Von Timo Bürger
Zum Beispiel macht der Kia Schluss mit der "Reichweitenangst": Satte 450 Kilometer weit (also weiter als mancher Kleinstwagen) soll das koreanische Mini-SUV der dritten Generation mit der vollen Akkuladung weit kommen. Zahlenspielerei? Mitnichten.
Nach einer flott absolvierten 41-Kilometer-Testrunde durch das frühlingshafte, aber gleichwohl sehr frische Hügelland des Taunus‘ weist der Bordcomputer einen Verbrauch von 19 kWh aus. Oder anders ausgedrückt: Von den zu Beginn versprochenen 445 Kilometern Reichweite waren nach den 41 gefahrenen Kilometern noch 400 übrig. Geladen ist der nur noch als E-Fahrzeug erhältliche Soul via CSS-Stecker an einer 100-kW-Schnelladestation in einer knappen Stunde zu 80 Prozent.
Der Kia e-Soul geht ab wie ein geölter Blitz
E-Autos machen keinen Spaß? Von wegen. Selten war bfp fuhrpark in einem Fahrzeug unterwegs, in dem die Testrunde so viel Freude gemacht hat. 204 PS und maximal 385 Newtonmeter Drehmoment machen aus dem e-Soul einen Potz-Blitz. Wie bei E-Autos üblich, steht die volle Leistung sofort bereit, dann zieht der Kasten-Wagen akustisch begleitet von einem leisen turbinen-artigen Sirren und Pfeifen an, dass dem Fahrer ein zufriedenes Grinsen über die Mundwinkel huscht. Windgeräusche hingegen vermag der Wagen akustisch gut zu kaschieren, selbst bei Tempo 140 ist im Innenraum wenig zu hören.
Die Lithium-Polymer-Akkus sind im Unterboden verbaut, das Fahrzeug hat also einen tiefen Schwerpunkt und liegt demzufolge satt auf dem Asphalt. So kann man sogar zwischen den teuren, feinen Ortschaften der hessischen Mittelgebirgsregion den gutsituierten Damen und Herren in ihren Panameras, Range Rover & Co. zumindest ein bisschen den Schneid abkaufen. Staunende Blicke erntet man allemal.
Bremsen mit Paddles
Elektrokarren sind nicht pfiffig? Doch. Für den Soul haben die koreanischen Tüftler ein mehrstufiges Regenerationssytem ausgeheckt: Mithilfe von Wippen am Lenkrad kann der Fahrer die Intensität der Bremsenergiewiedergewinnung einstellen. Wird eine starke gewünscht, verlangsamt das Fahrzeug umso stärker. Im „One-Pedal-Modus“ ist der Effekt so stark, dass der Kia über weite Strecken ohne Bremspedal bewegt wird.
Mit Hilfe von Navigationsdaten, die auch die Eigenheiten der Topographie berücksichtigen, wird so automatisch kinetische Energie wieder in elektrische umgewandelt. Welche Modus man als Fahrer auch nutzt, es ist tatsächlich frappierend zu erleben, wie das System arbeitet – und wie effizient es ist. Und noch ein cleveres Feature, das Strom spart: Die Belüftung/Heizungswärme kann per Knopfdruck auch einzig und allein nur für den Fahrer bereitgestellt erzeugt werden.
Vieles ist in Serie an Bord, Telematik-System bald verfügbar
Und ein E-Auto muss nicht karg eingerichtet sein. Bereits in der Basis bietet Kia für seine Kiste ein Audiosystem (mit 7-Zoll-Touchscreen), LED vorne wie hinten, Klimaautomatik, Rückfahrkamera oder die Smartphone-Schnittstelle, um nur einige Features zu nennen. Auch die Sicherheit kommt nicht zu kurz: Immer an Bord sind aktiver Spurhalteassistent, adaptiver Geschwindigkeitsregelanlage und der Stau- und Fernlichtassistent.
Interessant: Ab Ende des Jahres wird das neue Telematik-System UVO Connect (kann über App gesteuert werden) erhältlich sein. Das bietet dem Fahrer oder Fuhrparkverantwortlichen beispielsweise Fernbedienungsfunktionen, Diagnosedaten und diverse Daten (Verkehr, Wetter, Gefahrenstellen, Verfügbarkeit von Ladestationen, Lademodalitäten) in Echtzeit.
E-Autos bedeuten räumlichen Verzicht? Nein, stimmt nicht. Im nur 4,20 Meter langen Fahrzeug haben Fahrer und andere Insassen sowohl vorne als auch hinten dank der Schuhkarton-artigen Form genügend Platz. Und eine tolle Über- und Rundumsicht. Nicht nur diese Erkenntnise erfreuen, auch das restliche Interieur weiß durch geschmackvolle Gestaltung und wertige Verarbeitung zu überzeugen.
Die herausfahrbare Plastikscheibe, auf die die Infos des Head-up-Displays auf Wunsch projiziert werden, hätte sich Kia allerdings sparen können, das Schild wirkt wenig wertig.
Fazit: Die Rechnung könnte aufgehen
Einziger Wermutstropfen ist der Preis. Für den empfehlenswerten Kia e-Soul (mit neun Monaten Lieferzeit muss gerechnet werden) müssen Fuhrparkmanager mit Euro bei Kauf rechnen. Gegengerechnet würden bei einem Dienstwagen die staatliche Förderung ("Elektroauto-Prämie") bei der Anschaffung, die geringew 0,5-Prozent Versteuerung des geldwerten Vorteils bei privater Nutzung, oder die verhältnismäßig kleinen Strom-, Reparatur- und Wartungskosten. Plus ein "grünes" Gewissen bei ökologisch korrekter Erzeugung des Stromes. Und da sind doch wieder etliche Argumente für den kleinen Stromer. Daran gibt es nicht viel auszusetzen, oder?
Technische Daten Kia e-Soul 204
Fünftüriges, fünfsitziges Crossover-Fahrzeug des B-Segments
Länge/Breite/Höhein Millimetern: 4.195/1.800/1.600
Radstand in Millimetern: 2.600
Leergewicht: 1.833 kg, Zuladung: 423 kg
Kofferraumvolumen: 315-1.339 Liter
Preis: ab 37.790 Euro
Antrieb: Elektromotor, Frontantrieb
Leistung: 150 kW/204 PS ,
0-100 km/h: 7,9 s, Höchstgeschwindigkeit: 167 km/h
Drehmoment: 395 bei 0- 3.600 U/min
maximale Reichweite (WLTP): im City-Zyklus): 648 km
Stromverbrauch kombiniert: 15,7 kWh/100 Kilometer
Co2-Emissionen (in g/km): 0
Effizienzklasse: A+