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Internationales Fuhrparkmanagement hat so seine Tücken. Bei grenzüberschreitender Fahrzeugüberlassung kann es zu steuerlichen Problemen führen.

Inhaltsverzeichnis

Steuer

Für welche Dienstwagen-Überlassung gilt die EU-Steuerrichtlinie?

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs sorgt derzeit für Aufsehen. Es stellt die gängige Praxis der Umsatzbesteuerung in Deutschland bei der Dienstwagenüberlassung in Frage.

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung, wird der privat genutzte Anteil der Steuer unterworfen. Bislang unterstellten die deutschen Finanzbehörden immer einen entgeltlichen Leistungsaustausch in Form einer Pkw-Vermietung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer „zahlt“ dafür mit seiner Arbeitsleistung. Somit sieht die Finanzverwaltung die Dienstwagenüberlassung auch für private Zwecke als umsatzsteuerpflichtige Leistung an. Die Umsatzsteuer wird regelmäßig aus dem geldwerten Vorteil zu Lasten des Arbeitgebers heraus gerechnet, der das Fahrzeug stellt. Da zudem nach deutscher Rechtslage der Wohnsitz des Dienstwagennutzers Leistungsort ist, kann es, insbesondere bei grenzüberschreitender Fahrzeugüberlassung, zu Problemen führen.

Der Fall

Im vorliegenden Urteilsfall hatte das Finanzgericht des Saarlands im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem  Europäischen Gerichtshof  folgenden  Sachverhalt vorgelegt: Geklagt hatte eine Firma aus Luxemburg, die zwei in Deutschland ansässige Mitarbeiter beschäftigt, denen jeweils ein Firmenwagen, auch zur privaten Mitbenutzung, überlassen wurde. Bei einem Mitarbeiter wurden hierfür keinerlei Einbehalte vorgenommen. Bei dem zweiten Mitarbeiter wurden jedoch jährlich 5.700 Euro vom Lohn abgezogen. Ein Vorsteuerabzug aus der Fahrzeugüberlassung kam in Luxemburg nicht in Frage. Um die Umsatzsteuer geltend zu machen, registrierte sich die Firma in Deutschland und erklärte die Privatnutzungsanteile als umsatzsteuerbare Leistungen. Die entsprechende Festsetzung des Finanzamts wurde dann angefochten. Begründung: die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung an den Mitarbeiter sei kein steuerbarer Vorgang, da es sich hierbei nicht um die Vermietung eines Beförderungsmittels handele.

Das Urteil des EuGH: Leistung gegen Entgelt

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass Art. 56 Abs. 2 der Europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur dann Anwendung findet, wenn die Leistung gegen ein Entgelt erbracht wird. Dafür sei eine gesonderte Miete für die Fahrzeugüberlassung zu zahlen. Eine Überlassung, die nur durch das Arbeitsverhältnis begründet wird, reiche für die Umsatzbesteuerung nicht aus. Es sei, so die weitere Ausführung des Gerichts, auch keine unentgeltliche Wertabgabe gegeben. Zum einen, da der Firma in Luxemburg kein Vorsteuerabzug zustand und zum anderen nicht klar war, ob dieser in Deutschland bestanden hätte. Im zweiten Sachverhalt, mit jährlichem Lohnabzug, erkannten die europäischen Richter hingegen eine entgeltliche Gegenleistung und damit eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung im Sinne der Europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie an.

Umsatzsteuer nur für Leistung

In seiner Quintessenz besagt das Urteil also, dass die Umsatzbesteuerung der Fahrzeugüberlassung an Mitarbeiter, auch zur privaten Nutzung, der Entgeltlichkeit bedarf. Entweder in Form von Gehaltsverzicht oder von gesonderter Mietzahlung. Eine Überlassung, ohne derartige Vereinbarung zusätzlich zum Arbeitslohn, fällt hiernach nicht unter die Umsatzbesteuerung, da es an einer Gegenleistung fehlt.

Ein-Prozent-Regel und Fahrtenbuchmethode

Entgegen der bisherigen deutschen Verwaltungsauffassung sind nun nach dem Urteil das Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne und der geldwerte Vorteil in der Einkommensteuer zwei verschiedene Paar Schuhe. Daher bleibt die Ertragsbesteuerung des geldwerten Vorteils aus privater Fahrzeugmitbenutzung nach der Ein-Prozent-Regel oder der Fahrtenbuchmethode davon unberührt.

Können Arbeitgeber bei der Fahrzeugüberlassung Umsatzsteuer sparen?

Bisweilen wird frohlockt, dass  Arbeitgeber nach dem EuGH-Urteil stattliche Umsatzsteuerbeträge, die aus den privaten Nutzungsanteilen der Firmenfahrzeugüberlassung resultieren, sparen können. Vorausgesetzt, sie haben durch geschickte Vertragsgestaltung ihren Arbeitnehmern Dienstwagen entgeltfrei überlassen. Derartige Euphorie ist aber fehl am Platz.    

Finanzielle Vor-und Nachteile sind abzuwägen

Zum einen ist festzustellen, dass im hier diskutierten Urteilsfall der Dienstwagenüberlasser nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Dies ist durchaus wesentlich für das weitere Verständnis der richterlichen Entscheidung.

Wenn nur steuerfreie und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze erbracht werden, ist die Fahrzeugüberlassung an Mitarbeiter mangels Anwendung der Befreiungsvorschriften des § 4 UStG als sonstige Leistung dennoch umsatzsteuerpflichtig (OFD Niedersachsen 2.9.2015).

Werden die Grenzen der Kleinunternehmerregelung überschritten oder nicht angewandt, wird die Umsatzsteuer auch fällig. Allerdings wäre dann auch ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. In derart gelagerten Fällen kann es tatsächlich, mangels Gegenleistung des Fahrzeugnutzers, zu einem Wegfall der Umsatzbesteuerung, aber auch des anteiligen Vorsteuerabzugs führen. Vorausgesetzt, dass weder Miete noch Gehaltsverrechnung vereinbart wurde. Hier sind die finanziellen Vor-und Nachteile abzuwägen.

Ist aber der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt, wird sich auch nach dem Urteil an der Umsatzbesteuerung der privaten Dienstwagennutzung nicht viel ändern.

Unentgeltliche Wertabgabe ohne Leistungsaustausch

Wenn, mangels vertraglicher Vereinbarung, nunmehr kein Leistungsaustausch vorliegt, so kann dennoch eine unentgeltliche Wertabgabe vorliegen (§ 3 Nr 9a S 2 UStG). Strittig wäre dann nur die Höhe der unentgeltlichen Wertabgabe, da nun nicht mehr vereinfachend auf die ertragsteuerlichen Wertansätze zurückgegriffen werden kann.

Überarbeitung des Regelwerks notwendig

Die Finanzverwaltung wird ihr Regelwerk  überarbeiten müssen. Für die Übergangszeit wird wohl Vertrauensschutz bestehen. Möglicherweise kann man sich, sofern von Vorteil, aber auch schon früher auf die aktualisierte Rechtsprechung berufen.

Sofern ein Entgelt in Form einer Miete oder dergleichen vereinbart wurde, wird wahrscheinlich alles so bleiben wie bisher.     

Grenzüberschreitende Dienstwagenüberlassung: Das ist zu beachten

Schließlich ist bei EU-grenzüberschreitender Dienstwagenüberlassung zu beachten, dass bei entgeltlicher Überlassung des Fahrzeugs (Miete) der Leistungsort im EU-Ausland liegt und man sich dort umsatzsteuerlich registrieren muss. Wird aber der Wagen zusätzlich zum Gehalt überlassen (unentgeltlich), liegt nach dem EuGH-Urteil  der Leistungsort im Land des Arbeitgebers, wo auch die aus der unentgeltlichen Wertabgabe resultierende Umsatzsteuer zu entrichten ist.

Fuhrparkbetreiber, die ihren Arbeitnehmern Dienstwagen überlassen haben, sollten prüfen, ob wegen des hier besprochenen EuGH-Urteils für sie Handlungsbedarf besteht. 

         

Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C-288/19 v. 20.1.2021)

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