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Steuerrecht

Sind Arztkosten bei einem Wegeunfall steuerlich absetzbar?

Die Entfernungskilometerpauschale deckt auch bei Dienstwagennutzern sämtliche fahrzeugunabhängige Kosten, wie Unfall- und Reparaturkosten ab. Aber wie können Arbeitnehmer Behandlungskosten steuerlich geltend machen, die von der BG nicht gezahlt werden?

Von Detlef G. A. Juhrich

Für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstelle kann für jeden Arbeitstag eine fahrzeugunabhängige Pauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer geltend gemacht werden. Entweder vom Dienstwagennutzer als Werbungskosten abgezogen oder vom Arbeitgeber pauschalversteuert erstattet werden. Damit sind nach dem Willen des Gesetzgebers (Paragraf 9 Absatz 2 Satz 1 EStG) sämtliche Kosten wie Treibstoff, Parkgebühren, Wartung und Reparatur, Steuern, Versicherungen, Finanzierungsaufwand, aber auch Abschreibung und Garagenmiete abgegolten.

Unterschied: gewöhnliche und ungewöhnliche Fahrzeugkosten

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist die Formulierung des Gesetzgebers wörtlich zu nehmen. Mit der Entfernungspauschale seien sämtliche Aufwendungen abgegolten, dazu gehörten nicht nur die gewöhnlichen, sondern auch alle außergewöhnlichen Fahrzeugkosten, wie allgemeine und außergewöhnliche Reparaturen, zum Beispiel aufgrund von Falschbetankung auf dem Arbeitsweg (BFH Urteil vom 20. März 2014, Az.: VI 29/13) und Unfallkosten. Ausnahmen, so die Auffassung des Bundesfinanzhofs, gelten nur für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel (Paragraf 9, Absatz 2, Satz 2 EStG) und für Menschen mit Behinderung (Paragraf 9, Absatz 2, Satz 3 EStG).

Im Gegensatz zur Finanzverwaltung (Bundestagsdrucksache Nr. 18/8523 vom 20. Mai 2016) ist die Steuerrechtsprechung nämlich der Auffassung, dass bei strikter Auslegung des Paragrafen 9 Absatz 2 Satz 1 EStG auch Unfallkosten, die bei einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angefallen sind, mit der Entfernungspauschale abgegolten und somit nicht noch zusätzlich absetzbar sind (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar. 2016, Az.: 1 K 2078/15).

Urteil des Bundesfinanzhofes macht Hoffnung

Bei so viel Totalabgeltung ist es erfreulich, dass der Bundesfinanzhof unlängst ein Türchen geöffnet hat und unfallbedingte Aufwendungen besonderer Art noch zusätzlich zur Entfernungspauschale als steuerlich abzugsfähig anerkannt hat.

Mit Urteil vom 19. Dezember 2019 (Az.: VI R 8 /18, veröffentlicht am 26. März 2020) lässt die Finanzrechtsprechung Arztkosten, die als Folge eines Verkehrsunfalls auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstelle entstanden sind, zum Werbungskostenabzug zu und hebt damit die Entscheidung des in der Vorinstanz angerufenen Finanzgerichts Baden-Württemberg auf.

Der konkrete Fall

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitnehmerin erlitt auf der morgendlichen Fahrt von ihrer Wohnung zur ersten Tätigkeitstätte einen Autounfall. Dabei kam es nicht nur zu Blechschaden. Die Fahrerin erlitt auch schwere Verletzungen, musste ärztlich versorgt und operiert werden. Die Berufsgenossenschaft übernahm hierfür die Kosten nach den für den Sozialversicherungsträger geltenden Sätzen, entsprechend der Fallpauschale. Die darüber hinausgehenden medizinisch notwendigen Behandlungskosten in Höhe von 2.400 Euro trug die Klägerin selbst. Diese Kosten wollte sie als Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, was Finanzamt und Finanzgericht allerdings ablehnten.

Erst mit der Revision vor dem Bundesfinanzhof bekam die Klägerin Recht. In seiner Begründung unterscheidet der Senat zwischen beruflichen Mobilitätskosten, die den Aufwand für den Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstelle abdecken und anderen, auf einer beruflich veranlassten Fahrt entstandenen Aufwendungen. Zunächst wurde klargestellt, dass sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale auf sämtliche Aufwendungen bezieht, die für die Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitstelle anfallen. Der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig. Diese Typisierung diene neben der Umwelt- und verkehrspolitischen Steuerung auch der Steuervereinfachung und der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten. Allerdings, so die weitere Urteilsbegründung, erstreckt sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nur auf fahrzeug- und wegstreckenbezogene Aufwendungen.

Demgegenüber, so die weiteren Ausführungen der Urteilsbegründung, sind andere Aufwendungen, die keine beruflichen Mobilitätskosten sind, aber durch einen Unfall auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstrecke entstanden sind, nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst, denn diese fallen nicht unter die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale. Das soll auch für Aufwendungen, die der Linderung oder Heilung eines durch den Wegeunfall verursachten Körperschadens dienen, gelten. Denn diese sind weder wegstrecken- noch fahrzeugbezogen und somit nicht durch die Entfernungspauschale abgegolten.

Diese Kosten können somit neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden, da sie auf dem Arbeitsweg und somit berufsbezogen angefallen sind.

Urteil unterscheidet zwischen mobilitätsbezogenen Kosten und nicht mobilitätsbezogenen Aufwand

Das Urteil ist insofern interessant, da der Bundesfinanzhof erstmals den Wegeaufwand in mobilitätsbezogene Kosten, die mit der Entfernungspauschale abgegolten sind und nicht mobilitätsbezogenen Aufwand, der als außerordentlich angesehen wurde und somit noch zusätzlich zur Entfernungspauschale geltend gemacht werden kann, unterscheidet.

Trotz des für die Klägerin erfreulichen Ergebnisses darf nicht übersehen werden, dass die Finanzrechtsprechung an ihrer Auffassung, arbeitswegbedingte Fahrzeugunfallkosten seien mit der Entfernungspauschale abgegolten und nicht noch zusätzlich absetzbar, nach wie vor festhält.

Für die Klägerin besteht der Vorteil des vorgestellten Urteils darin, die selbst getragenen personenbedingten Wegeunfallkosten voll umfänglich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen zu können.

Andernfalls wären die selbst getragenen medizinisch notwendigen Arztkosten unter den außergewöhnlichen Belastungen zu erklären gewesen. Dort würden sich die Kosten erst nach Kürzung um eine zumutbare Eigenbelastung, die abhängig vom Einkommen und Familienstand, zwischen drei und sieben Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte beträgt, nur noch eingeschränkt bis gar nicht Steuer mindernd auswirken.

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