Foto: Renault
Laurens van den Acker

Autonomes Fahren

Renault EZ-GO: Konferenzraum auf Rädern

In Genf erblickt ein autonom selbstfahrendes Gefährt die Welt, das mehr fahrendes Arbeitszimmer ist als Auto. Ist das die Zukunft der Dienstfahrt?

Der französische Renault Konzern zeigt auf der Automesse in Genf ein neues Concept-Car, das eine Antwort auf die weltweite Entwicklung zu immer größeren und dichter bewohnten Ballungsräumen geben will. Allerdings vollzieht sich diese Entwicklung keineswegs homogen. „In Japan oder Europa wird die Durchschnittsbevölkerung immer älter, in Afrika oder Asien gibt es immer mehr Jüngere, die sich kein eigenes Auto leisten können”, so Christan Ledoux, Chef der Mobility-Dienste von Renault. Urbanen Lifestyle, sinnvoll genutzte Reisezeit und die neueste Technik wollen aber alle. Ob in der coolen Lounge oder im effizienten Arbeitsraum.

Bequemer Einstieg, viel Gepäckraum

Der EZ-GO bietet darum auf 5,20 Metern Länge von beidem etwas: ohne Lenkung, Bremspedale oder Fahrer Eintreten lässt sich in das elektrisch angetriebene Fahrzeug äußerst bequem einsteigen. Dazu schwingt die Glaskanzel des immerhin 1,60 Meter hohen Gefährts so weit nach oben, dass auch 1,80 Meter große Passagiere bequem ohne Verrenkungen hinein kommen. Aktenkoffer, Business-Trolley oder Rollenkoffer gelangen komfortabel über eine ausfahrbare Rampe in das holzbeplankte Robo-Taxi.

Kommunikationsförderung mit Allradlenkung

Der ganz andere Zuschnitt des EZ-GO erlaubt es auch, den Innenraum radikaler zu verändern als bei allen bisherigen automobilen Konzepten. Im EZ-GO betritt der Reisende eine U-förmige Sitzgruppe mit Platz für mindestens sechs Personen, die sich innerhalb des 3,80 Metern messenden Radstands befindet. So untergebracht können sich die Passagiere mit maximal 50 km/h durch die Stadt kutschieren lassen. Und während sich die Passagiere plauderfreundlich anschauen oder durch den Ausblick durch die raumhohen Fensterfronten nach draußen oder oben genießen, zirkelt der EZ-GO dank Allradlenkung behänd durch die City.

Stephane Janin, Chefentwickler der Concept-Cars bei Renault, sieht in diesem Design eine Zukunftschance für das Auto. „Es passt damit in das Ökosystem der modernen Menschen – sie wollen ein zweites Wohnzimmer; mit dem Sofa am Panoramafenster. Befreit von den Fahraufgaben, wollen sie nicht nur wie bisher ein Taxi bestellen, in dem sie auf dem Rücksitz mehr oder minder sinnlos dem Ziel entgegendämmern. Das Fahrzeug selbst soll zum aktiven Lebensraum werden.”

Kein Futurologen-Blabla

Nicht nur die Anordnung der Sitze zeigt das. Gepäck oder Einkäufe lassen sich unter den Sitzen verstauen, so dass der Kommunikation im wahren Wortsinn nichts im Wege steht. Auf einem großen LCD-Bildschirm in Fahrtrichtung werden nach Bedarf Navigationsdaten, Sehenswürdigkeiten oder auch mal ein Film angezeigt. Der Passagier kann das über eine passende App auf seinem Smartphone mitbestimmen. Das schlaue Handy ist überhaupt die zentrale Bedieneinheit für den mattsilbernen Keil. Per App kann der Reisende seinen EZ-GO nach Hause bestellen. Oder vielmehr Yannick, Lisa oder Norbert … die einzelne Fahrzeuge haben nämlich Namen. Jedem EZ-GO-Nutzer sein persönlicher Chauffeur sozusagen.

Ohne Einengung durch Konventionen

Janins Handvoll Designer durften sich am Concept-Car austoben, weitgehend befreit von den Zwängen automobiler Serien-Regularien. Deswegen steht der 1,7 Tonnen schwere EZ-GO auch technisch auf ziemlich eigenen Füßen. Der Elektromotor hinter der silbernen Wartungsklappe im Heck treibt die vollverkleideten Hinterreifen an, die induktiv ladenden Batteriepacks - 300 Kilo schwer - werden bislang noch nirgends anders eingesetzt.

Die ganze Sensor-Palette am Start

Und auch die Steuerung für das autonome Fahren ist neu: Radar-, Lidar-, Ultraschall-Sensoren und Kameras stecken in einem Technik-Keil, der bei der Fahrt aus einer Finne am Heck des Fahrzeugs nach oben fährt. Da die Karosse wie ein umgedrehter Diamant zu allen Seiten nach unten abfällt, lässt sich aus dieser einzigen Zentrale für den Lidar-Sensor per Laser das ganze Auto überwachen und steuern. Das könnte Schule machen, wenn Renault sein Robo-Car in der ersten Hälfte des kommenden Jahrzehnts im Straßenbetrieb einsetzt.

Sicherheitskonzept noch verbessungsfähig

Und wo ist der EZ-GO noch weit von der Serie entfernt? Da sind zum Beispiel die verspielten, scharf geschnittenen Rücklicht-Elemente im zerklüfteten Heck. Keine Behörde würde aus Gründen der Crashsicherheit wohl so ein Design zulassen. Und auch, ob Sitzbänke mit reinen Zweipunktgurten die Gnade der Zulassungsbeamten weltweit finden, scheint fraglich. Seitenaufprallschutz? Da sieht es durch die großen Fenster auch nicht ganz sattelfest aus. Aber ein Concept-Car soll ja eben ein Konzept sein. Renaults EZ-GO beweist vor allem: Das Auto hat noch Zukunftschancen. (md/SP-X)

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