Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.
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Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.

Kolumne

Corporate Mobility matters!

In ihrer Kolumne berichtet Dr. Olga Nevska, Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions, von ihren  Erfahrungen bei der Transformation eines der größten Unternehmensflotten des Landes zu einem innovativen Mobilitätsprovider.

Manchmal lohnt sich ein Blick zurück. Vor ziemlich genau drei Jahren wurde ich Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und habe den Auftrag übernommen, aus einer der größten deutschen Flotten einen innovativen Mobilitätsprovider zu machen. Damals habe ich zu meiner Überraschung realisiert, dass die Erwartung hauptsächlich darin bestand, den Umstieg auf die E-Mobilität zu managen. Sicherlich ein komplexes Unterfangen, dennoch fragte ich mich, ob das wirklich alles sein sollte. Mobilitätswende gleich Antriebswende? Für mich war die Herausforderung eine viel größere, aber davon wollte 2019 noch fast keiner etwas wissen. Heute stehen Mobilitätsanbieter, Softwarehäuser, Berater, Universitäten und andere potenzielle Partner bei uns Schlange. Plötzlich scheint Corporate Mobility der Dreh- und Angelpunkt für den Wandel auf Deutschlands Straßen und Schienen zu sein - und ein lukrativer Markt obendrein. Aus gutem Grund: nirgendwo sonst wird so viel Stau und gleichzeitig CO2 produziert. Zeit also, die Unternehmen mehr in die Pflicht zu nehmen. Sie aber auch mit den Instrumenten auszustatten, die sie für die Bewältigung der Transformation benötigen.

Der Mammutanteil von 69 Prozent an CO2-Emissionen wird im Pendelverkehr generiert, der somit Schadstoff- und Stauverursacher Nummer eins in der betrieblichen Mobilität ist!
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Der Mammutanteil von 69 Prozent an CO2-Emissionen wird im Pendelverkehr generiert, der somit Schadstoff- und Stauverursacher Nummer eins in der betrieblichen Mobilität ist! Deshalb werden alternative Mobilitätslösungen gesucht.

Unternehmensmobilität ist mehr als nur Firmenwagen

Wird über betriebliche Mobilität gesprochen, so denken wir meist an die Firmenwagen der Executives, vielleicht auch an die Bereitstellung von Jobtickets oder an Dienstreisen mit verspäteten Zügen oder streikenden Airlines. Vergessen werden meist die Segmente Gewerbefleet (von Krankenwagen bis zum Telekom-Servicefahrzeug) und das weite Feld der Mitarbeitermobilität, auch Pendlerverkehr genannt, also der Weg der Beschäftigten zur Arbeit. Dabei entstehen zum Beispiel bei der Deutschen Telekom im Bereich der Flotte (Gewerbe und Firmenwagen) nur 29 Prozent der CO2-Emissionen, bei Geschäftsreisen sind es nach Corona nur noch ca. zwei Prozent. Der Mammutanteil von 69 Prozent aber wird im Pendelverkehr generiert, der somit Schadstoff- und Stauverursacher Nummer eins ist!

In Deutschland steigt die Zahl der Berufspendler immer weiter. Sechs von zehn Arbeitnehmern pendeln zur Arbeit und vor allem in den Ballungszentren werden die Strecken immer länger. 63 Prozent der Wege werden mit dem Pkw zurückgelegt, bei einer durchschnittlichen Belegung von lediglich 1,075 Personen pro Fahrzeug. Nur 22 Prozent nutzen auf dem Weg zur Arbeit öffentliche Verkehrsmittel (vgl. Studie: Agora Verkehrswende 2022), obwohl belegt ist, dass die Zunahme des Pendlerverkehrs nicht nur das Klima, sondern auch unsere Gesundheit und  Lebensqualität belastet.

Der Pendler-Wahnsinn

Was ist die Ursache für den zögerlichen Umstieg auf öffentliche, geteilte Mobilitätsformen? Es fehlen bis heute attraktive Angebote. Der ÖPNV ist überlastet, die Infrastruktur häufig marode. Die unterschiedlichen Verkehrsleistungen sind nicht ausreichend vernetzt, eine reibungslose Nutzung ist nicht gewährleistet. Hinzu kommt, dass es kaum staatliche Anreize zur Nutzung der Öffentlichen gibt. Autofahrer aber werden mit der so genannten Pendlerpauschale und anderen (steuerlichen) Vergünstigungen entlastet.

Wollen wir im Mobilitätsmanagement eines Unternehmens nachhaltige Veränderungen erzielen, ist der Pendlerverkehr der wichtigste Stellhebel. Natürlich gehört die Optimierung und bessere Auslastung der bestehenden Flotte zum Pflichtprogramm. Auch der Umstieg auf alternative Antriebssysteme hat bei vielen Unternehmen zu spürbaren Erfolgen geführt. Allein bei der Deutschen Telekom konnten wir die CO2-Emissionen unserer Flotte seit 2008 um rund 65 Prozent reduzieren. Was wir aber brauchen, ist nachhaltige und garantierte Mobilität für alle! Im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter wird das Thema Mobilität künftig ein wichtiges Employer Branding Instrument sein und die Mitarbeiterzufriedenheit nachhaltig beeinflussen.

Was Unternehmen tun können

Mobilität muss für jeden zugänglich und bezahlbar werden. Auch für diejenigen, die heute wegen ihres Wohnorts, ihrer finanziellen Mittel oder einer Beeinträchtigung keinen oder eingeschränkten Zugang haben. Als Arbeitgeber haben wir die Aufgabe, dies sicherzustellen und Anreize zu schaffen für den Umstieg auf geteilte Mobilität. Diese können vielfältig sein, lassen sich aber wie folgt zusammenfassen:

 

  1. Weniger Verkehr durch „Neues Arbeiten“:  Die Corona-Krise hat uns gelehrt, dass Arbeit häufig auch von zuhause aus erbracht werden kann. Modelle über flexible Arbeitszeiten und -orte sollten Standard werden. Genauso können Geschäftsreisen eingeschränkt und durch moderne Video-Conferencing-Instrumente ersetzt werden.
  2. Angebot alternativer Mobilitätsformen: Zukünftig wird der Mix aus verschiedenen Verkehrsträgern eine immer größere Rolle spielen. Die Integration neuer und ressourcenschonender Mikromobilitätsformen (Leihfahrräder, E-Scooter, etc.) oder geteilter Verkehrsmittel (z.B. Shuttle-Services) macht die Nutzung nachhaltiger Mobilität attraktiver. Einige Unternehmen setzen bereits erfolgreich auf ein ‚Mobilitätsbudget‘, bei dem die Beschäftigten eine bestimmte Summe frei für die Verkehrsmittel ihrer Wahl verbrauchen können.
  3. Digitalisierung und Verknüpfung bestehender und neuer Mobilitätsleistungen: Wir bei der deutschen Telekom setzten auf Mobility-as-a-Service und testen ab Herbst 2022 eine von uns und der Siemens-Tochter Hacon entwickelte digitale Plattform, die verschiedene öffentliche und Telekom-interne Verkehrsmittel in einer App bündelt. Alles aus einer Hand ist hier die Devise. Einfach und komfortabel.

Wir schaffen das nicht alleine!

Es ist viel passiert in den deutschen Unternehmen. Und so viel ist sicher: wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und gehen voran auf dem Weg zur sozial gerechten, ökologischen und bedarfsorientierten Mobilität für alle. Aber alleine stemmen wir diese Mammutaufgabe nicht! Wichtig ist, dass alle Protagonisten aus Politik, Unternehmen, Verkehrsbetrieben, Wissenschaft und Verbänden an einen Tisch kommen. Nur so können wir endlich Tempo aufnehmen, überholte Privilegien abbauen, über notwendige Steuerreformen und Infrastrukturen diskutieren und vor allem auch die Digitalisierung beschleunigen. Ideen, Lösungen und Talente haben wir genug. Es fehlt uns vielmehr an Tempo, Mut und einem funktionierenden, nationalen Mobilitäts-Ökosystem. Wir müssen lernen, unsere Silos zu verlassen, zu teilen und unkonventionelle Wege zu gehen. Dann werden wir mit Spaß und Erfolg eine der spannendsten Herausforderungen unserer Zeit bewältigen.

Über die Autorin

Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions, wo sie seit 2019 die Transformation einer der größten Unternehmensflotten des Landes zu einem innovativen Mobilitätsprovider verantwortet. Olga steht für nachhaltige, geteilte und vernetzte Mobilität durch Digitalisierung. Die an der FU Berlin promovierte Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlerin ist Gastdozentin an der Universität St. Gallen und wurde im Mai 2022 zu einer der „40 über 40 – Deutschlands inspirierendste Frauen 2022“ gewählt.

Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.

Kolumne

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