Anders als vermutet hat sich der Flottenmarkt 2020 und 2021 entwickelt. Wie es 2022 weitergeht prognostizieren die Experten von Dataforce  in unserem Gastbeitrag. 

Inhaltsverzeichnis

Gastbeitrag

„Ab 2025 gehen Stromer im Fuhrpark in Führung“

Corona, Halbleitermangel und Elektrifizierung halten den Flottenmarkt in Bewegung. Michael Gergen, Datenexperte bei Dataforce analysiert für uns den Flottenmarkt und gibt einen Ausblick auf die kommenden Jahre.

Michael Gergen

Bevor wir auf die aktuellen Zahlen zu sprechen kommen, würde ich gerne einen kurzen Blick in den Rückspiegel werfen und über 2020 sprechen. Auch wenn es nachvollziehbare Gründe gäbe, dieses Jahr am liebsten aus dem Gedächtnis zu streichen, aber das ist ein ganz anderes Thema. Auf Gesamtmarktebene erreichten die Pkw-Neuzulassungen 2020 trotz eines recht beeindruckenden Jahresendspurtes (hier half unter anderem. die abgesenkte Mehrwertsteuer insbesondere bei den Verkäufen an Privatkunden) nicht einmal die drei Millionen-Marke. 2,92 Millionen bedeuteten einen Rückgang von nicht weniger als 19 Prozent gegenüber 2019. Weniger Neuzulassungen hatte es zuletzt vor zehn Jahren gegeben, aber das Jahr 2010 war geprägt von den enormen Vorzieheffekten in 2009 - dem Jahr der Abwrackprämie - und somit auch kein wirklicher Maßstab. 2020 stand Deutschland im internationalen Vergleich sogar noch relativ gut da, denn der Rückgang in Märkten wie Spanien, England oder Italien betrug 28 Prozent und mehr. Doch das ist letztendlich auch kein wirklicher Trost.

2020 war ein Rekordjahr

Aufschlussreich ist die Analyse nach den verschiedenen Marktkanälen. Der durchaus ähnliche prozentuale Rückgang im Privat- (-13,0 Prozent) beziehungsweise Flottenmarkt (-12,4 Prozent) täuscht. Während man für das Privatkundengeschäft 2020 ein historisch niedriges Volumen von nur knapp über einer Million Pkw bilanzieren musste, sah das Ergebnis für das Segment der Firmenkunden spürbar besser aus. Der springende Punkt ist das Vergleichsjahr, also 2019. Das war für das Flottengeschäft nämlich ein überragend gutes Jahr. Zum allerersten Mal wurde die Marke von 900.000 Neuzulassungen übertroffen – und das sogar sehr deutlich. Dieses Rekordniveau wurde im vergangenen Jahr natürlich verfehlt, aber 822.000 Zulassungen ergaben unterm Strich immer noch das viertbeste Jahr überhaupt für dieses Kundensegment– trotz Corona.

Flotte stärkster Absatzkanal 2021

Die Schwäche des Privatkundengeschäfts einerseits und die relativ starke Performance des Flottenabsatzes andererseits führte zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse, zumal das Autovermietgeschäft zwischenzeitlich fast vollständig zum Erliegen kam, und auch das Volumen an Eigenzulassungen auf den Handel und die Hersteller so niedrig ausfiel wie lange nicht. Das führte dazu, dass im Januar und Februar 2021 Flotte erstmals der stärkste Kanal war und dort mehr neue Pkw zugelassen wurden als auf Privathaushalte.

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Foto: Dataforce
Der coronabedingte Absatzeinbruch im Privat- und Fahrzeugbaubereich lässt den Flottenmarkt mit 0,6 Prozent Wachstum erfolgreich aussehen.

Damit sind wir bei den aktuellen Zahlen angelangt. Nach einem – auch aufgrund des Lockdowns – verhaltenen Jahresbeginn und einem dafür sehr starken zweiten Quartal gab es nun vier Monate am Stück mit deutlichen Rückgängen. Kumuliert für die ersten zehn Monate des Jahres bleibt der Pkw Gesamtmarkt in Deutschland nun 5 Prozent hinter dem (schwachen) Vorjahresniveau zurück. Das hatten sich die Marktteilnehmer sicherlich anders vorgestellt.

Mangel an Fahrzeugen: Fuhrparks und Endkunden werden bevorzugt beliefert

Werfen wir doch mal einen Blick auf die einzelnen Marktsegmente. Das Volumen an Zulassungen bei den Autovermietern sowie dem Automobilhandel zeigt sich gegenüber den überschaubaren Vorjahreszahlen mit +0,2 bzw. +0,3 Prozent praktisch unverändert; die Eigenzulassungen der Hersteller gaben um 12,2 Prozent nach. Nachvollziehbar: bei einem Mangel an fertig produzierten Fahrzeugen wird man versuchen, in erster Linie die direkten Endkundenkanäle zu bedienen, sprich Privat- und Flottenmarkt. Hier zeigen sich dennoch unterschiedliche Ergebnisse für den Zeitraum Januar bis Oktober. Während die Zulassungen auf private Halter um insgesamt 12,1 Prozent nachgaben, ist das Segment der Firmenkunden trotz der schwierigen letzten Monate noch leicht im Plus mit 0,6 Prozent.Schauen wir mal auf die Details. Nach den ersten zehn Monaten stehen lediglich 748.000 Privatzulassungen zu Buche. Damit fehlen gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als 100.000 Einheiten. Und dass, obwohl 2020 ja schon ein sehr geringes Januar-Oktober Volumen aufwies. Im Flottenmarkt fällt die Zwischenbilanz deutlich positiver aus. Zwar wird die Anzahl an Neuzulassungen der starken Flottenjahre 2016 bis 2019 verfehlt, das Niveau von 2020 und das der Jahre vor 2016 hingegen übertroffen.Bleiben wir einen Moment beim Flottenmarkt. Auch wenn das Volumen recht nah am Vorjahreswert liegt, gibt es doch deutliche Veränderungen hinsichtlich der Verteilung der Fahrzeugsegmente und insbesondere bei den Kraftstoffarten.

Kompakt SUVs holen im Fuhrpark auf

Beginnen wir mit den Fahrzeugklassen. Hier setzt sich der Trend der vergangenen Jahre weiter fort. Das klassische Segment der Flotten in der Vergangenheit, die Mittelklasse, ist weiter unter Druck. Griff bis vor wenigen Jahren noch fast jeder fünfte Dienstwagenfahrer zu einem Mitteklasse-Modell (sehr gerne als Kombi mit Dieselaggregat), beträgt der Anteil inzwischen nur noch 14,8 Prozent; im Oktober war er mit 10,7 Prozent sogar so niedrig wie nie zuvor. Damit liegt die Mittelklasse kumuliert zwar immer noch auf Position zwei hinter der Kompaktklasse, aber dieser zweite Rang gerät zunehmend in Gefahr. Die Gruppe der Kompakt-SUV holt nämlich mit Riesenschritten auf und steht kumuliert bei inzwischen 13,3 Prozent. Keine andere Fahrzeugklasse hat nach absolutem Volumen mehr zulegen können. In den ersten zehn Monaten wurden über 17.000 kompakte SUV mehr zugelassen als im Vorjahreszeitraum.

Wer aber sind die Treiber dieser beeindruckenden Entwicklung?

Zum einen fußt der Erfolg auf einer breiten Basis etablierter Modelle. Acht der Top-10 Vertreter des Segmentes konnten ihr Neuzulassungsvolumen gegenüber Januar bis Oktober 2020 steigern. Zum anderen gab es aber auch einige Neueinsteiger. Zu nennen sind hier insbesondere Audi Q4 e-tron sowie e-tron Sportback, Mercedes EQA und VW ID4, aber auch Importeure wie MG mit dem HS oder Renault mit dem Arkana sind neu dabei. Damit verzeichnen die Kompakt-SUV inzwischen die enorme Anzahl von mehr als 40 verschiedenen Modellen mit Neuzulassungen im Flottenmarkt. Man benötigt keine überbordende Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass in den nächsten Jahren weitere Neueinsteiger folgen und das Angebot noch breiter werden lassen. Auch das ist eine Stärke dieses Segmentes, die für weiteres Wachstum sorgen wird.

Minis mit relativ größtem Wachstum

Das größte relative Wachstum errang hingegen ein Fahrzeugsegment, bei dem zum Teil schon darüber spekuliert wird, ob die Hersteller und Importeure es in Zukunft überhaupt noch bedienen werden, angesichts immer weiterwachsender Anforderungen an die Fahrzeuge bei gleichzeitigen geringen Gewinnspannen. Ich spreche von der Gruppe der Minis. Plus 63 Prozent beträgt der Zuwachs in diesem Jahr bislang, und knapp 42.000 Neuzulassungen bedeuten Rang sechs im Segmentranking. Innerhalb der Top-10 Minis ist derzeit einzig der Fiat 500 im Minus, was aber seine Elektrovariante 500e mehr als wettmacht. Generell ist der Elektroanteil bei den Minis derzeit so hoch wie in keinem anderen Fahrzeugsegment (lässt man die Gruppe der Mini MPV mal außen vor, die praktisch nur noch aus dem Kia Soul besteht). Fast jeder zweite neu in Flotten zugelassene Mini ist rein elektrisch. Das liegt an den Elektro-Drillingen des VW Konzerns, den beiden Smart EQ Baureihen, dem Renault Twingo Electric und dem oben bereits erwähnten Fiat 500e.

Was uns letztendlich zu einer generellen Analyse der Kraftstoffartenverteilung führt. Da gab es in den letzten Monaten jede Menge Bewegung. Dass Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride inzwischen zum Mainstream geworden sind, ist sicher keine überraschende Erkenntnis. Aber das Ausmaß der Veränderungen und die konkreten Zahlen beeindrucken dann doch.

Diesel führt noch bei der Kraftstoffart

Der Diesel ist weiterhin stärkste Kraft bei den neu zugelassenen Dienstwagen, aber der Anteil der Selbstzünder ist inzwischen unter die Marke von 40 Prozent abgesackt, ein Wert, der früher unvorstellbar erschien. 2016 lag der Anteil noch deutlich über 70 Prozent und noch 2020 war mehr als jeder zweite Firmenwagen ein Diesel.

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Foto: Dataforce
Im Kraftstoffranking hat der Diesel noch die Nase vorn, gefolgt von Benzin und Elektro.

Im September mehr Benziner als Diesel im Fuhrpark zugelassen

Da gleichzeitig die Benziner-Varianten weitaus weniger an Boden verlieren, gab es im September 2021 eine Premiere: erstmals wurden im Flottenmarkt in einem Monat mehr Benziner als Diesel neu zugelassen! Dabei muss man sich klar machen, dass der Dieselrückgang um mehr als 13 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr einen Durchschnitt darstellt. Je nach betrachteter Marke sank der Dieselanteil zum Teil um mehr als 20 Prozentpunkte.

Enorme Zuwächse bei den E-Fahrzeugen

Während in Deutschland die Hybridfahrzeuge (ohne Stecker) in diesem Jahr erneut kaum zulegen konnten, gab es bei Elektromodellen sowie Plug-In Hybriden enorme Zuwächse. Die reinen Stromer steigerten ihren Anteil von 5,1 auf 12,2 Prozent, bei den PHEV betrug der Zuwachs sogar mehr als acht Prozentpunkte auf nun 17,8 Prozent. Bei Mercedes liegt die Quote mehr als doppelt so hoch, bei Jeep, Volvo und Cupra sogar noch deutlich höher.

Ab 2025 gehen Stromer im Fuhrpark in Führung

Dieser Trend weg vom Verbrenner hin zu elektrifizierten Antrieben wird sich, getrieben von CO2 Einsparungen, zweifellos fortsetzen. Großflottenbetreiber wie SAP haben schon angekündigt, ab 2025 ausschließlich auf Elektroautos zu setzen, und unsere Tankkartenanalyse 2021 zeigt, dass sich die Einstellungen der Fuhrparkleiter auch in der Breite verändert. Bis dahin gibt es aber noch einige Herausforderungen, denn natürlich reicht es nicht, wenn die durchschnittliche Reichweite höher ist als die durchschnittliche Fahrleistung. So rechnen wir in unserer Kraftstoffprognose damit, dass sich das Wachstum der EVs zunächst sogar etwas abschwächen wird, weil viele Dienstwagenberechtige mit geeignetem Fahrprofil schon jetzt umgestiegen sind. Die Vielfahrer können erst umsteigen, wenn sich Reichweiten, Ladezeiten und Ladeinfrastruktur weiter verbessern. Angesichts der massiven Investitionen kommen wir hier zum Glück schnell voran und ab 2025 gehen dann die Stromer im Flottenmarkt in Führung.

Prognose 2022

Beim Thema Prognose lohnt es sich auch, einen Blick auf das nächste Jahr zu werfen. Im Moment werden die Auftragsbücher immer voller, die Lager aber leerer. Allmählich laufen jedoch die weltweiten Lieferketten wieder an, so dass die Hersteller im zweiten Halbjahr damit beginnen können, den immensen Auftragsbestand abzuarbeiten. Rund fünf Prozent mehr Neuzulassungen sind somit im Flottenmarkt drin, bevor es 2023 hoffentlich wieder rund läuft.

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Foto: Dataforce
Der Autor Michael Gergen ist Senior Key Account Manager bei Dataforce
Ein Blick auf die Neuzulassungen des relevanten Flottenmarkts zeigt, dass besonders die margenstarke Kanäle in der Halbleiterkrise bevorzugt beliefert werden.

Neuzulassungen im Februar 2022

Relevanter Flottenmarkt im Plus    

Trotz Lieferengpässe der Autohersteller erreicht im Februar der relevante Flottenmarkt Vorkrisenniveau. Plug-in-Hybride wurden im relevanten Flottenmarkt weniger zugelassen.

    • Fuhrparkmarkt, Statistiken, Zulassungszahlen
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Neuzulassungen August 2021

Flottenmarkt im August: Mehr E-Autos als Diesel zugelassen

Die Zulassungen von Fahrzeugen im August sinken auf ein historisches Tief. Der relevante Flottenmarkt verliert allerdings etwas weniger als der Gesamtmarkt. Besonders der Transportermarkt spürt die Produktionsausfälle durch den Halbleitermangel. 

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182 PS starke Sport-Version

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    • SUV, Firmenwagen, Fahrzeugtest, Fahrbericht

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