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Für und Wider

Telematik im Pkw-Fuhrpark: Danke, kein Bedarf

Bei der bfp-Umfrage sagen die meisten Flottenmanager, sie bräuchten solche Systeme nicht. Für Leasinggesellschaften ist die vernetzte Mobilität aber ein Schlüsselthema, das auch Fuhrparkverantwortlichen Vorteile biete.

Von Wolfgang Schäffer

Für Karsten Rösel, Geschäftsführer der Leasinggesellschaft ALD-Automotive, steht fest: "Telematik-Systeme bieten viele Möglichkeiten. Eine bedarfsgerechte Auswertung der Fahrdaten, das Analysieren des Fahrverhaltens zur Vermeidung von Schäden - lange Fahrten ohne Pausen, schnelle Beschleunigungen und Bremsvorgänge -, die Verwaltung von Wartungs- und Reparaturarbeiten sind nützliche Unterstützer bei der Fuhrparkverwaltung." Rösels Ansicht nach ist davon auszugehen, dass ab etwa 2022 alle neuen Fahrzeuge mit der vernetzten Technologie ausgestattet sind.

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Systeme liefern detaillierte Übersichten

Da das Fahrzeug sozusagen mit entsprechenden Systemen zum Kommunikationsmittelpunkt werde, bedeute dies für den Fuhrparkmanager Transparenz für seine zu betreuende Flotte. "So erhält er detaillierte Übersichten über den aktuellen Status des Fuhrparks, kann die Fahrzeuge zielgerichtet und effizient einsetzen, damit die Auslastung verbessern."

Gerade für Flottenkunden bieten sich Rösler zufolge enorme Vorteile in Telematiklösungen. Durch effizientere Abstimmungen von Routen und Fahrprofilen ließen sich insgesamt die Anzahl von Fahrzeugen reduzieren oder unproduktive Zeiten besser ausnutzen. Die Daten seien außerdem unschätzbare Grundlagen bei richtungsweisenden Veränderungen wie beispielsweise der möglichen Einführung von E-Fahrzeugen in den eigenen Flottenbestand.

Erfüllen angedachte E-Fahrzeuge die Anforderungen an die eigenen Fahrprofile? Sind die nötigen Standzeiten zur Ladung des Akkus im realen Betrieb realistisch oder würde es negative Auswirkungen auf den Geschäftsablauf geben? "Fragen wie diese sind mit Telematiksystemen zu beantworten."

Bedeutung von Telematik wird zunehmen

Unter anderem aus diesen Gründen ist auch Mattes Decker, Geschäftsführer Car Professional Fuhrparkmanagement und Beratungsgesellschaft, fest davon überzeugt, dass die Bedeutung von Telematik in den kommenden Monaten und Jahren weiter zunehmen werde. Zudem könnten administrative Aufgaben für Außendienstler wie das Führen von Fahrtenbüchern entfallen oder auch für die Abgrenzung Privat-/Dienstfahrt genutzt werden.

Decker weiß aber auch, dass das Thema Datenschutz in diesem Zusammenhang ein sensibles Thema ist. Vor allem die Möglichkeit des Arbeitgebers, den "gläsernen Mitarbeiter" zu schaffen, schrecke Arbeitnehmervertreter ab. "Unserer Erfahrung nach sollte das Thema daher konstruktiv angesprochen werden, so dass jede Seite entsprechende Berücksichtigung findet. Klar ist, dass alle Datenschutzvorgaben uneingeschränkt eingehalten werden müssen."

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Für Frank Heß, Manager Marketing Europe beim Flottenmanagement-Anbieter Ari Fleet, ist Telematik "der Schlüssel zu einer hocheffizienten Fuhrparksteuerung und eine wichtige Stellschraube für Kostenoptimierungen in einem TCO-orientierten Management". Sie beeinflusse das Fahrverhalten, senke den Energieverbrauch und verbessere die Auslastung.

"Telematik zielt in drei Dimensionen: Höhere Wirtschaftlichkeit, optimale Services, höhere Sicherheit und mehr Komfort für die Fahrer." Heß weist auf jüngere Erhebungen hin, nach denen auf gesamteuropäischer Ebene etwa 20 Prozent der Unternehmen Telematik nutzen. In Deutschland seien es weniger als zehn Prozent. Die Systeme seien vor allem bei Lkw und Nutzfahrzeugen verbreitet. Zunehmend werde aber auch der Nutzen bei Pkw im Außendienst erkannt.

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Viel Potenzial für Fuhrparkbetreiber

Matteo Carlesso, Geschäftsführer carmobility, sieht in Telematiksystemen viel Potenzial für Fuhrparkbetreiber. "Zum einen besteht die Möglichkeit zur Kostenreduzierung durch optimierte Fahrzeugnutzungen. Langsteher können identifiziert und besser verplant werden. Unökonomisches Fahrverhalten kann erkannt und vermieden werden." Im Vergleich zur herkömmlichen Fahrzeugverwaltung lasse sich insgesamt die Produktivität der Flotte erhöhen, ist Carlesso überzeugt.

Die Datenschutzanforderungen bezeichnet Carlesso als enorme Chance. "Denn sie schaffen Vertrauen in unsere Produkte und Prozesse. Unser Produkt Fleet-Connected ist zum Beispiel im Hinblick auf den Daten-Detailierungsgrad skalierbar und kann so den individuellen Erwartungen der jeweiligen Fuhrparkbetreiber angepasst werden. Und selbstverständlich werden Privatfahrten erst gar nicht erfasst."

Interessen der Mitarbeiter wahren

Beim Einsatz von Telematik ist nach Ansicht von Christian Schüßler, Commercial Director beim Leasing-Anbieter Arval Deutschland, eine dezidierte und transparente Kommunikation entscheidend. "Welche Daten werden aus welchem Grund ermittelt? Bei unserer hauseigenen Lösung Arval Active Link werden die Fahrer über alle gesammelten Daten informiert und haben Zugriff auf Daten und Meldungen. Zudem erfolgt eine klare Trennung zwischen Dienst- und Privatfahrten, wobei letztere nur für den Fahrer und nicht für den Flottenmanager sichtbar sind. Bei Poolfahrzeugen kann die GPS Positionsübermittlung in Echtzeit vom Fahrer jederzeit deaktiviert werden."

Aus Datenschutzgründen gebe es das System in unterschiedlichen Ausbau- und Berechtigungsmodulen, damit Fuhrparkmanager so viele Daten wie nötig, aber so wenig wie möglich sammeln könnten. "Die Anwendungsmöglichkeiten von Telematik reichen von einer allgemeinen Auswertung der Flottenleistung über die detaillierte Aufschlüsselung von Dienst- und Privatfahrten (digitales Fahrtenbuch). Auch die Zuordnung von Fahrerinformationen zu Pool-Fahrzeugen oder eine Streckenauswertung in Echtzeit sind realisierbar. So kann beispielsweise ein Poolfahrzeug während des Tages maximal ausgelastet werden."

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Es geht auch per Mobiltelefon

Flottenmanager haben eine etwas andere Sicht auf das Thema Telematik, wie Nachfragen von bfp zeigen. Christian von Glasner, Fuhrparkleiter bei der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) in Stuttgart, betont, da die Flotte von klassischen Außendienstlern genutzt werde, seien Telematiksysteme unnötig. "Wir brauchen das nicht."

Ähnlich äußert sich Sabine Zoche von der Weber Maschinentechnik GmbH in Bad Laasphe. "Bei uns ist alles gut getaktet. Die Abläufe sind entsprechend abgestimmt. Sollte es dennoch mal notwendig sein, einen unserer Außendienstmitarbeiter zu erreichen, machen wir das über das Mobiltelefon."

Stephan Moschner von Goldbeck Nord in Bielefeld bringt es auf den Punkt: "Telematik brauchen wir nicht, wollen wir nicht. Die Mitarbeiter fahren überwiegend zu einem Kunden und wieder zurück. Da würde sich Telematik nicht rechnen, nur unnötig Geld kosten."

Sein Kollege Patrik Siegel ergänzt: "Wir haben mal über den Einsatz von Telematik bei den Dienstwagen nachgedacht, um unter anderem einen besseren Überblick über Kilometerleistung und Verbräuche in Bezug auf die tatsächlich gefahrenen Strecken zu bekommen. Über solche Daten wäre es beispielsweise einfacher zu ermitteln, inwiefern sich Elektromobilität für uns eignen würde. Die Einführung wurde seinerzeit aber vom Betriebsrat abgelehnt, um den Auflagen des Datenschutzes gerecht zu werden."

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Auflagen des Datenschutzes gerecht werden

Das Thema Betriebsrat bringt auch Thomas Nayes, Alsco Berufskleidungs-Service GmbH in Köln, zur Sprache: "Wir hatten die Überlegung, eine Trackinglösung einzubauen, um die tatsächlichen Servicezeiten vor Ort hinsichtlich der Rechnungsstellung beim Kunden besser kalkulieren zu können. Die Stoppzeit sollte ja irgendwie zum Umfang der Lieferung und der Dienstleistung passen. Jedoch wurde der Vorschlag von Seiten des Betriebsrates abgelehnt, da er in einer festeingebauten Lösung eine unverhältnismäßige Leistungsbeurteilung gesehen hat."

Bei der Hosch-Fördertechnik GmbH in Recklinghausen indessen werden nun sämtliche Fahrzeuge mit Trackingsystemen ausgerüstet. "Den Vorteil sehen wir darin, dass wir eine kilometergenaue Abrechnung durchführen können. Zudem lassen sich Aufträge schneller abwickeln. Natürlich waren die Mitarbeiter anfangs misstrauisch und fürchteten mehr Kontrolle. Doch unsere Rechtsabteilung hat alles so veranlasst, dass es keine Probleme mit dem Datenschutz gibt", erklärt Brigitte Tillmann.

Telematik bei großen Fuhrparks ein Führungsthema

Wolfgang Schmid, Sales Director bei TomTom Telematics, sagt, entsprechende Systeme seien heute bei jeder größeren Spedition längst ein Führungsthema. Aber auch kleinere Unternehmen könnten von einem Einstieg in die Telematik profitieren. "Nehmen wir einfach mal den boomenden KEP-Bereich. Hier kann es für das jeweilige Unternehmen schon interessant sein, einen Ölmangel und drohenden Motorschaden mittels Telematik gemeldet zu bekommen, der sonst in der Hektik dieses extrem terminsensiblen Geschäfts vergessen werden könnte."

Den Reiz eines cleveren Telematiksystems mache aus, Daten nicht nur zu erfassen, sondern auch fachgerecht auszuwerten und dem Kunden konkrete Handlungsempfehlungen zu geben. Ein weiterer Vorteil sei die Vernetzung der Fuhrparkdaten mit Software von Drittanbietern.

Telematik könne jeglichen Unternehmen mit mobilen Mitarbeitern Vorteile bringen, sagt Schmid. "Bei der Unternehmensgröße beispielsweise reicht die Palette unserer Kunden von Einzelunternehmen mit einer Fahrtenbuchlösung bis hin zu sehr namhaften DAX-Unternehmen." (Sabine Neumann/Wolfgang Schäffer)

Andrea Baumgart, Gruppenleiterin Zentrale Dienste und Fuhrpark beim Ruhrverband, verwaltet einen gemischten Fuhrpark, der zu etwa zehn Prozent aus Leasingfahrzeugen besteht – Tendenz steigend.

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