Von Dr. Katja Löhr-Müller
Aller Diskussionen über mögliche Einsparpotenziale im Fuhrpark zum Trotz: Auch hochpreisige Fahrzeuge befinden sich gelegentlich als Dienstwagen in Unternehmensflotten – etwa für Führungskräfte. Kommt es dann damit zu einem unverschuldeten Verkehrsunfall, will das Unternehmen den entstandenen Schaden und Wertverlust verständlicherweise vollständig kompensiert sehen – erst recht, wenn der Dienstwagen erst wenige Wochen als ist.
Dass dies nicht immer klappt, hat das Oberlandesgericht Hamm im Mai 2018 in letzter Instanz entschieden. Das klagende Unternehmen hatte in der Flotte einen Porsche Macan als Dienstwagen eingesetzt. Kaufpreis: 92.400 Euro. Nach nur sechs Wochen und einer Laufleistung von 3.291 Kilometern – einschließlich der angefallenen Kilometer für die Überführung des Fahrzeugs vor Übergabe an den Käufer – kam es zu einem Verkehrsunfall, der von einer anderen Fahrzeugführerin verursacht worden war.
Abrechnung als Neu- oder Gebrauchtwagen?
Über deren 100-prozentige Schuld bestand zwischen den Parteien kein Streit. Das geschädigte Unternehmen bestand darauf, den Dienstwagen noch als Neuwagen abzurechnen und verlangte kompletten Kosten- und Wertersatz von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung.
Allerdings wollte die verklagte Versicherung der Unfallverursacherin bei der Abrechnung auf Totalschadensbasis nicht die vollen Kosten übernehmen – mit dem Argument, ein Gebrauchtwagen habe nun einmal einen anderen Abrechnungswert als ein Neuwagen.
Nach einem eingeholten Sachverständigengutachten belief sich der Restwert des verunfallten und nicht reparierten Fahrzeugs auf 55.090 Euro netto. Für diesen Preis hatte das Unternehmen den Unfallwagen an einen gewerblichen Aufkäufer veräußert. Der Nettowiederbeschaffungswert des Porsche wurde mit 80.250 Euro angesetzt. Das ist der Nettobetrag, der für einen vergleichbaren Pkw unmittelbar vor dem Unfallereignis hätte bezahlt werden müssen.
Da der Restwert bei einer Unfallschadenregulierung vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen ist, erfolgte nur eine Auszahlung durch die gegnerische Versicherung in Höhe von 25.160 Euro. Für einen neuen Porsche gleichen Typs und gleicher Ausstattung musste das Unternehmen aber tatsächlich 92.800 Euro aufwenden. Die Differenz in Höhe von 12.500 Euro wurde deshalb eingeklagt.
Maximal 1.000 Kilometer Laufleistung
Zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Hamm feststellte. Denn von einem Neuwagen könne man nach der bisherigen Rechtsprechung nur reden, wenn ein Kraftfahrzeug noch nicht mehr als 1.000 Kilometer Laufleistung aufzuweisen habe und die Erstzulassung höchstens einen Monat zurückliege.
Ob dabei ein Teil auf die Überführungsfahrt entfällt, spielt dabei übrigens keine Rolle. Liegt die tatsächliche Laufleistung über 1.000 Kilometer, lassen Gerichte in der Regel nur noch eine Abrechnung als Gebrauchtwagen zu.
Daran ändert sich nach Meinung der OLG-Richter auch zukünftig nichts. Das Argument des geschädigten Unternehmens, hochwertige Fahrzeuge seien aufgrund ihrer heutigen technischen Entwicklung auch noch mit knapp 3.000 gefahrenen Kilometern unter Abzug der Überführungsfahrt als Neuwagen anzusehen, überzeugte dabei nicht. Zwar gibt es in der Rechtsprechung Einzelfälle, wonach auch noch bis 3.000 Kilometer von einem Neuwagenwert ausgegangen wurde, eine solche Ausnahme liege aber nicht vor, so das Gericht.
Auch bei hochpreisigen Fahrzeugen sei ein Gebrauchtwagen nun einmal günstiger in der Anschaffung als der Neuwagen. Gerade bei sehr teuren Fahrzeugen sei in den ersten Monaten nach Zulassung ein erheblicher Wertverlust auf dem Kfz-Markt festzustellen. Zudem sei der Porsche bei dem Unfall so stark beschädigt worden, dass auch bei einer fachgerechten Reparatur nicht mehr von einem neuwertigen Pkw ausgegangen werden könne (OLG Hamm, Beschlüsse vom 10.04.2018 und 29.05.2018, Az. 9 U 5/18 OLG Hamm).