In immer mehr Städten sind immer mehr Menschen auf praktischen Zweirädern unterwegs. In den Metropolen sowieso. Wer jetzt gleich das klassische Fahrrad im Sinn hat, streift allerdings nur eine, zweifelsohne sehr wichtige, Facette von – Achtung neudeutsch! – Micro Mobility. Was genau ist darunter zu verstehen? Mikromobilität bezeichnet eine Reihe von kleinen, zumeist auch leichten Transportmitteln, deren Höchstgeschwindigkeit in den seltensten Fällen 25 km/h überschreitet. Diese Micro-Mobility-Fahrzeuge sind für kurze Distanzen ausgelegt und werden typischerweise von einer Person genutzt.
Ein weiteres Merkmal ist die Motorisierung. Sie ist in der Regel elektrisch. Zudem werden Micro-Mobility-Lösungen oft als Alternative zum Auto oder zu öffentlichen Verkehrsmitteln genutzt. Während E-Scooter, E-Bikes und E-Roller inzwischen schon zum typischen Verkehrsbild gehören, kommen stetig neue Varianten, wie Skateboard oder Segway, dazu. Besonders im urbanen Umfeld passt die Micro Mobility nahezu ideal in den vorherrschenden Verkehrsmittelmix und gewinnt wegen des Technik-Fortschritts und der wachsenden Nachfrage nach umweltverträglichen Transportmöglichkeiten merklich an Popularität.
Micro Mobility als Ergänzung zum klassischen Fuhrpark
Das gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern erst recht für Unternehmen und die betriebliche Mobilität. Stichwort Last-Mile-Delivery. Also das letzte Wegstück des Transports von Waren bis vor die Haustür des Kunden. Speziell auch in diesem Bereich ist die Mikromobilität für das Lieferkettenmanagement ein sehr willkommener Lösungsansatz, um Transportplanung und Lieferdruck spürbar entzerren, Pakete gerade in städtischen Gebieten schnell und effizient auszuliefern zu können.
„Micro-Mobility-Lösungen können eine sinnvolle Ergänzung klassischer Fuhrparkstrategien darstellen“, bestätigt Christoph von Meyer von der BMW-Tochter Alphabet Fuhrparkmanagement. Und der Leiter Vertrieb und Marketing weiter: „Einige unserer Kunden nutzen bereits diese Möglichkeit, beispielsweise zur Fortbewegung auf dem Unternehmensgelände oder in urbanen Regionen zur Überbrückung der so genannten ‚Last Mile‘.“
Und auch für Beschäftigte ohne Dienstwagenanspruch können Micro-Mobility-Angebote ein sinnvolles Incentive sein.“ Diesen Ansatz teilt Marc-Oliver Prinzing vom Bundesverband Betriebliche Mobilität (BBM). „Besonders in den Bereichen Transport und Logistik bieten sich etliche Einsatzmöglichkeiten an, beispielsweise im Pendelverkehr, für Lieferdienste und Fuhrparks“, unterstreicht der BBM-Vorstandsvorsitzende. Zudem könnten Unternehmen Mikromobilitätsmittel als Teil ihrer Flottenmanagement-Strategie einsetzen, um die Effizienz bei der Fortbewegung von Mitarbeitern und Waren zu steigern.
Bequeme und umweltfreundliche Mobilitätsoption
Zu den gängigsten Fahrzeugen und Einsatzgebieten innerhalb eines Betriebsgeländes zählen unter anderem Fahrräder, E-Scooter oder E-Anhänger, um damit wiederkehrende Wege abkürzen beziehungsweise diese Strecken schneller zurücklegen oder sperrige Gegenstände wie Euro-Paletten bewegen zu können. Außerhalb eines Unternehmens kommen E-Bikes beziehungsweise Pedelecs, Elektro-Motorroller oder sogenannte Microcars, zu derartigen Leichtfahrzeugen zählen beispielsweise der Renault Twizy oder der Opel Rocks-e, bei Kunden- und Servicebesuchen zum Einsatz.
„Darüber hinaus werden im Warentransport zunehmend ein- und mehrspurige Lastenräder, E-Anhänger und Microtransporter genutzt, um die Lücke zwischen Lastenrad und Lkw zu schließen“, erklärt Mark Hoelling von der Hamburger Mikromobilitäts- und Mobilitätswendeberatung eScootee. Der CEO und Experte für Mikromobilität und Verkehrswende verknüpft zudem folgerichtig den Einsatz zwischen automobiler Welt und öffentlichem Nahverkehr (ÖPNV): „Klappräder, Klapp-Pedelecs und e-Scooter lassen sich ohne großen Aufwand in Pkw und ÖPNV für die betriebliche ‚letzte Meile‘ oder zur Überbrückung von Distanzen zu Elektro-Ladestationen oder zu stationsbasiertem Carsharing mitnehmen.“ Selbst Kommunen haben die Micro Mobility längst als eine wichtige Säule der Verkehrswende entdeckt. So haben insbesondere viele deutsche Großstädte inzwischen spezielle Verleihdienste für E-Scooter und E-Bikes eingerichtet, um ihren Bürgern eine bequeme und umweltfreundliche Mobilitätsoption anbieten zu können.
Die Vorteile liegen auf der Hand: E-Roller und Co. sind sehr flexibel und ermöglichen es den Nutzern, schnell und mühelos von einem Ort zum anderen zu gelangen, ohne sich um Parkplätze sorgen zu müssen. Zudem verbrauchen sie weniger Sprit beziehungsweise Strom, stehen kaum im Stau, sind vergleichsweise einfach zu manövrieren, gelten als umweltfreundlich und kosteneffektiv. Pluspunkte sammelt diese Form von Mobilität eben auch und gerade wegen der vielen Einsatzmöglichkeiten auch für gewerbliche Zwecke. So lassen sich die smarten Microliner eben auch für Fahrten zur Arbeit einsetzen, außerdem kann die Mikromobilität sogar förderlich für die Mitarbeiter-Gesundheit sein. Denn wer kurze Strecken statt mit dem Auto mit dem Dienstrad zurücklegt, handelt nicht nur umweltbewusst, sondern tut auch etwas für seine Fitness – egal ob beruflich oder in der Freizeit.
Großes Micro-Mobility-Potenzial für betriebliche Mobilität
Micro Mobility bietet speziell für die betriebliche Mobilität ohne Zweifel zahlreiche Potenziale, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung, Mitarbeiterzufriedenheit und Unternehmensimage. Anstatt im Stau zu stehen oder selbigen umfahren zu müssen, düsen oder besser surren E-Scooter oder E-Bike deutlich flotter durch die Stadt, was zu einer höheren Effizienz und Produktivität der Mitarbeiter führen kann. Gerade bei kurzen Strecken – auch auf dem Betriebsgelände – kann der Einsatz von Einspurern eine schnellere und kostengünstigere Alternative zu herkömmlichen Verkehrsmitteln sein. Des Weiteren tragen sie zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei und helfen dadurch mit, die Umwelt zu entlasten.
Mitarbeiter dürften flexible Mobilitätslösungen ebenfalls zu schätzen wissen, die es ihnen ermöglichen, schnell und unkompliziert von einem Ort zum anderen zu gelangen. „Unternehmen können durch Micro-Mobility-Lösungen ihren Fuhrpark smart ergänzen. Angebote wie das Corporate (E-)Bike-Leasing motivieren zudem Beschäftigte ohne Dienstwagenanspruch. Des Weiteren können Unternehmen ihre Attraktivität für Fachkräfte steigern“, sagt Alphabet-Vertriebsleiter von Meyer. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Punkt Kosteneinsparungen. Durch den Einsatz von Mikromobilitätsfahrzeugen sparen die Betriebe bei Parkplätzen, Taxis und den ohnehin wesentlich teureren Dienstwagen und Nutzfahrzeugen. Firmen, die sich für innovative und nachhaltige Mobilitätslösungen einsetzen, können zudem ihr Image verbessern und als verantwortungsbewusstes Unternehmen wahrgenommen werden. Dies kann sowohl bei Kunden als auch bei Mitarbeitern förderlich wirken. Damit hebt sich die Firma unter Umständen auch von seinem Wettbewerbsumfeld positiv ab.
Verschiedene Bereiche relevant für die Micro-Mobility-Strategie
Trotz vieler Vorteile und Argumente pro Mikromobilität, sie in bestehende Mobilitätskonzepte zu integrieren, ist nicht immer einfach. Je größer das Unternehmen, desto mehr Schnitt- und Stabsstellen müssen involviert sein. Zwar lasse sich besonders das Fahrradleasing sehr gut implementieren, allerdings sollten dabei früh genug Fuhrparkmanagement, Personalwesen, Betriebsrat und Steuerabteilung eng zusammenarbeiten, rät Ralf Weichselbaum, Leiter Vertrieb an Key Accounts und Sonderzielgruppen bei Volkswagen Leasing. Die transparente Abrechnung spiele dabei eine entscheidende Rolle. Weichselbaum: „Grundsätzlich sollten Unternehmen vor der Einführung von Mikromobilität eine Analyse des Mobilitätsverhaltens ihrer Mitarbeiter anfertigen. Dabei kann auch die Anbindung an vorhandene Fahrradwege und Parkplätze eine entscheidende Rolle spielen.“
Eine ganze Reihe weiterer Punkte ist bei der Integration zu beachten. „Personelle Ressourcen, geeignete Infrastruktur, Nutzungsbedingungen, Schulungen, Versicherung und Finanzierung“, zählt der BBM-Vorstandsvorsitzende Marc-Oliver Prinzing auf. So könne es erforderlich sein, speziell geschulte Mitarbeiter für die Unterweisung von Nutzern und die Durchführung von Reparaturen und Wartungsarbeiten vorzuhalten. Um Mikromobilitätsmittel sicher aufzubewahren und aufzuladen, seien zudem spezielle Lade- und Parkplätze einzurichten. Darüber hinaus sollten Unternehmen klare Regeln und Nutzungsbedingungen für den Einsatz von Mikromobilitätsmitteln durch ihre Mitarbeiter oder Kunden festlegen und sicherstellen, dass diese gut kommuniziert werden. Es sei zudem wichtig, Schulungen anzubieten, um gewährleisten zu können, dass sie die Mittel auch sicher und effektiv nutzen. Komme es zu Schäden oder gar Unfällen, dürfe ebenso wenig eine Versicherung mit ausreichender Deckung fehlen. Prinzing: „Unternehmen sollten die Finanzierungsmöglichkeiten für die Anschaffung von Mikromobilitätsmitteln und deren Unterhaltung sowie Wartung ebenfalls im Blick behalten.“ Im Übrigen, Bike-Leasing für Mitarbeiter liege im Trend und sei heute schon ein für die Arbeitgeberattraktivität interessanter Baustein.
Micro Mobility: Herausforderung Unternehmensmobilität
Gleichwohl darf nicht verschwiegen werden, dass der Einsatz von Micro Mobility als Bestandteil der Unternehmensmobilität auch etliche Risiken birgt. Mark Hoelling von eScootee zieht Analogien zum Auto: „Firmenwagen und Sharing-Fahrzeuge haben eine rund dreimal so hohe Schadenswahrscheinlichkeit als rein privat genutzte Autos.“ Der BBM empfiehlt sogar ein betriebliches Nutzungsverbot für E-Scooter. „Es sind Spiel-, Spaß und Sportfahrzeuge, die wir für die betriebliche Nutzung aus Sicherheitsgründen nicht empfehlen können“, sagt Marc-Oliver Prinzing. Und der BBM-Vorstandsvorsitzende weiter: „Da sich Unfälle mit den elektrischen Tretrollern häufen, wird es immer deutlicher, dass weitere Regelungen notwendig sind. Denn die Nutzer haben im betrieblichen Kontext besondere Pflichten einzuhalten. Unfälle mit Personenschäden während der dienstlichen Nutzung können problematisch werden. Unternehmen müssen das im Blick haben.“ Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für die Daten, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Mikromobilitätsmitteln generiert werden. Die Betriebe müssten im Wortsinne sicherstellen, dass die Bewegungsmuster von E-Bike und Co. tatsächlich und zu jeder Zeit geschützt seien. Marc-Oliver Prinzing: „Die Privatsphäre und die Vertraulichkeit ist unbedingt zu gewährleisten.“
Für Ralf Weichselbaum von VW Leasing ist wiederum die größte Herausforderung bei der Einführung von Mikromobilitätsageboten, von Beginn an die konkrete Zielsetzung auf Basis von Mobilitätsprofilen und Kostenaspekten zu definieren und diese den Mitarbeitern klar und verständlich zu kommunizieren. Je besser dies gelinge, desto besser seien auch Akzeptanz und Nutzungsintensität. Eine gute interne Kommunikationskampagne könne dabei helfen, die Mitarbeiter für Mikromobilität zu begeistern.
Fazit: Insgesamt gibt es diverse Möglichkeiten, Micro-Mobility-Lösungen in bestehende Mobilitätskonzepte zu integrieren. Eine bessere Integration kann dazu beitragen, die Mobilität in städtischen Gebieten effizienter, nachhaltiger und flexibler zu gestalten. Sie erfordert von den Unternehmen jedoch zugleich auch eine sorgfältige Planung, Umsetzung und Überwachung sowie die Schaffung geeigneter organisatorischer, personeller, technischer und finanzieller Voraussetzungen. Zweifelsohne ist Mikromobilität ein wichtiger und schon jetzt nicht mehr wegzudenkender Baustein bei der Verkehrswende, der eine große Zukunft für kleine Verkehrsmittel bietet.
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