Tobias Krumnikl ist Head of Fleet & Used Car Strategy bei Hyundai Motor Deutschland. Welchen Fokus der Importeur auf gewerbliche Kunden legt, wie Hyundai auf die Herausforderungen der E-Mobilität auf Kundenseite eingeht und weshalb die Koreaner auch in Europa weiterhin nicht auf Kleinwagen verzichten werden, erklärt Krumnikl im Gespräch mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT.
Optimierte Kundenbetreuung durch E-Mobilitäts-Trainings im Hyundai-Handel
Herr Krumnikl, Sie haben Ihren Außendienst neu aufgestellt und wollen bei der Händlerbetreuung das Silodenken zwischen Privat- und Gewerbekundengeschäft aufbrechen. Wie spüren die Kunden das in der Praxis?
Tobias Krumnikl: Auch wenn wir grundsätzlich jeden unserer Händler als Ansprechpartner für Groß- und Gewerbekunden betrachten: Unsere derzeit 58 „Fleet Business Center“ spielen eine besonders wichtige Rolle bei der Betreuung der Zielgruppe. Über sie wickeln wir den Großteil unseres Gewerbekundengeschäfts ab. Und weil wir die „Fleet Business Center“ wiederum fokussiert über unsere Distriktleiter Flotte betreuen, wirken sich organisatorische Veränderungen in einer optimierten Kundenbetreuungsqualität aus. Für sehr große Kunden, die Wert auf den direkten Kontakt zu Hyundai Motor Deutschland legen, ist seit Kurzem außerdem ein Key Account Manager Flotte Ansprechpartner. Wobei wir die Geschäfte auch in diesen Fällen über den jeweiligen Händler abwickeln.
Welche Rolle spielen Ihre Händler und vor allem die „Fleet Business Center“ bei der Beratung rund um die E-Mobilität?
Krumnikl: Eine sehr große Rolle. Zur Markteinführung des Ioniq 5 in Deutschland haben wir bundesweit für die Hyundai-Vertragspartner ein intensives EV-Coaching durchgeführt. Darauf aufbauend entwickeln wir derzeit ein Trainings-Konzept speziell für die „Fleet Business Center“, damit dort Kundinnen und Kunden mit Blick auf alle Aspekte der E-Mobilität kompetent beraten werden können. Also auch wenn es um die Ladetechnik oder Photovoltaik-Anlagen geht. Der Start für dieses Training ist noch für das zweite Halbjahr 2022 geplant.
Neue Zielgruppen über den Ioniq 5
Trotz der hohen Relevanz des Privatkundengeschäfts für Hyundai in Deutschland verlieren Sie die Groß- und Gewerbekunden also auch künftig nicht aus den Augen?
Krumnikl: Nein, auf keinen Fall. Richtig ist, dass das Privatkundengeschäft für uns aus reiner Volumensicht an erster Stelle steht. Nichtsdestotrotz wollen und werden wir Gewerbekunden auch in Zukunft gut bedienen. Wobei unser Fokus unverändert auf den kleinen und mittelgroßen Fuhrparks mit bis zu 49 Autos liegt. Unsere Priorität besteht nicht darin, Großflotten mit hohen Nachlässen zu überzeugen.
Diese Strategie hat auch vor dem Hintergrund Bestand, dass Hyundai mit seinen Elektroautos auch für große Flotten immer interessanter wird?
Krumnikl: Natürlich lehnen wir Geschäfte mit großen Flotten nicht generell ab. Gerade mit dem Kona Elektro spüren wir eine große Resonanz in dieser Zielgruppe. Auch der Ioniq 5 ist ein Türöffner in große Flotten, aber über eine veränderte Zielgruppe: Mit dem Ioniq 5 werden wir für User Chooser deutlich attraktiver, was einige Unternehmen bereits dazu veranlasst hat, Hyundai erstmals in ihre Car Policy aufzunehmen. Eben weil sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter explizit nach diesem Auto erkundigt haben.
Wie lange warten Kundinnen und Kunden derzeit auf den Ioniq 5?
Krumnikl: Die Lieferzeiten hängen auch beim Ioniq 5 vor allem von der Fahrzeugausstattung ab. Bei individuellen Kundenbestellungen rechnen wir derzeit je nach Konfiguration mit Lieferzeiten ab acht Monaten. Vorkonfigurierte Modelle sind dagegen deutlich früher lieferbar und großteils sogar sofort im Handel verfügbar.
Gewerbekunden-Konditionen „maximal einen halben Prozentpunkt“ angepasst
Hat Hyundai die Gelegenheit der Angebotsknappheit dazu genutzt, die Großkundenkonditionen anzupassen? Sprich: Ist es teurer geworden für die Zielgruppe?
Krumnikl: Wie viele Anbieter prüfen auch wir regelmäßig die Struktur unserer Konditionen. Im Februar hat dies zu einer generellen, zielgruppenunabhängigen Preisanpassung geführt. Allerdings hatten wir im Vorfeld der anhaltenden Krisenzeit nicht am Rabatt-Wettstreit teilgenommen, weshalb wir jetzt in der Lage sind, die Konditionen für Gewerbekunden fahrzeugspezifisch anzupassen. Und dabei handelt es sich um Anpassungen im marginalen Bereich, wir sprechen hier von Veränderungen von maximal einem halben Prozentpunkt.
Hyundai Ioniq 6 mit bis zu 610 Kilometer WLTP-Reichweite
Wenn wir über die Produkte sprechen: Mit dem Ioniq 6 kommt Anfang nächsten Jahres ein zweites Ioniq-Modell. Was versprechen Sie sich von diesem Modell?
Krumnikl: Auch der Ioniq 6 wird ein Fahrzeug sein, mit dem wir im Groß- und Gewerbekundenmarkt neue Zielgruppen ansprechen können. Technisch greifen wir auf die bekannte E-GMP-Plattform zurück, das heißt auch der Ioniq 6 kommt mit 800-Volt-Bordsystem für schnelles Laden und einer aktuell geschätzten WLTP-Reichweite von 610 Kilometern. Mit seinem stromlinienförmigen Design werden wir mit Sicherheit auch große Resonanz in höheren Hierarchieebenen erfahren.
Der Ioniq 6 rundet Ihre Ioniq-Palette nach oben ab. Wann kommen Elektroautos unterhalb des Ioniq 5?
Krumnikl: Dieses Segment ist mit dem Kona Elektro bereits sehr gut abgedeckt. Was wir aber bereits kommuniziert haben, ist der Ioniq 7, ein vollelektrisches SUV, das an der Spitze der Ioniq-Palette positioniert sein wird.
Das heißt, preissensiblere Zielgruppe, die sich für ein Elektroauto interessieren, spricht Hyundai weiterhin fokussiert mit dem Kona an?
Krumnikl: Derzeit ist das der Fall, ja. Der Kona stößt auch in preissensibleren Zielgruppen auf zunehmendes Interesse. Allerdings greifen Kunden, die wirklich mit dem spitzen Bleistift rechnen, heute noch vorwiegend zu konventionellen Verbrenner-Modellen.
Pflege- und Lieferdienste wichtige Zielgruppe für den Hyundai i10
Also zu i10 und i20?
Krumnikl: Genau. Vor allem mit dem i10 können wir Zielgruppen wie Pflege- oder Lieferdienste heute sehr gut bedienen. Ob und wann wir auch i10 und i20 elektrifizieren, kann ich heute aber noch nicht sagen. Bis dahin werden wir beide Modelle für die Zielgruppen attraktiv halten.
Welche Pläne haben Sie mit dem i30, der in aktueller Generation in sein sechstes Modelljahr geht?
Krumnikl: Der i30 ist vor allem als Kombi eines unserer Top-3-Produkte bei Flotten- und Gewerbekunden. Das Segment wird auch weiterhin eine sehr wichtige Rolle für uns spielen.
Wie gleichen Sie Nachfragen nach einem i30 Diesel aus, den Sie seit einiger Zeit ja nicht mehr anbieten?
Krumnikl: Das müssen wir gar nicht. Der Schock über den Diesel-Stopp war in der Kundschaft sehr gering ausgeprägt. Es ist ja so, dass die Nachfrage nach Diesel-Modellen über den Gesamtmarkt immer mehr zurückgeht und sich auch viele Gewerbekunden der E-Mobilität inklusive Plug-in-Hybrid zuwenden.
Der Ioniq 5 wirkt auf Bildern sehr kompakt, ist live aber eindeutig ein Fahrzeug des D-Segments. Wie reagieren die Kunden darauf?
Krumnikl: Was die meisten überrascht, ist der geräumige Innenraum. Den stellen sich viele Interessenten deutlich kleiner vor. Die Diskrepanz zwischen der Größenwirkung auf Bildern und der realen Größen ist zwischen uns und unseren Kundinnen und Kunden dagegen fast nie ein Gesprächsthema.
Höhere Verfügbarkeit für das Brennstoffzellen-SUV Nexo
Welche Zukunft haben die Plug-in-Hybride, wenn jetzt die staatliche Förderung ausläuft?
Krumnikl: Natürlich ist ein großer Teil des Erfolgs der Plug-in-Hybride in Deutschland förderabhängig. Wird künftig die Förderung für die Anschaffung von Plug-in-Hybriden gestoppt, die vergünstigte Dienstwagen-Besteuerung aber beibehalten, werden Plug-in-Hybride bei Flotten- und Gewerbekunden auch mittelfristig auf große Resonanz stoßen.
Hat sich im Zuge der immer relevanteren E-Mobilität die Nachfrage nach Ihrem Brennstoffzellenfahrzeug Nexo verändert?
Krumnikl: Der Nexo steht bei uns derzeit verstärkt im Fokus. Das liegt auch an seiner mittlerweile höheren Verfügbarkeit. Außerdem sind wir über unsere Captive Allane derzeit in der Lage, sehr attraktive Leasingkonditionen anzubieten. Natürlich bewegen wir uns mit dem Nexo in einem Nischen-Segment. Nichtsdestotrotz können wir aber gerade auch wegen des Nexo sagen: Wir sind mit unserer Modellpalette in jeder Antriebstechnik heimisch.
Derzeit keine Pläne für Wiedereinstieg in das Transporter-Geschäft
Mit dem Staria bieten Sie seit Kurzem eine Großraumlimousine unter anderem für Shuttle-Dienste an. Wann kommt – wie in anderen Ländern – die Nutzfahrzeugvariante?
Krumnikl: Derzeit konzentrieren wir uns auf die Pkw-Variante des Staria und damit vor allem auf die Zielgruppe gehobener Shuttle-Services. Sicher werden wir den Staria als Pkw zusätzlich in anderen Ausstattungsvarianten anbieten. Aktuell gibt es keine konkreten Pläne für einen Wiedereinstieg ins Nutzfahrzeuggeschäft. Um dieses Geschäft seriös zu betreiben, müssen wir eine Mindest-Fahrzeugverfügbarkeit sicherstellen, was derzeit leider nicht gegeben ist. Auch wenn es aus Sicht der Gewerbekundenansprache natürlich wünschenswert wäre.
Herr Krumnikl, herzlichen Dank für das Gespräch.
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