Von Christian Frederik Merten
Wenn es einen besonderen Knackpunkt im Leben von Leasingfahrzeugen gibt, dann ist es die Rückgabe zum Vertragsende. Welche Schäden das Auto hat, ist meistens unstrittig. Und zum Übergabezeitpunkt neuer Autos sollte es auch keine Diskussionen geben, auf wen die Mängel zurückzuführen sind. Deutlich öfter zoffen sich Leasingnehmer und Leasinggeber aber, wenn es um die – finanzielle – Bewertung von Dellen, Kratzern oder Lackschäden geht.
Genau an diesem Prozesspunkt setzt Nexmo Solutions an. Zwar kann auch die Hamburger Software-Schmiede im ersten Schritt nicht verhindern, dass sich Fuhrpark und Leasinganbieter uneins über die Schadenhöhe sind. Aber, so sagt Nexmo-Geschäftsführer Mathias Göbel: "Wir vereinheitlichen den Rücknahmeprozess, machen Daten personenunabhängig auswertbar und sorgen so für mehr Transparenz."
Erfassung strukturierter Daten
Wie funktioniert das konkret? Die Nexmo-Software erfasst die Daten strukturiert. In der Praxis heißt das, dass der Anwender mit intelligenten Standarddaten - sprich in der Regel vorgegebenen Auswahlfeldern oder Drop-Down-Menüs - arbeitet. "Damit ermöglichen wir auch internationalen oder dezentral aufgestellten Organisationen eine einheitliche Zustandsermittlung", unterstreicht Göbel. Und das sogar in mehreren Sprachen. Mathias Göbel nennt ein Beispiel: "Erfolgt die Erfassung zum Beispiel auf Polnisch, lässt sich die Datenauswertung auch auf Spanisch oder Französisch durchführen."
Daraus könnte man schließen, es handele sich bei Nexmo um eine einheitliche Standard-Software. Auf keinen Fall, sagt Jochen Nitsche, ebenfalls Geschäftsführer bei Nexmo Solutions. "Wir können uns die Software als Modulbaukasten vorstellen, der auf Wunsch sämtliche individuelle Rücknahmeprozesse abbildet." Die einzige Konstante, so Nitsche, seien die Fahrzeugdaten: "Denn die sind überall gleich." Abgesehen davon gestalten die Hamburger die Software ganz nach Kundenwunsch. "Egal ob Pflichtfelder, Layouts oder die Mindestzahl an Bildern, wir sind völlig flexibel", so Nitsche.
Auch welche Dokumente - also Auslieferungs- oder Rücknahmeprotokolle oder die anschließende Bewertung - im System Berücksichtigung finden, erfolgt nach Kundenvorgabe - egal ob Fuhrpark, Leasingunternehmen oder Vermieter. Wer möchte, kann auch weitere Dienstleister in das System einbinden, zum Beispiel Sachverständige, Anwälte für die Abwicklung von Haftpflichtschäden oder Logistiker zur Fahrzeugüberführung. Und da die Prozessabbildung völlig individualisiert ist, ist neben der optischen auch die technische Zustandsbeschreibung möglich.
Pilotprojekt bei Volkswagen Financial Services Rent-a-Car in Hamburg
Ein Kunde, der die Nexmo-Software seit Anfang August nutzt, ist Volkswagen Financial Services (VWFS) Rent-a-Car in Hamburg. Der Standort unter Teamleiterin Jelena Stojkovic ist Pilotbetrieb für die Einführung der Software im gesamten Unternehmen. Stojkovic setzt das System bei der Übergabe und Rückgabe ein und formuliert dabei ein klares Ziel: "Wir versprechen uns mehr Transparenz und damit mehr Argumentationssicherheit vor unseren Kunden."
Vorteil gegenüber der Papierform sei unter anderem die Möglichkeit, ohne Umwege Fotos von möglichen Schäden in das digitale Protokoll zu integrieren und die digitalen Akten bei Bedarf auch später um neue Fotos zu ergänzen. "Der Kunde kennt den Zustand seines Fahrzeugs bei Übergabe und Rückgabe", sagt Stojkovic. "Wenn er das Auto dann mit neuen Schäden zurückgibt, können wir auf einen Blick vergleichen." Das, so hofft die Teamleiterin von VWFS Rent-a-Car, führe langfristig zu deutlich weniger Diskussionsbedarf mit den Kunden.
"Mit Sicherheit mehr Effizienz"
Zu Zeitersparnis führt Nexmo bei VWFS Rent-a-Car derzeit vor allem dadurch, dass alle Mitarbeiter von allen Standorten auf die Daten zugreifen können. Jelena Stojkovic: "Das vermeidet im Zweifel deutlichen Kommunikationsaufwand." Hier sei der letzte Schritt aber noch nicht getan. Aus der geplanten Schnittstelle zwischen Nexmo und dem Vermietsystem sollen sich weitere Arbeitserleichterungen ergeben: "Die wird mit Sicherheit zu noch mehr Effizienz führen." Technisch, so Mathias Göbel, ist die Anbindung der Nexmo-Software an Kundensysteme immer möglich.
Fuhrparks arbeiten vor allem dann mit Nexmo, wenn sie sich vor der Leasingrückgabe ein eigenes Bild über den Fahrzeugzustand machen möchten, weiß Mathias Göbel zu berichten: "Hier im Vorfeld der Rückgabe alle Informationen auf einen Blick zu haben, ist mit Blick auf mögliche Schaden- und Bewertungsdiskussionen natürlich immer von Vorteil."
Controlling-Instrument
Wer selbst aktiv ist, kann aber auch von der angesammelten Datenmenge profitieren. "Unternehmen, die den Zustand ihrer Fahrzeuge systematisch erfassen, kennen ihren Fuhrpark bis ins Detail", unterstreicht Göbel. "Sie wissen, was ihre Top-Schäden sind und können direkt entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen." Würden die Daten dagegen ausschließlich von externen Dienstleistern wie Gutachtern oder Leasingorganisationen erfasst, hinge es immer vom Goodwill dieser Partner ab, inwiefern auch der Fuhrpark von den Auswertungen profitiert.
Kommen wir zuletzt auf die spannende Frage, was Nexmo seinen Kunden für die Software-Nutzung in Rechnung stellt. Genaue Preise nennen Mathias Göbel und Jochen Nitsche nicht. Denn, so Nitsche: "Die Projektbedingungen sind immer sehr individuell, die Preisgestaltung hängt immer von den jeweiligen Rahmenbedingungen beim Kunden ab."
Eine klare Antwort gibt Nexmo jedoch allen, die sich möglicherweise um ihre Daten sorgen. Wer möchte und die Kapazitäten besitzt, kann die Daten zwar auch auf einem eigenen Server hosten. Die Regel – und empfehlenswert – sei das laut Nitsche aber nicht. Er unterstreicht: "Wir speichern alle Daten in einem deutschen Rechenzentrum. Damit gelten auch die strengen hiesigen Vorschriften bezüglich Datenschutz und Datensicherheit."