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Das E-Auto ist die Rettung - aber nicht für die Umwelt

Der Autoindustrie drohen spätestens 2023 Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Dann nämlich greifen die strengen CO2-Sanktionen der EU. Mit dem aktuellen Produktmix sind die geforderten Grenzwerte nicht zu erreichen, sagt eine aktuelle Studie. Ein anderer Experte glaubt an die rettende Wirkung und nennt gute Argumente für das E-Auto.

Ernst wird es für die Autoindustrie spätestens 2023. Zwar gelten die neuen strengen CO2-Vorgaben der EU schon zwei Jahre früher, dank einiger Übergangsregeln müssen die Hersteller ihre individuellen Zielwerte jedoch in der Praxis erst in fünf Jahren von heute aus gerechnet erfüllen. Welchen CO2-Ausstoß die verkauften Pkw eines Konzerns im Schnitt haben dürfen, ist dabei individuell und hängt vor allem mit dem durchschnittlichen Gewicht der Autos zusammen. Diese Regelung war nicht zuletzt auf Druck der deutschen Regierung eingeführt worden, um die Nachteile der heimischen Premiumhersteller gegenüber den asiatischen und süddeutschen Kleinwagenmarken auszugleichen.

So liegt der Zielwert für den Daimler-Konzern mit seiner bedeutenden SUV- und Business-Limousinen-Produktion knapp über 100 Gramm CO2 pro Kilometer , während die PSA-Gruppe mit Peugeot, Citroen und Opel auf etwas mehr als 90 Gramm kommen muss. Der Volkswagen-Konzern liegt mit rund 96 Gramm etwa in der Mitte. Auf das Komma genau lässt sich der Wert schlecht berechnen, da das Gewicht der in den kommenden Jahren verkauften Fahrzeuge dabei eine Rolle spielt. Experten-Prognosen nennen daher leicht unterschiedliche Zahlen. Klar ist aber: Aktuell liegen alle drei genannten Unternehmen noch deutlich über den Grenzen: Daimler bei 124,7 Gramm, PSA bei 110,3 Gramm und VW bei 120 Gramm.

Als sicher gilt auch, dass die kommenden Anforderungen mit der aktuellen Produktpalette nicht zu erfüllen sind. Einer Studie der Beratungsagentur PA Consult zufolge, die der Zeitschrift „Automobilwoche“ vorliegt, verpasst etwa Daimler bereits das Ziel für 2021 um rund 1,4 Gramm, was Strafzahlungen von 200 Millionen Euro zufolge hätte. Die Höhe bemisst sich außer an der Abweichung auch an der Zahl der verkauften Fahrzeuge, weswegen Volkswagen bei einer Differenz von 2,8 Gramm rund 1,2 Milliarden Euro zahlen müsste. Zu Kasse gebeten würden auch Hyundai-Kia, PSA, BMW, Ford und Fiat-Chrysler. Ohne Strafe blieben hingegen Volvo, Toyota, Renault-Nissan und Jaguar Land Rover – entweder wegen eines besonders niedrigen Verbrauchs oder wegen eines hohen Zielwerts aufgrund des hohen durchschnittlichen Fahrzeuggewichts.

Auch das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen geht bei unverändertem Verkaufs-Mix von massiven Strafzahlungen aus, setzt sie sogar deutlich höher an als die Beratungsagentur. VW müsste demnach für 2023 mit knapp vier Milliarden Euro rechnen, Daimler und BMW jeweils mit mehr als einer Milliarde Euro. Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer glaubt indes nicht, dass es soweit kommt: „Nach unseren Überlegungen wird es nicht zu Strafzahlungen kommen, denn die deutschen Autobauer werden zu diesem Zeitpunkt mehr als 500.000 emissionsfreie Elektroautos in der EU jährlich verkaufen.“

Dudenhöffer bricht die Zahl auch auf die einzelnen Konzerne herunter. Daimler müsste in der EU demnach rund 100.000 E-Autos verkaufen – und dank der Kleinwagentochter Smart mit ihren Elektromodellen wäre das zumindest denkbar. Bei der BMW Group läge die Zahl bei rund 93.000 Fahrzeugen, was im Licht der zurückliegenden und angekündigten Anstrengungen der Münchner ebenfalls nicht vollkommen unrealistisch wirkt. Volkswagen bräuchte aufgrund seiner höheren Verkaufszahlen rund 350.000 E-Modelle. Ambitioniert. Doch allein die Marke VW bringt ab 2020 gleich eine komplette Stromer-Familie auf den Markt. Audi, Skoda, Seat und Porsche haben ebenfalls entsprechende Modelle angekündigt.

Allerdings reicht es nicht allein, die E-Fahrzeuge im Showroom stehen zu haben. Sie müssen auch Käufer finden. Weil jedes E-Auto den Konzernen aber durch die Vermeidung von Strafzahlungen bares Geld spart, könnte ihnen die Kunden-Akquise leichter fallen als aus heutiger Perspektive gedacht. Nach CAR-Berechnungen würde sich der Verkauf eines E-Autos selbst bei Verlusten von mehr als 10.000 Euro pro Fahrzeug für die Hersteller noch rechnen. Bei Volkswagen liegt der „Zusatzwert“ pro E-Mobil bei 11.900 Euro, bei Daimler gar bei 12.400 Euro. Geld, das man zumindest teilweise in Form von Rabatten an zögerliche Kunden weitergehen könnte. Das E-Auto würde für Teile der Bevölkerung dadurch deutlich an Attraktivität gewinnen. Hinzu kommen die neuen und besseren Modelle, die für die nächsten Jahre bereits angekündigt sind. Beide Entwicklungen zusammen machen für Dudenhöffer einen Neuzulassungs-Boom bei E-Autos nicht unwahrscheinlich. „Die EU-Grenzwerte von 95 g CO2/km wirken praktisch wie eine variable Elektroauto-Quote“, prognostiziert er.

Ob damit am Ende der Umwelt geholfen wäre, ist jedoch zweifelhaft. Denn weil in Deutschland und Europa auch mittelfristig Produktionskapazitäten für so viele E-Mobile fehlen, werden die Hersteller nach Dudenhöffers Einschätzung einen Großteil der Fahrzeuge aus chinesischen Werken importieren. Und gerade bei diesen Modellen ist die CO2-Bilanz verheerend. Das liegt gar nicht einmal an den weiten Transportwegen, sondern vor allem an den Produktionsumständen. Denn der Strom für die extrem energieaufwendige Akku-Herstellung kommt in China vor allem aus schmutzigen Braunkohle-Kraftwerken (gut 60 Prozent Anteil am Energiemix). Pro Kilowattstunde Akku-Kapazität fallen dort laut einer aktuellen Studie des schwedischen Forschungsinstituts IVL 159 Kilogramm CO2 an. Ein solches Auto müsste man demnach rund acht Jahre fahren, damit es sich hinsichtlich der CO2-Bilanz in Relation zu einem normalen Verbrenner rechnet. Zum Vergleich: In Schweden, wo vor allem Kernenergie, Biomasse und Wasserkraft genutzt werden, wären es gerade einmal 7 Kilogramm. Und selbst bei einer Produktion in Deutschland dürfte die Klimabilanz deutlich besser ausfallen als für chinesische Modelle.

Quelle: spotpress.de/ Holger Holzer/ SP-X

Foto: Claudia Becker

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