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Transporter

Fahren mit dem Anhänger: die Königsdisziplin

Beim Rückwärtsfahren mit einem Anhänger kann selbst eingefleischten Profis schon mal der Schweiß auf die Stirn treten. Doch es gibt Hilfen.

Sabine Neumann mit Material von bussgeldkatalog.org

So einfach es gesagt und auch getan ist, Transportgut, das nicht mehr in den Wagen passt, in einen Anhänger zu packen – auch um sich ein zweites Fahrzeug samt Fahrer zu sparen –, so herausfordernd ist es in der Praxis. Schließlich bewegt sich ein Gespann im Straßenverkehr vollkommen anders als der Transporter allein. Noch dazu gilt es, sich an zahlreiche Vorschriften zu halten.

Eine entscheidende Größe dabei ist die Anhängelast. Sie ist definiert als die tatsächliche Masse eines Anhängers, den ein Fahrzeug hinter sich herzieht. Sie wird gelegentlich auch als „Zuglast“ bezeichnet. Laut dem Verband für bürgernahe Verkehrspolitik ist aber nicht die zulässige Gesamtmasse des Anhängers, sondern seine tatsächliche Masse für die Anhängelast entscheidend. Das heißt, man kann durchaus einen Anhänger ziehen, dessen zulässige Gesamtmasse höher ist als die zulässige Anhängelast des Zugfahrzeugs. Er darf dann aber nur entsprechend weniger Ladung transportieren als maximal erlaubt.

Was ist die „tatsächliche Gesamtmasse“?

Über die zulässige Gesamtmasse braucht man bei einem Transporter bis zu 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (zGG) nicht zu diskutieren. Interessanter wird es da schon bei der tatsächlichen Gesamtmasse, da sie zeigt, wieviel ein Fahrzeug zusammen mit seiner Ladung wiegt. Dieser Wert ist für die maximale Anhängelast relevant und verteilt sich auf die Achslasten und die Stützlast. Letztere wiederum bezeichnet das Gewicht, welches auf der Anhängerkupplung des ziehenden Fahrzeuges aufliegt. Sie tritt nur bei Anhängern auf, deren Gewicht nicht komplett von ihren Achsen getragen wird.

Ist der Hänger vorne zu schwer und drückt zu stark auf den Kugelkopf, rutscht die Ladung nach hinten. In der Praxis zeigt ein Blick auf die Seitenansicht des Gespanns, ob alles passt: Ist dort einen Knick, kann die Kombi leichter ins Schleudern kommen. Der Wert für die Stützlast steht in der Zulassungsbescheinigung sowie auf der Deichsel. Je höher dieser Wert ist, desto besser das Fahrverhalten. In den technischen Daten der Transporter bis 3,5 Tonnen ist sie über alle Marken hinweg mit 100 Kilogramm angegeben.

Wie wird die Achslast ermittelt?

Größere Unterschiede gibt es jedoch bei der Achslast. Also dem Gewicht, welches auf jeder Achse eines Fahrzeugs lastet. Sie wird ermittelt, indem von der tatsächlichen Gesamtmasse zuerst die Stützlast abgezogen wird und der verbliebene Rest durch die Zahl der Achsen geteilt wird. Citroën Jumper, Fiat Ducato, Hyundai H350, Peugeot Boxer und Renault Master sind in der kleinsten Aufbauvariante mit 3,5 Tonnen zGG mit einem Wert vorne von 1.850 Kilogramm und hinten mit 2.000 Kilogramm angegeben. MAN TGE und VW Crafter bieten 1.800 und 2.100 Kilogramm. Beim Ford Transit sind es indessen 1.750 und 2.150 Kilogramm.

Da kleinere Transporter gerne auch nur als Pkw zugelassen werden, gilt es bei der Anhängelast gut aufzupassen. Paragraph 42 Absatz 1 der StVZO gibt alle wichtigen Regeln für die Anhängelast vor. Demnach gilt immer eine Obergrenze von 3,5 Tonnen. Fahrzeug, Anhänger und Ladung dürfen zusammen auf keinen Fall schwerer sein. Zudem darf die Anhängelast bei einem Pkw nicht höher als dessen zulässiges Gesamtgewicht sein.

Wie hoch darf die Anhängelast bei einem Lkw sein?

Ist der Transporter hingegen als Lkw zugelassen, dann gelten die Regeln für deren Anhänger. Auch hier darf zwar das zulässige Gesamtgewicht des ziehenden Fahrzeugs nicht überschritten werden. Ist der Anhänger jedoch mit einer Bremsanlage ausgestattet, dann darf die Anhängelast bei einem Lkw das 1,5-fache seiner zulässigen Gesamtmasse betragen. Während dieser Wert beim Ducato oder beim Sprinter mit 2.000 Kilogramm angegeben ist, sind es beim Jumper, Movano, Boxer oder Master bereits 2.500 Kilogramm. 2.800 Kilogramm kann der Ford Transit ziehen. Die Zwillinge TGE und Crafter wuppen ebenso 3.000 Kilogramm wie der Hyundai H350.

Was passiert bei Überschreitung der Anhängelast?

Das Überschreiten der Anhängelast kann in schwereren Fällen einen Punkt in Flensburg bedeuten und/oder ein Bußgeld zwischen 30 und 425 Euro nach sich ziehen. Zudem gibt es auch Reglementierungen bei der Fahrerlaubnis. Führerscheinklasse B reicht aus, wenn die zulässige Gesamtmasse des Zugfahrzeugs maximal 3.500 Kilogramm beträgt und die zulässige Gesamtmasse des Anhängers maximal 750 Kilogramm beziehungsweise beides zusammen nicht den Grenzwert überschreitet.

Beinhaltet die Klasse B den Eintrag der Schlüsselnummer 96 dann sind maximal 4.250 Kilogramm für Zugfahrzeug und Anhänger erlaubt. Darüber hinaus oder für alle Lkw-Versionen ist die Klasse BE oder sogar C erforderlich.

Muss man auf das Sonntagsfahrverbot achten?

Zu klären ist natürlich auch die Frage nach dem Sonntagsfahrverbot, wenn ein Transporter mit Hänger die 3,5-Tonnen-Grenze überschreitet. Denn mit Hänger muss dieses dann ebenso eingehalten werden wie die Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80. Bei einer gewerblichen Nutzung muss zudem ein EG-Kontrollgerät in das Fahrzeug integriert sein.

Sind alle rechtlichen Fragen geklärt, kann es endlich losgehen. „Beim Fahren mit einem Anhänger gilt vor allem eines: üben, üben, üben – nur Routine zählt. Natürlich gibt es heutzutage wunderbare Hilfsmittel, die aber eben nur helfen…“, rät Hyundai-Sprecher Bernhard Voß zu Vorsicht im Umgang mit einem Gespann. Und natürlich zu einer guten Vorbereitung schon beim Beladen. Wie im Transporter selbst sollten schwere Gegenstände immer über der Achse, leichte Kisten ganz vorne an der Stirnwand platziert werden. Dass dabei auch alle Regeln der Kunst der Ladungssicherung (formschlüssiges Packen, Verwenden von rutschhemmenden Materialien und Zurrmaterial etc.) dürfte für Dienstleister, Paketdienste oder Handwerker außer Frage stehen.

Welche Kupplung wähle ich?

Um den Hänger am Fahrzeug zu befestigen, bieten die Hersteller unterschiedliche Lösungen an. Mercedes und Hyundai haben in der 3,5-Tonnen-Klasse beispielsweise eine Maulkupplung (243/748 Euro), wie sie häufig im schwereren Lastverkehr üblich ist. Das System schließt sich selbst und gilt deshalb als besonders sicher. Beim koreanischen Anbieter steht auch eine Variante mit Wechselsystem zwischen Kugelkopf und Maulkupplung (1.153 Euro) zur Wahl. Der Kugelkopf ist die Lösung der Wahl bei allen anderen Herstellern. Die Kosten dafür liegen zwischen 400 und 620 Euro. Citroën, Mercedes, Peugeot oder Volkswagen haben auch eine abnehmbare Lösung (um 700 Euro) im Angebot.

Beim Stuttgarter Hersteller sind zudem eine Variante für eine erhöhte Anhängelast (ab 1.190 Euro) sowie ein eigener Querträger (348 Euro) dafür erhältlich. Eine Steckverbindung und der entsprechende Kabelsatz gehören immer mit zum Lieferumfang und sorgen für Licht am Anhänger. Dass die Rücklichter strahlen, der Blinker funktioniert und auch das Nummernschild beleuchtet ist, das sollte vor jeder Fahrt kontrolliert werden. Am Heck des Anhängers müssen außerdem zwei rote, reflektierende Dreiecke angebracht sein.

Was bringt eine Anhängerstabilisierung?

Mit der Bestellung einer Anhängerkupplung ist außer bei den PSA-Geschwistern Citroën, Fiat und Peugeot auch immer eine Anhängerstabilisierung mit an Bord. Diese ESP-Zusatzfunktion dämpft bei Bedarf aktiv die Pendelschwingung durch radindividuelle wechselseitige Bremseingriffe an der Vorderachse. In den meisten Fällen genügt das laut Mercedes, um die Pendelschwingungen vollkommen abzubauen und so die Gefahr zu bannen.

Sind die Pendelschwingungen aber sehr stark, wird im Sprinter zusätzlich das Motormoment reduziert und das Zugfahrzeug an allen vier Rädern abgebremst, um den Bereich der kritischen Geschwindigkeit möglichst schnell zu verlassen. Jumper, Ducato und Boxer verfügen wie alle anderen auch zudem über eine Ladungskontrolle, die das Eingreifen von ABS, ASR und ESP in Abhängigkeit von Beladung und Lastverteilung regelt.

Knifflig: das Rückwärtsfahren

Bleibt das Rückwärtsfahren. Eine knifflige Situation: Das Gespann reagiert nicht so, wie man es erwartet, man muss spiegelverkehrt lenken. Mit dem Anhänger versagt selbst eine im Auto montierte Rückfahrkamera den Dienst. Der ADAC rät deshalb zu folgender Vorgehensweise:

idealerweise vor dem ersten Einsatz das Rangieren mit dem Anhänger auf einer großen Fläche üben. Beim Rückwärtsfahren gilt:

  • Entgegengesetzt lenken
  • Innen- und Außenspiegel so einstellen, dass der Anhänger gut zu sehen ist.
  • Langsam lenken, da vor allem kleine Anhänger sehr stark auf große Lenkradeinschläge reagieren.
  • Bei Unsicherheit mit den Abständen stehenbleiben und aussteigen. Nur so weiß man genau, wie viel Rangierraum noch da ist. Wenn man zu zweit ist, kann der Mitfahrer Anweisungen geben.
  • Je steiler den Winkel ist, in dem man zur Straße steht, umso schwerer wird das Rangieren. Wenn möglich, dann das Auto etwas weiter wegfahren, damit man in einem sanften Bogen einparken kann.
  • Langsam fahren, damit man rechtzeitig bremsen und reagieren kann. Außerdem ist so die Kontrolle über den Anhänger besser.

Ist ein Trailer Assist hilfreich?

Wem das zu kompliziert oder doch zu unheimlich ist, der hat Glück, wenn er in einem neuen Crafter oder im TGE vom MAN sitzt und der Anhängerassistent am besten in Kombination mit dem Parkassistenten an Bord ist. Der „Trailer Assist“ rangiert automatisch Fahrzeuge mit Anhänger in Querparklücken und erleichtert präzises Rückwärtsfahren zum Ansteuern von Laderampen und anderen Zielen. Der Fahrer muss lediglich den Rückwärtsgang einlegen, den Parkhilfetaster drücken und mithilfe des Spiegelverstellschalters die Richtung angeben, die der Anhänger einschlagen soll. Das Fahrzeug lenkt nun automatisch. Mit Hilfe der Rückfahrkamera wird der Knickwinkel der Anhängerdeichsel bestimmt und entsprechend der Lenkwinkel berechnet – unabhängig vom Anhängermodell.

Auch wenn der Fahrer weiterhin für das Schalten, Beschleunigen und Bremsen verantwortlich ist - komplizierte Rangiermanöver werden so zum Kinderspiel. Wer Gespanne fährt, lernt den innovativen Helfer schnell zu schätzen. Da das Ganze nur mit einer elektrischen beziehungsweise elektromechanischen Servolenkung funktioniert, haben außer dem Crafter und dem TGE noch keine weiteren Modelle diesen praktischen Assistenten. Für alle anderen gilt demnach weiterhin beim Rückwärtsfahren mit Anhänger: Königsdisziplin ist halt Königsdisziplin.

Wer keine Rückfahrkamera hat, sollte beim Parken besser einen Einweiser rufen oder selbst einmal hinters Auto gehen.

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