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Fahrerunterweisung

Lenk- und Ruhezeiten: Wer muss was wie nachweisen?

Wer Gespanne mit mehr als 2,8 Tonnen zulässiger Gesamtmasse im Fuhrpark betreibt, muss seine Fahrer regelmäßig einweisen.

Dr. Katja Löhr-Müller

Beim Einsatz leichter Nutzfahrzeuge, seien es Sprinter, Crafter oder Vivaro, kommt es immer noch häufig zu Bußgeldverfahren, weil Fahrer solcher Fahrzeuge, aber auch Fuhrparkverantwortliche, Lenk- und Ruhezeiten missachten oder sich einfach mit den Vorschriften nicht auskennen. Allein bei dem Einsatz von digitalen Tachografen haben Untersuchungen ergeben, dass über die Hälfte der Lenkzeitverstöße auf eine falsche Bedienung des EG-Kontrollgerätes zurückzuführen sind.

Wann gelten die Sozialvorschriften im Straßenverkehr?

Der Gesetzgeber hat bereits darauf reagiert und mit Artikel 33 der EG VO 165/2014 festgeschrieben, dass Unternehmer ihre Fahrer jährlich in den Umgang und die Bedienung des Tachografen unterweisen müssen. Wann und wie aufgezeichnet werden muss, ist für viele Fuhrparkbetreiber nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln.

Bevor ein Unternehmen sich auf Ausnahmen zur Aufzeichnungspflicht in den fahrpersonalrechtlichen Vorschriften beruft, sollte zunächst geprüft werden, ob die Sozialvorschriften im Straßenverkehr überhaupt für das genutzte Kraftfahrzeug Anwendung finden. Denn Kraftfahrzeuge einschließlich Anhänger unterliegen den fahrpersonalrechtlichen Regelungen nicht, sofern die zulässige Gesamtmasse (zGM) des Gespanns 2,8 t nicht überschreitet. Dabei ist es gleichgültig, was mit dem Fahrzeug oder Gespann transportiert wird. Alle Kraftfahrzeuge mit oder ohne Anhänger, die insgesamt nur eine zGM von 2,8 t aufweisen, sind vom Gesetzgeber ausgenommen.

Welche Gesamtmasse haben Fahrzeug oder Anhänger?

Um festzustellen, welche Gesamtmasse Fahrzeug oder Anhänger haben, muss man nicht auf eine Waage fahren. Denn es kommt ohnehin nicht auf das tatsächliche Gewicht an, sondern auf die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil 1. Maßgebend ist das, was in der Zeile F.2 eingetragen ist. Ist der Fahrer mit einem Anhänger unterwegs, wird die in der Zulassungsbescheinigung für den Anhänger unter F.2 ausgewiesene Gesamtmasse zur zulässigen Gesamtmasse des Zugfahrzeugs addiert. Überschreitet die Summe 2,8 t nicht, haben Fahrer und Unternehmer nur das Arbeitszeitgesetz oder tarifvertragliche Bestimmungen zur Arbeitszeit zu beachten. Besondere Lenkzeitvorschriften greifen dann nicht.

Transportfahrten mit Kraftfahrzeugen allein oder mit Anhänger, die der Güterbeförderung dienen, sind in Deutschland nach den Sozialvorschriften im Straßenverkehr nachzuweisen, sobald die zulässige Gesamtmasse von 2,8 t überschritten wurde. Fahrtenbücher, seien sie steuerlich anerkannt oder rein betriebsinterner Natur, reichen dabei zum Nachweis nicht aus.

Wann unterliegt ein Fahrer der Aufzeichnungspflicht?

Güterbeförderung kann Waren aller Art betreffen. Da ist das Möbelhaus, das die von Kunden gekauften Möbelstücke ausliefert. Aber auch Material, welches ein Fahrer für seine Kollegen zur Weiterverarbeitung anliefert, fällt unter Güterbeförderung. Auf die Zulassung des Fahrzeugs kommt es übrigens nicht an. Auch wenn der Wagen als Pkw in den Zulassungspapieren eingetragen ist, aber etwa die Rückbank dauerhaft entfernt wurde, damit nur noch Waren und Material transportiert werden können, spricht man von einem Nutzfahrzeug.

Wenn das zulässige Gesamtgewicht die magische Grenze von 2,8 t überschreitet, unterliegt der Fahrer der Aufzeichnungspflicht. Paragraf 1 Abs. 5 der Fahrpersonalverordnung (FPersV) schreibt vor, „dass der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass die Vorschriften über die Lenkzeiten, die Fahrtunterbrechungen und die Ruhezeiten … eingehalten werden“. Sofern das Fahrzeug oder das Gespann 3,5 t zGM nicht überschreitet, dürfen die Aufzeichnungen handschriftlich erfolgen. Dabei ist nach Pargraf 1 Abs. 6 FPersV folgendes zu dokumentierten:

Lenkzeiten, alle sonstigen Arbeitszeiten, Fahrtunterbrechungen und tägliche und wöchentliche Ruhezeiten. Die Aufzeichnungen sind für jeden Tag getrennt zu fertigen und müssen folgende Angaben enthalten: Vor- und Familienname des Fahrers, Datum, amtliche Kennzeichen der benutzten Fahrzeuge, Ort des Fahrtbeginns, Ort des Fahrtendes und Kilometerstände der benutzten Fahrzeuge bei Fahrtbeginn und Fahrtende.

Jeder Flottenmanager, der sich auf keine Ausnahmen nach der FPersV berufen kann, muss seine Mitarbeiter anweisen, solche Tageskontrollblätter zu führen. Und zwar für den laufenden Tag sowie die vorausgegangenen 28 Kalendertage. Diese müssen bei einer Verkehrskontrolle vom Fahrer immer vorgelegt werden können.

Digitaler Tachograf muss genutzt werden

Einige Unternehmen haben Fahrzeuge in ihrem Fuhrpark, die zwar unter 3,5 t liegen, aber dennoch einen Tachografen verbaut haben. Das ist häufig der Fall, wenn der Transporter bereits werkseitig über eine Anhängerkupplung verfügt und deshalb mit Anhänger über 3,5 t zulässige Gesamtmasse kommen kann. Fahrzeughersteller bauen dann ein solches Aufzeichnungsgerät bereits vor Auslieferung mit ein. Wird der Transporter dann ohne Anhänger genutzt, muss zur Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten dennoch der digitale Tachograf genutzt werden. Der Fahrer benötigt damit eine Fahrerkarte, da er den Tachografen ansonsten nicht bedienen kann. Der Rückgriff auf Tageskontrollblätter ist für solche Fahrzeuge verwehrt.

Kann der Fahrzeugführer für einen der dem Kontrolltag vorausgegangenen 28 Kalendertage keine Tätigkeitsnachweise vorlegen, weil er krank war, sich in Urlaub befand oder einfach andere Arbeiten, etwa im Lager oder Büro erledigt hatte, muss er eine entsprechende Bescheinigung über die sogenannten berücksichtigungsfreien Tage vorlegen. Diese Bescheinigung muss vom Arbeitgeber oder seinem Beauftragten, etwa dem Fuhrparkleiter, maschinenschriftlich ausgestellt und von diesem unterschrieben sein. Das Ausstellen solcher Bescheinigungen durch den Fahrer ist verboten.

Welche Ausnahmen von der Aufzeichnungspflicht gibt es?

Wer mit dem Fahrzeug oder Gespann die 2,8-t-Grenze überschreitet, sollte nun prüfen, ob für ihn möglicherweise Ausnahmen von der Aufzeichnungspflicht greifen. Denn die Aufzeichnungspflicht nach der Verordnung gilt nicht für „Fahrzeuge,

1 die in Paragraf 18 FPersV genannt sind,

2 die in Artikel 3 Buchstabe b bis i der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannt sind,

3 die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, verwendet werden, soweit das Lenken nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt,

3a Fahrzeuge, die zur Beförderung von Gütern dienen, die im Betrieb, dem der Fahrer angehört, in handwerklicher Fertigung oder Kleinserie hergestellt wurden, oder deren Reparatur im Betrieb vorgesehen ist oder dort durchgeführt wurde, wenn die Lenktätigkeit nicht die Haupttätigkeit des Fahrers ausmacht,

4 die als Verkaufswagen auf örtlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf verwendet werden und für diese Zwecke besonders ausgestattet sind, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt, und

5 selbstfahrende Arbeitsmaschinen nach Paragraf 2 Nr. 17 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung.“

Weitere Ausnahme: Handwerkerregelung

Nach Paragraf 1 FPersV Nr. 2 gibt es auch noch die Ausnahmen aus der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Wer diese Verordnung endlich im Internet gefunden hat und nicht bereits bei der achtseitigen Einleitung aufgibt, kommt tatsächlich zu Artikel 3 Buchstabe a bis i. Die dort aufgeführten Ausnahmen betreffen Fahrzeuge mit nicht mehr als 40 km/h Höchstgeschwindigkeit, Fahrzeuge der Streitkräfte, des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr, Transporte zur humanitären Hilfe, Spezialfahrzeuge für medizinische Zwecke, der Pannenhilfe, Testfahrten und Fahrten zur Kontrolle von Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie für Probefahrten. Schließlich greift die Ausnahme noch für Privatfahrten und Oldtimerfahrzeuge.

Die in der Praxis wichtigste Ausnahme findet sich dabei in Artikel 3 aa) der Verordnung. Denn wie in Paragraf 1 Nr. 3 FPersV greift die sogenannte Handwerkerregelung auch bei Fahrzeugen und Gespannen über 3,5 t bis einschließlich 7,5 t zGM. Allerdings mit einer wichtigen Änderung: Die Handwerkerregelung greift bei solchen Fahrzeugen und Gespannen nur für Fahrten innerhalb eines Radius von 100 Kilometern um den Standort des Unternehmens herum. Als Standort des Unternehmens gelten dabei alle Betriebsstätten nach Paragraf 12 Abgabenordnung. Danach ist eine Betriebstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.

Einsatz intelligenter Fahrtenschreiber ab 2019

Wer auch nur einen Kilometer außerhalb dieses Bereiches unterwegs ist, muss aufzeichnen, auch wenn er nur das eigene Werkzeug transportiert. Ab 2019 kommt der intelligente Fahrtenschreiber zum Einsatz. Dann können Kontrolleure anhand der aufgezeichneten GPS-Daten des digitalen Tachografen genau feststellen, wer den Radius verlassen hat, ohne aufzuzeichnen. Schummeln ist dann nicht mehr möglich.

Bei Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten, bei unrichtigem Ausfüllen der Tageskontrollblätter oder bei fehlender Bescheinigung über berücksichtigungsfreie Tage, sofern nicht zulässigerweise ein Nachtrag im EG-Kontrollgerät oder auf dem Tageskontrollblatt erfolgt ist, droht nicht nur dem Fahrer ein deftiges Bußgeld, sondern auch dem Fuhrparkverantwortlichen. Jedes Unternehmen, das Kraftfahrzeuge oder Gespanne über 2,8 t zGM einsetzt und damit Güter befördert, sollte sich deshalb genauestens mit den fahrpersonalrechtlichen Vorschriften auskennen und seine Fahrer regelmäßig schulen.

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