Von Dr. Katja Löhr-Müller
Die Nutzung von Dienstwagen im Ausland ist keine Seltenheit. Denn welcher Mitarbeiter nutzt seinen Dienstwagen im Rahmen der gestatteten Privatnutzung nicht auch für Urlaubsfahrten? Reisen ins europäische Ausland, zumindest aber in die Staaten der Europäischen Union, in den Europäischen Wirtschaftsraum (inklusive Island, Norwegen und Liechtenstein) sowie in die Schweiz werden regelmäßig von Arbeitgebern gestattet.
Ebenfalls keine Seltenheit: Nach der Rückkehr können Knöllchen oder zumindest Anhörungen wegen angeblich begangener Verkehrsordnungswidrigkeiten oder Parkverstöße beim Fuhrparkleiter landen. Was können die Konsequenzen sein, wenn sich der betroffene Dienstwagenfahrer weigert, Zahlungen zu leisten und sich das Unternehmen ebenfalls nicht verpflichtet fühlt, aktiv zu werden?
Verkehrsverstoß im Ausland: Bußgeldbescheid für die Firma
Wird nicht reagiert, erlässt die zuständige ausländische Bußgeldstelle einen Bußgeldbescheid. Adressat ist dabei häufig das Unternehmen als Fahrzeughalter und nicht etwa der Mitarbeiter. Das gilt selbst dann, wenn der Bußgeldstelle der Name des Fahrers mitgeteilt worden war.
Denn in vielen europäischen Staaten gilt die Halterhaftung auch für den fließenden Verkehr. Welcher konkrete Fahrer zu schnell war oder die rote Ampel überfahren hat, ist für die Behörde nicht so wichtig. Denn für solche Verstöße haftet dort auch der Halter.
Eine GmbH kann nicht hinterm Steuer sitzen
Bußgeldbescheide, die den fließenden Verkehr betreffen, aber gegen den Fahrzeughalter erlassen wurden, sind in Deutschland nicht vollstreckbar. Das gilt aber nur dann, wenn aus dem Bescheid ersichtlich ist, dass der Bußgeldempfänger nicht der Fahrer gewesen sein kann. So wird eine GmbH oder AG, gegen die der Bußgeldbescheid erlassen wurde, schwerlich selbst hinter dem Steuer eines Fahrzeugs sitzen können.
Bei einer Personengesellschaft ist das schon schwieriger festzustellen, wenn der Dienstwagen auf einen Gesellschafter, also eine natürliche Person zugelassen ist. Wurde hier nicht reagiert und der Behörde mitgeteilt, dass die angeschriebene Person nicht der Fahrer war, muss mit einer Vollstreckung aus dem Bescheid in Deutschland gerechnet werden.
Länderübergreifende Vollstreckung
Seit dem Jahr 2010 können Bußgeldbescheide aus der EU auch in Deutschland vollstreckt werden. Das gilt dann, wenn der Bescheid einschließlich Kosten und Gebühren 70 Euro erreicht. Für Österreich liegt die Grenze aufgrund eines gesonderten bilateralen Abkommens bei nur 25 Euro. Allerdings sind viele EU- Staaten an solchen Vollstreckungsverfahren gar nicht so sehr interessiert.
Denn selbst wenn der Betrag über den deutschen Gerichtsvollzieher eingetrieben werden konnte, erhält der EU-Staat, in dem der Verkehrsverstoß begangen wurde, diesen Betrag nicht. Das Geld bekommt vielmehr der deutsche Staat. Mit der Vollstreckung des Bußgeldbescheids in Deutschland verliert die ausländische Bußgeldstelle zudem das Recht, im eigenen Land nochmals zu kassieren, sollte das Fahrzeug oder der Fahrer wieder die Grenze überschreiten.
Unangenehme Post von Inkassobüros
Aus diesem Grund ist es in den letzten Jahren immer beliebter geworden, sogenannte Inkassobüros mit dem Eintreiben der Forderungen in Deutschland zu beauftragen. Das können Inkassounternehmen aus dem Ausland sein oder aber hier in Deutschland ansässige Büros. Nicht selten wird den Schreiben dabei ein offizielles respektive förmliches Aussehen verpasst. Gerade wenn solche Zahlungsaufforderungen aus dem Ausland kommen, ist für den Laien oft nicht sofort ersichtlich, ob ein Bußgeld oder eine zivilrechtliche Forderung geltend gemacht wird und wer tatsächlich der Forderungsinhaber ist.
Solche Inkassounternehmen haben keinerlei hoheitliche Befugnis. Sie dürfen selbst keine Verwarnungs- oder Ordnungsgelder erheben oder zwangsweise eintreiben. Also wird versucht, allein durch Zahlungsaufforderungen eine Drohkulisse aufzubauen, sodass der Empfänger freiwillig zahlt.
Wollen diese Unternehmen Forderungen zwangsweise in Deutschland durchsetzen, müssen sie den zivilrechtlichen Weg beschreiten. Sie müssen also einen Mahnbescheid und danach einen Vollstreckungsbescheid beantragen oder gleich eine Zivilklage auf Zahlung einreichen. Erst wenn dann ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel vorliegt, darf ein deutscher Gerichtsvollzieher beauftragt werden.
Teils private Forderungen
Ob auf zivilrechtlichem Weg die Forderung tatsächlich wirksam geltend gemacht werden kann, ist nicht immer einfach zu beurteilen. Das Problem: In einigen EU-Staaten sind die zugrundeliegenden Forderungen tatsächlich zivilrechtlicher Natur. So hat etwa Kroatien die Parkräume in manchen Städten privatisiert. Wer dort ohne Parkticket parkt, begeht keine Ordnungswidrigkeit, sondern schuldet Miete beziehungsweise eine Nutzungsentschädigung.
Der Fahrzeughalter kann auf privaten Parkplätzen sogar mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung belegt werden, wenn er dort nicht parken darf. In Italien sind Autobahnen privatisiert. Mautverstöße führen also ebenfalls zu privaten Forderungen und werden nicht als Bußgeld geltend gemacht.
Lange Verjährungsfristen
In jedem Fall sollte ein Fuhrparkbetreiber nicht sorglos mit solchen Aufforderungsschreiben umgehen, sondern genau prüfen, welche Konsequenzen es haben kann, wenn die geforderte Zahlung nicht geleistet wird. Liegt dem Zahlungsbegehren ein Bußgeldbescheid zugrunde und wird er nicht in Deutschland vollstreckt, bleibt dennoch ein nicht unerhebliches Risiko.
Denn in den EU-Staaten gelten zum Teil lange Verjährungsfristen. In Italien beträgt die Verjährungsfrist beispielsweise fünf Jahre. Während dieser Zeit können also beim nächsten Urlaub mit dem Dienstwagen die italienischen Behörden zuschlagen und das Fahrzeug festsetzen, bis bezahlt wird.