Chefredakteur Clemens Noll-Velten (links) auf dem bfp FORUM im Gespräch mit Mateo Sotomayor, Director Fleet Charging beim Ladeinfrastrukturanbieter Digital Charging Solutions (DCS)                                                                                                                           
Foto: Markus Heimbach
Chefredakteur Clemens Noll-Velten (links) auf dem bfp FORUM im Gespräch mit Mateo Sotomayor, Director Fleet Charging beim Ladeinfrastrukturanbieter Digital Charging Solutions (DCS)                                                                                                                           

Inhaltsverzeichnis

E-Mobilität im Fuhrpark

„Gehen Sie das Thema nicht zu schnell an und denken Sie langfristig!“

Mateo Sotomayor ist Director Fleet Charging beim Ladeinfrastrukturanbieter Digital Charging Solutions (DCS). Im Interview mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT spricht er über Stolperfallen bei der Transformation zum E-Fuhrpark und zeigt Lösungen, wie Fuhrparkmanager den Überblick über verschiedene Ladevorgänge behalten können.

bfp: Herr Sotomayor, was sind aus Ihrer Sicht die größten Stolperfallen bei den ersten Schritten in Richtung E-Mobilität im Fuhrpark?

Sotomayor: Wenn man den Umfragen Glauben schenkt, dann ist die größte Stolperfalle nach wie vor die Reichweitenangst. Die ist mittlerweile unbegründet. Reichweitenangst kommt noch aus dem Denken, dass Laden genauso wie Tanken funktioniert und man einzig zentrale Tankstellen nutzen kann. Das trifft bei der E-Mobilität aber nicht zu.

Aber die Ladeinfrastruktur lässt noch zu wünschen übrig…

Sotomayor: Wir haben mittlerweile – vor allem in Deutschland – eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Natürlich muss diese noch erweitert werden, aber Unternehmen wie Ionity, BP oder EnBW eröffnen täglich mehrere neue Schnelllade-Standorte (HPC), vor allem an Autobahnen. Außerdem haben E-Fahrzeuge mittlerweile sehr gute Reichweiten. Ich habe vorhin hier am Stand des bfp Forums mit jemandem gesprochen, der behauptete mit seinem BMW iX3 600 Kilometer mit einer Akkuladung fahren zu können – das ist ziemlich beeindruckend. Bei einer Tankfüllung hat mein alter Verbrenner keine signifikant größere Reichweite. Insofern haben wir schon die Reichweiten-Parität erreicht. Und auch die Möglichkeiten, Heim- und Arbeitsplatzladen zu nutzen, sind für mich Indikatoren, dass diese Reichweitenangst in der Prioritätenliste nach hinten rutschen wird und andere Themen wichtiger werden – wie beispielsweise der Zugang zu Ladeinfrastruktur.

Sollte aber der Infrastrukturausbau zu zögerlich stattfinden, so werden wir vor dem Hochlauf der Fahrzeugvolumen eine neue Angst erleben. Nämlich die Angst nach Verfügbarkeit. Intelligente digitale Lösungen wie Verfügbarkeitsvorhersagen oder Reservierungen werden dem Fahrer künftig erlauben nicht nur eine Ladesäule passend zu seinem Batterieladezustand zu finden, sondern sie auch zeitgerecht und verbindlich nutzen zu können.

Das Projekt E-Fuhrpark ist für die meisten Fuhrparkverantwortlichen eine neue zusätzliche Aufgabe. Welche Abteilungen und Mitarbeiter eines Unternehmens sind beim Thema E-Fuhrpark involviert?

Sotomayor: Die Aufgaben aber auch die Möglichkeiten des Fuhrparkmanagers werden durch die Umstellung deutlich vergrößert. Der Fuhrparkmanager hat nach wie vor die Zielfunktion den Fuhrpark bereitzustellen und zu betreiben – und das kostengünstig und u.a. unter Einhaltung von Umweltrichtlinien. Mit der Umstellung auf E-Mobilität müssen mehr Abstimmungen vorgenommen werden. Denn inzwischen ist es nicht mehr so, dass er mit der Ladekarte alleine schon den kompletten Service bieten kann, wie es beim Betanken von Verbrennern der Fall war. Wenn ein Flottenmanager vom Laden am Arbeitsplatz profitieren will, dann muss dies in der Regel in Absprache mit dem Facilitymanagement oder mit dem Energiemanagement des Standorts geschehen, um die entsprechende Infrastruktur bereit zu stellen. Wenn es darum geht, Ladevorgänge an die Mitarbeiter zu erstatten, dann muss häufig – je nach Carpolicy – auch die HR-Abteilung oder Finanzabteilung bei der Abrechnung von Heim- oder Arbeitsplatzladevorgängen eingebunden werden.

Der Fuhrparkmanager bekommt durch die Einführung von E-Fahrzeugen aber auch mehr Optionen. Die Fahrzeuge können an viel mehr Orten geladen werden – sei das nun am Arbeitsplatz, an öffentlichen Ladesäulen oder bei den Fahrzeugnutzern zuhause. Außerdem ist das Laden – je nach Strompreis – um einiges günstiger im Vergleich zum Betanken von Verbrennern. Die Aufgabe der externen Dienstleister – so wie die DCS einer ist – ist es, für die verschiedenen Nutzer die komfortabelsten Lösungen zu entwickeln.

Sie haben es gerade gesagt, Mitarbeiter laden ihre elektrischen Dienstwagen an verschiedenen Orten und am Ende fallen viele verschiedene Abrechnungen an. Wie kann ein Fuhrparkverantwortlicher denn da den Überblick behalten?

Sotomayor: Das ist nur mit entsprechender Softwareunterstützung möglich. Beispielsweise mit einem Portal für das Flotten-Lademanagement. Damit hat der Fuhrparkmanager, ähnlich wie er es von Software für Kraftstoffmanagement kennt, den Überblick über die Ladevorgänge. Im Portal können Kostenstellen und Ladevorgänge verschiedenen VIN-Nummern oder natürlichen und juristischen Personen zugeordnet werden.

Die VIN (Vehicle Identification Number, deutsch: FIN = Fahrzeugidentifikationsnummer; Anmerkung der Redaktion), also die die Seriennummer des Fahrzeugs, spielt dabei eine zentrale Rolle. Über sie können OEMs z.B. auch herstellerbezogene Ladetarife anbieten. Das heißt, wenn ein OEM einen Ladetarif subventionieren will, kann durch die VIN-Nummer sichergestellt werden, dass das Fahrzeug auch wirklich den richtigen Tarif bekommt.

Kommen wir zu Charge Now for Business. Worum handelt es sich bei diesem Angebot?

Sotomayor: Charge Now for Business bieten wir vor allem kleinen und mittleren Fuhrparks an und erleichtern ihnen den Zugang zur E-Mobilität. Für große Fuhrparks, wie sie beispielsweise Leasinggesellschaften verwalten, bauen wir auch individuelle Lösungen, um deren spezifischen Ansprüchen an Inhalt und Form der Abrechnung gerecht zu werden.

Können Sie das erläutern?

Sotomayor: Der Fuhrparkmanager bekommt ein Flottenmanagement-Portal oder eine entsprechende API (Anwendungsschnittstelle), falls er direkt an sein Tankkarten-Management angebunden werden muss. Über das Portal bekommt der Fuhrparkmanager eine übersichtliche Darstellung aller Ladevorgänge - egal ob sie öffentlich, zu Hause oder am Arbeitsplatz geschehen. Im Portal stehen ihm auch Analysetools und Dashboards zur Verfügung, über die die Administration abgewickelt und Missbrauch aufgedeckt werden kann. Außerdem läuft das Ladekartenmanagement über das Portal. Der Fuhrparkmanager kann damit Ladekarten bereitstellen, verschicken, pausieren, aktivieren und deaktivieren.

Der Fuhrparkverantwortliche behält also die Übersicht über die Ladevorgänge und Abrechnungen über ein Dashboard in einem Flottenmanagement-Portal. Wie werden die Ladevorgänge erfasst?

Sotomayor: Der Fahrer bekommt über das System eine Lade-App und eine RFID-Karte. Über die App können öffentliche Ladesäulen gefunden und angesteuert werden, der Fahrer erhält zudem Informationen über die Verfügbarkeit der Ladepunkte. Bei der Entwicklung der App ist unsere jahrelange Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit OEMs wie u.a. BMW, Daimler, Audi eingeflossen.

Die RFID-Karte nutzen die Fahrer für die Authentifizierung an öffentlichen Ladesäulen. Darauf sind alle notwendigen Informationen gespeichert, eine zusätzliche Anmeldung oder die Übermittlung von Bezahlinformationen entfallen. Das Laden wird dadurch genauso einfach wie das Tanken.

Können Sie knapp zusammenfassen, worin sich Charge Now for Business von anderen Produkten unterscheidet?

Sotomayor: Der maßgebliche Unterschied ist, dass wir Vorreiter bei der App-Entwicklung sind. Viele andere Lösungsanbieter sehen die App eher zweitrangig und konzentrieren sich auf ihr CPO-Geschäft (CPO = Charge Point Operator / Ladesäulenbetreiber). Bei uns steht ganz klar die Customer Journey des Fahrers im Vordergrund, damit das Laden Spaß macht und sich der Fahrer gleichzeitig so wenig wie möglich mit dem Ladevorgang beschäftigen muss. Und für den Flottenmanager ist vor allem unsere Zusammenarbeit mit großen Partnern wie BP pulse oder Ionity interessant. Durch diese Kooperationen können wir unseren Kunden vorteilhafte Konditionen anbieten und diese Angebote können bequem über das Flottenmanagement-Portal gebucht werden. Mit Charge Now for Business können Sie somit so gut wie jede öffentliche Ladesäule ohne zusätzlichen Aufwand nutzen.

Abschließende Frage: welchen Tipp geben Sie einem Fuhrparkmanager, wenn er sich auf den Weg macht, einen E-Fuhrpark aufzubauen oder den bestehenden zu elektrifizieren?

Sotomayor: Mein Tipp ist: informieren Sie sich frühzeitig und unabhängig – unter anderem auch bei der bfp-AKADEMIE, da werden großartige Seminare angeboten. Gehen Sie das Thema nicht zu schnell an, denken Sie langfristig und sprechen Sie mit verschiedenen Anbietern und suchen Sie sich einen Partner, der sie in dem Prozess begleitet. Dann funktioniert das mit dem Umstieg auf die Elektromobilität.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Seit Oktober 2020 ist Marcus Scholz Geschäftsführer von elexon in Aachen. Das Unternehmen entwickelt und stellt in Deutschland Elektroladelösungen her und agiert als Anbieter von Ladeinfrastruktur und Energiemanagement.

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