Von Clemens Noll-Velten
Vor 38 Jahren fuhr der erste Opel Corsa an die Spitze des damals dicht besetzten Felds der Kleinwagen und machte das Rennen, ganz so wie es sein italienischer Name verspricht (Corsa: Rennen). Die sechste Generation des Corsa ist ein wichtiger Meilenstein 2020 der Marke Opel.
Nach den Modellbereinigungen der vergangenen Jahre ist der neue Opel Corsa mittlerweile das Einstiegsmodell von Opel. Zudem ist er zur meist verkauften Baureihe der Rüsselsheimer geworden. Auch in der Strategie der Marke zur umfangreichen Elektrifizierung spielt er eine bedeutsame Rolle: Er soll mit Technik des PSA-Konzerns die Elektromobilität für alle Menschen begehrenswert und selbstverständlich machen, so das Versprechen von Opel-Chef Michael Lohscheller.
Opel Corsa-e: Alles gleich und alles anders
Seit Ende März wird er als batterieelektrisch angetriebener Kleinwagen Corsa-e von den Händlern ausgeliefert, mindestens 24.000 Euro (alle Preise netto zzgl. USt.) kostet der Voll-Stromer, abzüglich der staatlichen Förderungen. Das sind bis zu 13.000 Euro mehr als das benzingetriebene Basismodell mit einer geringeren Basisausstattung. Dafür markiert der Corsa-e aber mit einer Leistung von 136 PS die Leistungsspitze im Portfolio. Bei einer Tagestour durchs Rhein-Main-Gebiet auch in Corona-Zeiten konnten wir uns die ersten praxisnahen Eindrücke erfahren.
Optisch gibt es zur konventionell angetriebenen Version des Kleinwagens kaum Unterschiede. Einzig das "e" an den B-Säulen und am Heck weisen auf die den Strombetrieb hin und natürlich der Buchstabe "E" auf dem Nummernschild. Auch innen gibt es zunächst keine Auffälligkeiten, Lenkrad, Startknopf, Pedale und die elektrische Parkbremse finden sich an ihren gewohnten Plätzen und sogar der Fahrwahlhebel entspricht dem der Corsa-Versionen mit Automatikgetriebe.
Das Raumangebot ist für alle Mitfahrer ebenfalls gleichgroß wie in den Verbrenner-Corsas, einzig das Kofferraumvolumen sinkt um bis zu 41 Liter. 267 bis 1.042 Liter bietet der Stromer, je nachdem, ob die Rücksitzlehnen aufrecht stehen oder umgeklappt sind. Platz für das Ladekabel unterhalb des Ladebodens gibt es nicht, es muss lose im Kofferraum liegen. Geschuldet ist dieser Raumverlust der Batterie, die unter Rückbank und Kofferraum eingebaut ist. Ihre 216 Zellen wiegen zusammen 345 Kilogramm und speichern 50 kWh Energie.
330 Kilometer Reichweite nach WLTP
Bei der wichtigsten Währung für E-Autos, der Batteriegröße, kann sich der auf 4,06 Meter Länge gewachsene Kleinwagen durchaus sehen lassen: Der 50-kWh-Akku erlaubt eine Reichweite im WLTP-Zyklus von 330 Kilometer.
Gleichstrom bringt mit 100 kW Leistung einen leeren Lithiumionen-Akku in flotten 30 Minuten wieder auf 80 Prozent seiner Kapazität. Mühevoll wird es dagegen an der Haushaltssteckdose. Hier vergeht eine ganze Stunde, bis Energie für zehn Kilometer Fahrtstrecke in die Batterie geflossen ist, 60 Kilometer Reichweite gewinnt der Corsa-e an einem 11-kW-Anschluss in derselben Zeit.
Die Energie-Rückgewinnung erfolgt beim E-Corsa in zwei Stufen, sie lassen sich über einen Schalter auf dem Fahrwahlhebel einstellen. Die Stufe "D" bringt eine kaum merkliche Temporeduzierung mit 0,6 m/s2. Die kräftigere Stufe „B“ bremst mit deutlich spürbaren 1,3 m/s2, das ist etwas mehr als bei einem Pkw mit manueller Schaltung, wenn die Motorbremse wirksam eingesetzt wird.
Basis Selection: 11-kW-Anschluss gegen Aufpreis
Im Preis des Basismodells Selection ist ein Ladekabel für die Haushaltssteckdose enthalten, die High-Speed-Charging Verbindung für 11-kW-Anschlüsse muss mit rund 600 Euro extra bezahlt werden. Zum Serienstandard zählen ein schlüsselloses Startsystem, elektrische Parkbremse, Klimaautomatik, Bordcomputer und ein Multimedia-System.
Bei den Assistenten sind Frontkollisionswarner, adaptiver Tempomat, Spurhaltewächter und Verkehrsschilderkennung Standard. Der Corsa-e Edition (24.000 Euro) ist serienmäßig auf 11-kW-Ladeströme ausgelegt, bei der Spitzenausstattung First Edition für 26.000 Euro kommen unter anderem Leichtmetallräder, LED-Scheinwerfer, elektrische Fensterheber vorn und hinten dazu.
Unser Fazit:
Opels erster Vollelektriker nach dem Ampera des alten Inhabers GM ist gelungen. Er bietet hohen Alltagsnutzen, eine für Ballungszentren alltagstaugliche Reichweite und eine ordentliche Portion Fahrspaß. Über die Haltbarkeit des Akkus müssen sich Fuhrparkmanager keine Sorgen machen, Opel gewährt acht Jahre Garantie auf ihn, was sich sicher beim Restwert durchaus positiv auswirken wird.
Neben der Einführung des Corsa-e und Grandland X Plug-in-Hybrid plant Opel für 2020 noch die E-Version des Vivaro und des Mokka-X-Nachfolgers. 2021 sollen zudem eine elektrisch angetriebene Variante des Combo (Transporter und Pkw) und der elektrifizierte Van Zafira Life folgen. Für den neuen Astra ist ebenfalls eine batterieelektrische Ausbaustufe geplant, die der des Corsa-e entsprechen dürfte.