Von Dr. Katja Löhr-Müller
Die Zahl gerichtlicher Entscheidungen wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen steigt stetig. Für den juristischen Laien ist es fast nicht mehr möglich nachzuvollziehen, warum einmal Gerichte für die Fahrzeugbesitzer, dann wieder gegen sie entscheiden, obwohl es doch vermeintlich immer um dieselbe Angelegenheit geht. Dem ist aber nicht so.
Gewährleistungsrechten oder vorsätzlich sittenwidrige Schädigung
Ob sich der Kläger für eine Klage gegen den Fahrzeughändler als Verkäufer auf Grundlage von Gewährleistungsrechten entscheidet oder man lieber den Fahrzeughersteller wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung verklagt, sind sehr unterschiedliche juristische Herangehensweisen.
Viele Betroffene haben in den vergangenen Jahren seit Bekanntwerden der Manipulationen an Dieselfahrzeugen größere Chancen darin gesehen, gegen die Fahrzeughändler vorzugehen. Denn mit ihnen war ja der Kaufvertrag geschlossen worden. Zudem kommt es bei der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten, wie der Rückabwicklung eines Kaufvertrages, nicht auf ein Verschulden des Verkäufers an. Allein der Umstand, dass ein Mangel nachgewiesen werden kann, eröffnet dem Kunden bereits vielfältige Möglichkeiten.
Ob es sich bei der verbauten Abgasreinigung tatsächlich um einen Mangel handelte und dieser auch so schwergewichtig war, dass daraus Nacherfüllungsansprüche hergeleitet werden können oder sogar ein Rücktritt vom Kaufvertrag rechtlich möglich ist, darüber sind sich allerdings immer noch viele Gerichte uneinig.
Erheblicher oder unerheblicher Mangel?
Hinzu kommt, dass auch eine wesentliche Rolle spielt, wie Softwareupdates rechtlich einzuordnen sind. Muss ein Kunde diese Updates akzeptieren und wird aus einem zunächst erheblichen Mangel hierdurch nur noch ein unerheblicher Mangel? Die Liste der juristischen Fragen zu diesen Themenkomplexen ist lang.
Nun haben zwei Oberlandesgerichte in Hinweisbeschlüssen an die Klageparteien wieder einen wichtigen rechtlichen Aspekt beleuchtet. Denn es ging in beiden Verfahren um die Frage, wie lange ein Käufer gegen den Fahrzeughändler noch juristisch vorgehen kann, bevor seine Ansprüche wegen eingetretener Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden können.
Das Oberlandesgericht München und das Oberlandesgericht Stuttgart vertreten hierbei die Auffassung, dass der maßgebliche Berechnungszeitpunkt, wann die Verjährungsfrist beginnt, die Auslieferung der Fahrzeuge an die Kunden darstellt. Denn § 438 Abs. 3 BGB legt bei beweglichen Sachen fest, dass die 2-jährige Verjährungsfrist mit der Ablieferung der Sache beginnt.
Welche Rolle die Verjährung spielt
Das gilt eben auch, wenn der behauptete Mangel zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Die Richter machten den Klägern insoweit keine Hoffnung darauf, ihre Zivilklagen erfolgreich zum Ende bringen zu können. Denn die Fahrzeuge, um die es in den Verfahren gingen, waren schon 2014 bzw. bereits 2011 von den Händlern übergeben worden (OLG München , Beschluss vom 19.03.2019 - 13 U 3615/18 und OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.03.2019 - 13 U 191/18).
Wer nicht rechtzeitig vor Verjährungsende gerichtliche Schritte eingeleitet hatte, hat jetzt das Nachsehen. Denn außergerichtliche Mahnungen, Aufforderungsschreiben und ähnliches unterbrechen entgegen dem Glauben vieler juristischer Laien die Verjährung nicht.