Mit großem Tamtam feierte Nio letzten Herbst in Berlin sein Deutschland-Debüt. Nach der vollelektrischen Business-Limousine ET7 kommt nun als zweites Modell das SUV EL7. Ihr hierzulande erstes SUV platzieren die Chinesen ebenfalls in der oberen Mittelklasse, und wir meinen: In vielen Punkten kann der EL7 mit dem etablierten Wettbewerb mithalten.
Nachhaltige Materialien im EL7-Interieur
Nio definiert sich als Premiumanbieter. Außen präsentiert sich der 4,91 Meter lange EL7 mit fließenden Linien und Doppelstockscheinwerfern gefällig und auf der Höhe der Zeit. Mehr Eindruck hinterließ bei uns aber das Interieur des chinesischen Elektro-SUVs.
Ok: 10,2-Zoll-Digitalinstrumente – Fun Fact: inklusive Drehzahlmesser – oder ein 12,8-Zoll-Touchscreen haben auch andere Premium-Autos. Auffallend sind aber das fließend-reduziert gestaltete Cockpit und die Materialqualität. Nio setzt auf veganes Leder und Karuun-Verkleidungen, einem aus der Rattan-Palme gewonnenen Holz aus – so Nio – biodiverser Umgebung. Wir finden: Sieht gut aus und fühlt sich gut an.
Wer den EL7 kauft, zahlt den Akku extra
Im EL7 sorgen immer ein Permanentmagnet-Elektromotor vorn (246 PS) und ein Induktions-Elektromotor hinten (410 PS) für Vortrieb. So kommt das Allrad-SUV auf insgesamt 657 PS. Auch sonst gibt es durch Vollausstattung wenig Auswahl: Von der Anhängekupplung mit bis zu zwei Tonnen Zug- und 100 Kilogramm Stützlast über das Infotainmentsystem mit dem Sprachassistenten Nomi bis hin zum Panorama-Schiebedach und dem Luftfahrwerk ist alles dabei. Nur bei den Farben innen und außen, der Rädergröße (20 oder 21 Zoll) sowie der Akku-Größe (75 oder 100 kWh brutto) gilt es zu entscheiden.
Abo, Leasing und Kauf lauten die Anschaffungsoptionen für den Nio EL7 – jeweils ausschließlich online. Im Abo mit fester Laufzeit (zwölf bis 60 Monate) gibt es das Elektro-SUV neu ab 1.092 Euro monatlich (alle Preise netto zzgl. USt.). Im flexiblen Abo (mindestens ein Monat Laufzeit) beträgt die Rate mindestens 1.403 Euro, sinkt aber mit der Zeit. Günstiger wird es für alle, die einen gebrauchten Nio abonnieren. Auch dann sind bis auf den Strom aber alle Nebenkosten inklusive.
Klassisches Full-Service-Leasing bietet Nio zusammen mit Leaseplan an, reines Finanzleasing gibt es auch über andere Gesellschaften. Zu kaufen ist der EL7 ab 62.101 Euro. Ein Schnäppchen für ein Elektro-SUV dieser Klasse? Nein, denn für den 75-kWh-Akku werden zusätzlich 10.084 Euro, für die 100-kWh-Batterie satte 17.647 Euro fällig. Auch beim Fahrzeugkauf lassen sich die Akkus leasen (142 oder 243 Euro pro Monat). Dann profitieren EL7-Kunden auch vom Umweltbonus und können die Akkus an den Wechselstationen – den Swap Stations – innerhalb weniger Minuten tauschen anstelle zu laden. Das ist beim Akku-Kauf aus eigentumsrechtlichen Gründen nicht möglich.
Überschaubare Schnellladewerte bei Nio
Allerdings: Auch Nutzerinnen und Nutzer der Swap Stations kommen derzeit wohl kaum ums Laden herum. In Deutschland sind mit Zusmarshausen und Hilden derzeit nur zwei Stationen in Betrieb, eine dritte in Berlin steht kurz vor dem Start. Bis Ende 2023 plant Nio europaweit 100 Stationen, einen Großteil davon in Deutschland.
Wer mit seinem Nio EL7 an der Ladesäule steht, wird allerdings ein bisschen Zeit einplanen müssen – auch beim Schnellladen. Sind die 11 kW im AC-Modus noch Klassenstandard, sind die Schnellladewerte im Premiumsegment alles andere als rekordverdächtig: 140 kW sind es beim kleinen und 130 kW beim großen Akku.
EL7-Fahrgefühl erfüllt Premium-Anspruch
Der EL7 bietet nicht nur viel Gepäckraum (570 bis 1.545 Liter). Auch die maximal fünf Passagiere sitzen fürstlich im SUV – auch und ganz besonders im Fond. Obwohl uns das klare Interieur-Design sehr gefällt: Bei der Bedienung sehen wir Optimierungspotenzial. Selbst Außenspiegel und Lenkrad sind nicht einfach schnell eingestellt. Die Justierung erfolgt vielmehr über die Lenkradtasten – und das auch nur nach Aktivierung im Infotainmentsystem. Manchmal ist weniger digital dann doch mehr.
Laut WLTP-Norm soll mit dem kleinen Akku bis zu 391 Kilometer Fahrt drin, mit dem großen bis zu 509. Bei 91 Prozent Akku-Füllstand zeigte unser Test-EL7 mit großem Akku 443 Kilometer an. Verbraucht haben wir laut Anzeige 18,3 kWh pro Kilometer, waren aber hauptsächlich auf dem Land und in der Stadt unterwegs sowie nur kurze Etappen auf tempolimitierten Autobahnen.
Toll: Das Fahrgefühl des EL7, das dem Premiumanspruch der Marke auf jeden Fall genügt. Das SUV liegt satt, aber nicht behäbig auf der Straße. Lenkung und Fahrwerk zeigen sich komfortabel, ohne schwammig zu wirken. Wer will, kann die Power des EL7 über die fünf Fahrmodi steigern. Im „Sport+“-Modus sprintet das Elektro-SUV in 3,9 Sekunden von null auf 100.
Besonders stolz ist Nio auf seinen Sprachassistenten Nomi. Der soll auch erkennen, ob ein Befehl vom Fahrer oder Beifahrer kommt. Das hat bei uns nicht ganz geklappt: Als wir die Temperatur nur für den Fahrer justieren wollten, arbeitete Nomi für den Beifahrer gleich mit.
Nio: Datenspeicherung in Deutschland
Wer derzeit einen individualisierten EL7 bestellt, erhält ihn in maximal fünf Monaten. Einen Starttermin für die angekündigte 150-kWh-Batterie nennt Nio noch nicht. Auch Apple Carplay oder Android Auto sind mittelfristig nicht geplant. Nio möchte vielmehr auch in diesem Punkt das Nutzerverhalten studieren und besonders beliebte Funktionen dieser Smartphone-Schnittstellen über das eigene System abbilden. Dafür beruhigt Nio alle, die sich möglicherweise fragen, wo ihre bei Fahrzeugnutzung erzeugten Daten landen: Die Server dafür stehen in Frankfurt am Main.
Technische Daten Nio EL7:
- Segment: Obere Mittelklasse
- Karosserie: SUV fünftürig
- Maße | Kofferraum: 4.912 x 1.987 x 1.720 mm | 570-1.545 l
- Elektro: 657 PS | 21,4 – 23,1 kWh | 0 g CO2 | ab 62.101 Euro plus Akku
- Max. Ladeleistung (AC/DC): 11/130 kW
- Max. Reichweite Elektro: 509 km
- Versicherung: k.A.
- Verbrauch, Emissionen und Reichweiten nach WLTP; Preise netto zzgl. USt.
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