Frank Jung
Das Urteil der Testfahrerin, nachdem sie den 206 kW (280 PS) starken Turbobenziner des Alfa Romeo Stelvio schweren Herzens wieder ausgeschaltet hatte, war kurz und prägnant: „Nehm` ich!“ Und wenn das eine passionierte Motorrad-Enthusiastin sagt, die gerne entsprechend forsch auf der Piste unterwegs ist, dann will das schon mal was heißen. Als Beifahrer blieb einem da nur ein beipflichtendes Kopfnicken übrig. Denn – soviel sei bereits verraten – mit dem ersten SUV der Marke seit ihrer Gründung im Jahr 1910 haben die Italiener ein wirklich feines Auto auf die Räder gestellt.
Was bietet der Wagen innen?
Nach dem markanten und sehr gelungenen Außendesign mit hohem Wiedererkennungswert fällt einem im Innenraum sofort die hohe Qualitätsanmutung auf. Alleine diese nahezu naturbelassenen Dekoleisten in Echtholz – Zucker! Mit einem wissenden Lächeln ob der Markenhistorie werden Alfisti auch über die Ledernähte der Sitze streichen; sie sind ein wunderbares Zitat der Gestaltung früherer Zeiten. Wo wir bei den Sitzen sind: auch längere Fahrten wird man dank elektrischer Lordosenstütze nicht mit schmerzenden Gliedern bezahlen. Und noch eine vermeintlich unscheinbare Wohltat hat dieses Auto für seine dankbaren Insassen: es ist leise. Nein, wir meinen nicht den Motor, der ist es nämlich nicht gerade, wir meinen den Verzicht auf allerlei nervenden Warntöne, die inzwischen überall Usus sind. Danke dafür!
Außer dem Bereich Klima wird im Stelvio fast alles über den großen Regler in der Mittelkonsole und den ebensolchen Monitor gesteuert, was intuitiv gelingt. Zwei Punkte müssen wir dennoch bekritteln: Die Spracherkennung erkannte Sprache nicht. Aber gut, was will man erwarten, wenn ein hessischer Sprecher auf eine italienische Erkennung trifft? Und die Schaltwippen hinter dem Lenkrad sind so überdimensioniert, dass sie bei Betätigung des Blinkers im Weg stehen.
Ein Fall für DNA-Profiler?
Für den 280 PS-Benziner gibt Alfa einen Verbrauch von 7,0 Litern auf 100 Kilometer an. Dass wir mit exakt drei Litern mehr diese Marke klar rissen, dürfte unter anderem an dem Fahrspaß gelegen haben, den der Italiener bietet. Zudem wurden wir gewissermaßen zu DNA-Profilern und probierten mehrfach die unterschiedlichen Modi der Fahrdynamikregelung „DNA“ aus. Die Bezeichnung DNA setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Fahrprogramme „Dynamic“, „Normal“ und „All Weather“ zusammen. Und wer mal ganz unbedarft von Normal auf Dynamic umschaltet, der bekommt auch sogleich den deutlich erhöhten Momentanverbrauch im Display präsentiert. Wie es auch sei, für die ohne jegliches schlechte Gewissen von uns fabrizierten 10,0 Liter errechnete unsere Expertin Anne Hübner Gesamtkosten in Höhe von 48,00 Cent je Kilometer (48 Monate/ 160.000 Kilometer).
Stelvio und Fuhrpark?
Wer seine Zweifel hat, dass „Stelvio“ und „Fuhrpark“ überhaupt kompatible Begriffe sind, dem sei folgende Information mit auf den Weg gegeben: rund ein Drittel aller Stelvios werden gewerblich zugelassen.
Fazit: Eigentlich ist dem „Nehm ich“ vom Anfang ist wenig hinzuzufügen. Mit dem Stelvio bekommt man ein wirklich famoses SUV, das dem Anspruch „Premium“ in vielerlei Hinsicht gerecht wird. Wem die Car Policy einen Hauch Extravaganz erlaubt, der kann seinem Fuhrpark schwerlich ein attraktiveres Aushängeschild anheften.