Bereits schon heute können durch im Fahrzeug verbaute Abstandsregeltempomaten (ACC = Adaptive Cruise Control), automatische Notbremssysteme (AEBS = Advanced Emergency Braking System), Spurhalteassistenten, Überholassistenten oder Verkehrszeichenerkennungssysteme viele Unfälle im Straßenverkehr vermieden werden. Insbesondere Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit große Fahrtstrecken zu bewältigen haben, wissen solche Systeme sehr zu schätzen, wenn die Konzentration einmal nachlässt. Ganz abschalten darf man als Fahrzeugführer dabei aber nicht.
2021 erstmals Stufe 3 auf öffentlichen Straßen genehmigt
Das hat sich nun in Teilbereichen ein wenig geändert, nachdem das Kraftfahrtbundesamt im Dezember letzten Jahres einem deutschen Fahrzeughersteller die Genehmigung zum Einsatz hochautomatisierter Kraftfahrzeuge der Stufe 3 in bestimmten Bereichen des öffentlichen Straßenverkehrs erteilt hat. Erste rechtliche Schritte hierzu war man in Deutschland bereits durch das Gesetz zum automatisierten Fahren im Jahr 2017 gegangen, mit dem das Straßenverkehrsgesetz geändert wurde. Es ging hierbei um veränderte Rechte und Pflichten des Fahrzeugführers während der automatisierten Fahrphase. Damit war die Grundlage geschaffen worden, automatisierte Systeme der Stufe 3 zuzulassen. Bei dieser Stufe darf das System unter genau definierten Voraussetzungen bestimmte Fahraufgaben vollständig übernehmen. Ein Fahrer ist dabei aber weiterhin notwendig, der sich jedoch im automatisierten Modus vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden darf. Er kann sich in dieser Zeit aber mit anderen Dingen beschäftigen, was gerade im Stau von besonderer Bedeutung sein kann. Statt auf den Verkehr zu achten, kann ein Dienstwagenfahrer in dieser Zeit berufliche Angelegenheiten erledigen. Erlaubt ist die Stufe 3 jedoch bisher nur bei einer maximalen Geschwindigkeit von 60 km/h.
2021 trat auch Gesetz für Stufe 4 in Kraft
Am 28. Juli 2021 trat ein neues Gesetz zum autonomen Fahren in Kraft. Damit wurde der gesetzliche Rahmen für autonome Kraftfahrzeuge, also für Fahrzeuge der Stufe 4, geschaffen. Damit dürfen Kraftfahrzeuge führerlos in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr bundesweit eingesetzt werden. Wer nun als Dienstwagenfahrer glaubt, endlich das Firmenfahrzeug während der Fahrt zum alternativen Home-Office umgestalten zu können, irrt jedoch. Zu den vom Gesetz als zulässig angesehenen Einsatzbereichen zählen etwa der Shuttle-Verkehr von A nach B, People-Mover, also Busse, die auf einer festgelegten Route eigenständig fahren, so genannte Hub2Hub-Verkehre, z.B. zwischen zwei Verteilerzentren oder die Beförderung von Personen oder Gütern auf der ersten oder letzten Meile, um nur einige Einsatzmöglichkeiten zu nennen. Sich von dem eigenen Dienstwagen selbstständig ohne Fahrer individuell chauffieren zu lassen, bleibt erst einmal Zukunftsmusik und wird wohl erst mit dem echten autonomen Fahren der Stufe 5 umsetzbar sein.
Das regelt das neue Gesetz für Stufe 4
Mit den §§ 1d bis 1l StVG (neu) wurden die Voraussetzungen für den Einsatz von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen geschaffen. Ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion wird in § 1d Abs. 1 StVG (neu) als ein Kraftfahrzeug definiert, das die Fahraufgabe ohne eine fahrzeugführende Person selbständig in einem festgelegten Betriebsbereich erfüllen kann. Solche Fahrzeuge dürfen auch nicht überall fahren. Für deren Einsatz muss durch den Fahrzeughalter eine vorherige Festlegung bestimmter Betriebsbereiche erfolgen, die dann von der nach Landesrecht zuständigen Behörde zu genehmigen sind. Der Begriff der festgelegten Betriebsbereiche wurde dabei weit gefasst, wonach gemäß § 1d Abs. 2 StVG (neu) der örtlich und räumlich bestimmte öffentliche Straßenraum gemeint ist. Bei Fahrzeugen der Stufe 4 müssen diese in der Lage sein, selbständig das Fahrzeug zu steuern und dabei die an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften einzuhalten. Nach § 1f Abs. 1 StVG (neu) ist der Halter eines Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion zur Erhaltung der Verkehrssicherheit und der Umweltverträglichkeit des Kraftfahrzeugs verpflichtet und hat die hierfür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Er hat die regelmäßige Wartung der für die autonome Fahrfunktion erforderlichen Systeme sicherzustellen, Vorkehrungen zu treffen, dass die sonstigen, nicht an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften eingehalten werden und zu gewährleisten, dass die Aufgaben der Technischen Aufsicht erfüllt werden. Diese Technische Aufsicht ist etwas Neues im Straßenverkehrsgesetz. Technische Aufsicht ist nach § 1d Abs. 3 StVG (neu) diejenige natürliche Person, die im Einzelfall von außen eine Deaktivierung des Kraftfahrzeugs oder eine Freigabe von Fahrmanövern vornehmen kann, soweit dies erforderlich ist. Auch wenn dem Fahrzeughalter mit dem Gesetz umfassende Pflichten zur Datenspeicherung auferlegt wurden, treffen insbesondere die Fahrzeughersteller Nachweis-, Informations- und Schulungspflichten. Sie müssen Maßnahmen zur Vermeidung von Hackerangriffen auf das Fahrzeug treffen.
Trend: Abkehr vom individuellen Straßenverkehr
Auch wenn sich erst in der Praxis zeigen wird, was solche Fahrzeuge tatsächlich alles leisten können, ist schon jetzt klar: Mobilität, wie wir sie heute kennen, wird der Vergangenheit angehören. Der Trend zeigt sehr deutlich die Abkehr vom individuellen Straßenverkehr, bei dem häufig nur eine Person für einen überschaubaren Zeitraum im Fahrzeug unterwegs ist und der Pkw den Rest des Tages irgendwo auf einem Parkplatz verbringt. Die neuen alternativen Mobilitätskonzepte rund um das autonome Fahren beschäftigen sich vielmehr mit dem effektiven und kostensparenden Einsatz von Fahrzeugen. Und natürlich sollen solche Systeme die Sicherheit für alle am Straßenverkehr teilnehmenden Personen erhöhen. Aus Untersuchungen weiß man, dass ca. 90 Prozent der Verkehrsunfälle in Deutschland auf menschliches Versagen zurückzuführen sind.