Elektroauto und Kfz-Werkstatt – das ist ein angespanntes Verhältnis. Die wartungsarmen E-Autos bedrohen einerseits das Geschäftsmodell vor allem der freien Service-Betriebe, gleichzeitig wächst jedoch der Bedarf an geschulten Mechanikern.
Dreistufen-Ausbildung für E-Auto-Mechaniker
Ohne die richtige Qualifizierung ist es einem Mechaniker bei einem elektrifizierten Pkw nicht einmal erlaubt, die Reifen wechseln. Erst nach der ersten Stufe einer dreistufigen Fortbildung darf man Fahrzeuge mit Hochvolt-Technik wenigstens berühren – zumindest solange keine spannungführenden Teile in der Nähe sind.
Auf Stufe zwei sind auch umfassendere Arbeiten erlaubt, erst auf Stufe drei darf man Arbeiten am Hochvoltsystem selbst vornehmen. Der Weg dorthin ist lang und teuer, über 100 Unterrichtseinheiten und einige Tausend Euro wollen in Seminare bei TÜV, Dekra, Autoherstellern oder Zulieferern investiert werden.
Hybridmodelle haben den höheren Arbeitswert
Gerade für freie Werkstätten ist der Aufwand hoch. Zudem wirkt die Investition nicht sehr attraktiv. Weil nicht nur viele mechanische Arbeiten wegfallen, der Verschleiß an Bremsen geringer ist und nicht zuletzt Umsatzgaranten wie der regelmäßige Ölwechsel wegfallen, wird das Reparaturgeschäft in der Ära des E-Autos deutlich abnehmen.
So sinkt der sogenannte Arbeitswert – eine Art genauerer Stundensatz - bei reinen E-Autos im Vergleich zum Benziner um 30 bis 44 Prozent. Beim Hybrid hingegen kann er in einigen Fällen sogar zweistellig steigen – vor allem bei teuren und aufwändigen Plug-in-Hybridmodellen.
Elektroautos: Kunden bevorzugen dennoch die Vertragswerkstatt
Aktuell ist für freie Werkstätten mit E-Mobilität sowieso noch kaum Geld zu verdienen. Die Zahl der Fahrzeuge im Bestand ist noch gering, zudem sind die meisten Modelle noch so neu, dass die Besitzer meist freiwillig die teure Vertragswerkstatt aufsuchen.
Auch die Fahrer ältere Modelle – Hochvolt-Autos wie Nissan Leaf und Renault Zoe, aber auch den Toyota Prius gibt es schon viele Jahre – suchen häufig das herstellergebundene Autohaus auf. Nicht zuletzt, weil Alternativen fehlen.
Anzahl an fachkundigen Mechanikern steigt
Der Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) geht aber davon aus, dass es bereits freie Werkstätten gibt, die zumindest ältere Hybrid- und E-Fahrzeuge betreuen, die bereits seit einigen Jahren im Markt sind. "Seit 2009 wurden in den Bildungszentren des Handwerks bisher rund 15.000 Mitarbeiter aus Kfz-Werkstätten dazu qualifiziert, auch an Hochvoltfahrzeugen zu arbeiten", erklärt der Verband.
Auch die großen Werkstattketten rüsten langsam auf. Bei Bosch Car Service etwa registriert man eine steigende Nachfrage nach Hochvolt-Schulungen. Ein Großteil der rund 1.000 Betriebe habe schon entsprechendes Personal. Bei Konkurrent A.T.U. haben nach Unternehmensangaben alle Filialen mindestens einen Mitarbeiter auf Stufe 1, in 95 Prozent sind demnach Stufe-2-Experten vorhanden.
Das reicht, um umfangreiche Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie Inspektionen an Hybrid- und E-Fahrzeugen vornehmen zu dürfen. Auch, wenn Arbeiten direkt am Hochspannungssystem weiterhin tabu sind.
Für den Kunden zahlt sich die wachsende Auswahl und steigende Kompetenz aus. Spätestens, wenn in einigen Jahren größere Mengen an E-Mobilen und Plug-in-Hybriden auf dem Gebrauchtwagenmarkt landen, dürften viele Nutzer nach einer kostengünstigen Alternative zur Vertragswerkstatt suchen. Und sie dann möglicherweise auch bequem finden. (SP-X/et)