Die Teilschätzung von Kosten kann mit Blick auf die Fahrtenbuchführung problematisch sein.
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Die Teilschätzung von Kosten kann mit Blick auf die Fahrtenbuchführung problematisch sein.

Inhaltsverzeichnis

Experten-Tipp

Fahrtenbuchmethode: Teilschätzung zulässig?

Wer ein Fahrtenbuch führt, aber nicht alle Kosten belegen kann, hat unter Umständen ein Problem. Zum Beispiel bei der Verbrauchsschätzung.

Es ist ein relevantes, aber unstrittiges Thema: Der geldwerte Vorteil aus der privaten Mitbenutzung eines Dienstwagens ist steuerlich zu erfassen. Dafür kommen grundsätzlich zwei Methoden in Betracht: Recht einfach umsetzbar ist die Pauschalrechnung nach der sogenannten Ein-Prozent-Methode. Alternativ, wenn die pauschale Besteuerung ungünstig ist für den Dienstwagennutzer, lässt sich der Privatnutzungsanteil aber auch durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachweisen.

Was aber passiert dem, der ein Fahrtenbuch führt, aber nicht alle Kosten mit Belegen nachweisen kann? Sondern der sie sachgerecht schätzen muss? Mit dieser Frage wird sich demnächst der Bundesfinanzhof befassen müssen.

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Methoden-Änderung bei Steuererklärung

In diesem Fall wurde die Privatnutzung des Dienstwagens durch den Arbeitnehmer zunächst nach der Ein-Prozent-Methode versteuert. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Mitarbeiter aber von der sogenannten Escape-Regelung Gebrauch: Dort berechnete er den Privatnutzungsanteil nach der für ihn günstigeren Fahrtenbuchmethode. Die von ihm erstellten Fahrtenbuchaufzeichnungen entsprachen den geltenden Vorgaben und waren korrekt, weshalb die Finanzverwaltung sie auch nicht beanstandete.

Der Nachweis für fahrzeugbezogene Kosten wie Leasingraten, Kfz- Steuer und Kfz-Versicherung sowie Wartungsaufwendungen erfolgte über entsprechende Belege. Allerdings: Für die Treibstoffkosten war das nicht der Fall. Denn der Dienstwagen wurde ohne Mengen- und Kostennachweis regelmäßig an der firmeneigenen Tankstelle betankt. Um die Kosten abzuschätzen, multiplizierte der Dienstwagennutzer also die fahrzeugspezifischen Verbrauchsangaben des Herstellers mit den allgemein bekannten monatlichen Durchschnittspreisen für den verwendeten Treibstoff.

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Kraftstoffkosten schätzen?

Diese an sich plausible Handhabung griff das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung auf. Es sah den vollständigen Belegnachweis durch die Schätzung als nicht erfüllt an und verwarf daraufhin das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß. Und pauschalierte daher den Privatanteil nach der Ein-Prozent-Methode beziehungsweise die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstelle nach der 0,03-Prozent-Methode.

Dabei bezog sich die Finanzverwaltung auf ein jüngeres Urteil des Finanzgerichts München vom 29. Januar 2018 (Az.: 7 K 3118/16). Demnach kommt bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode eine Schätzung von Aufwendungen selbst dann nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es daher dem Arbeitnehmer nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen. Zur Begründung hatte das Finanzgericht auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verwiesen, der mit Urteil vom 3. September 2015 (Az.: VI R 27/14) erkannt hatte, dass es bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode grundsätzlich erforderlich ist, die gesamten Fahrzeugkosten durch Belege nachzuweisen.

Ordnungsgemäß je nach Rechtsprechung

Mit dem Ergebnis der Außenprüfung  gab sich der Dienstwagennutzer trotz für ihn negativer Rechtsprechung nicht zufrieden und zog seinerseits vor das Finanzgericht. Zuständig war wieder das Finanzgericht München, diesmal allerdings ein anderer Senat. Und der gab dem Kläger Recht. Mit Urteil vom 16. Oktober 2020 (Az.: 8 K 611/19) gab das Finanzgericht München der Klage statt.

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der geforderte Belegnachweis geführt. In der Urteilsbegründung führte er aus, dass bisher nicht abschließend geklärt sei, inwieweit der grundsätzlich geforderte Belegnachweis unter Umständen durch eine Teilschätzung ergänzt werden kann. Zwar vertritt die Fachliteratur teilweise die Auffassung, dass eine Teilschätzung aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht zulässig sei. Andere Autoren fordern diesbezüglich aber eine differenzierende Sichtweise.

Verbrauch an Werksangabe orientieren

Aber zurück zum vorliegenden Fall: Die Teilschätzung des konkreten Teilstoffverbrauchs stellt nur einen geringfügigen Mangel dar, der insgesamt nicht zur Verwerfung der Fahrtenbuchmethode führt. Der lückenlose Belegnachweis sei laut Gericht dadurch geführt, dass für die Treibstoffkosten sämtliche Einkaufsrechnungen vorgelegt werden konnten. Durch die Bewertung nach Durchschnittspreisen seien auch die Kosten pro Liter feststellbar und belegmäßig nachgewiesen. Es mangelt danach lediglich an dem konkreten Treibstoffverbrauch für den Dienstwagen.

Der war allerdings deshalb nicht feststellbar, weil die Tankstation des Arbeitgebers die abgegebene Kraftstoffmenge nicht anzeigte. Diesen Mangel sahen die Richter aber als geringfügig an. Denn der tatsächliche Verbrauch ließe sich auch auf Grund der Herstellerangaben schätzen – wie es der Kläger getan hat. Sofern hierbei der höchstmögliche Verbrauch – also der für den innerstädtischen Verkehr – abgesetzt werde, sei eine Manipulation praktisch ausgeschlossen, so das Gericht. Daher sei im Streitfall dem vom Gesetzgeber geforderten vollständigen Belegnachweis hinreichend Genüge getan. 

Höchstrichterliche Entscheidung abwarten

So erfreulich das Urteil für den Kläger auch sein mag. Das letzte Wort in dieser Sache ist leider noch nicht gesprochen. Denn zu ähnlichen Sachverhalten liegen divergierende Rechtsprechungen der unteren Finanzgerichtsbarkeit vor. Letztlich muss also der  Bundesfinanzhof die Rechtslage klären. Daher wurde im aktuellen Urteil Revision zugelassen, von der die Finanzverwaltung auch postwendend Gebrauch machte. Sie ist unter dem Aktenzeichen VI R 44/20 derzeit beim Bundesfinanzhof in München anhängig.

Zur Sicherung ihrer steuerlichen Interessen sollten Dienstwagennutzer bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in ähnlichen Fällen also weiterhin die für sie günstigere Fahrtenbuchalternative nutzen – unter sachgerechter Schätzung nicht belegbarer Kosten, sofern diese unter den Begriff „kleinerer Mangel“ fallen. Wer daraufhin ablehnende Steuerbescheide erhält, sollte unter Verweis auf die anhängige Revision Einspruch erheben.  Ob der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 allerdings revidieren wird, ist ungewiss.     

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