Die Corona-Krise, Probleme bei den Lieferketten, steigende Erzeugerpreise und der Ukraine-Krieg – die Faktoren, welche den Markt für Transporter beeinflussen, sind verheerend. Nach einer langen Phase des Mangels rücken zumindest Pkw wieder bei den Kunden an; die Zulassungen erholen sich langsam. Doch Transporter bleiben weiter eine viel gefragte Mangelware, die Lieferzeiten bleiben hoch. Mit einem Minus von 3,2 Prozent ist nur eine leichte Erholung zu erkennen.
Transporter-Lieferzeiten von einem Jahr keine Seltenheit
Dass diese in vielen Werkshallen keineswegs angekommen ist, zeigt ein Blick auf die Lieferzeiten von typischen Transportern. Wer sich aktuell für einen VW Crafter interessiert, wartet im Schnitt zwölf Monate auf sein Fahrzeug, der e-Crafter ist aktuell gar nicht mehr bestellbar. Ähnlich sieht es auch bei Daimler aus: Sprinter-Kunden warten im Schnitt acht bis zehn Monate auf ihr Fahrzeug. Zeitweise wurden Transporter zwischengelagert, weil die Chips fehlten. Die Aufarbeitung der Flaute wird also noch einige Zeit dauern und von logistischen Sondereffekten in der Produktion geprägt sein. Auch die gestiegenen Energiekosten verschlimmern die Lage.
Auch Ford in Köln sowie die reinen Importeure können aktuell bei leichten Nutzfahrzeugen kaum behilflich sein: Der Ford Transit und der Transit Custom lassen beide acht bis zehn Monate auf sich warten; wer sich für den elektrischen E-Transit entscheidet, bekommt ihn nach einem halben Jahr. Große Transporter können nicht einmal mehr die Italiener heranbringen: Der frisch modellgepflegte und beliebte Fiat Ducato kann als Diesel in Rüsselsheim derzeit nicht mehr bestellt werden. Als elektrische Variante ist der Transporter hingegen schon nach drei bis vier Monaten beim Kunden. Doblo Cargo und E-Scudo brauchen im Schnitt ein halbes Jahr. Nicht besser sieht es bei Schwestermodellen der Allianzen aus: Mercedes Citan und Nissan Townstar sind als Transporter aktuell kaum zu bekommen, die Verkaufsstarts für E-Varianten sind weit in das Jahr 2023 gelegt worden.
Gebrauchte Transporter sind nun teurer und seltener
Zudem haben die Preise zuletzt stark angezogen. Alle Hersteller korrigieren ihre Preise schon seit 2021 um zweistellige Prozentpunkte nach oben. Mit den Aufschlägen für Neufahrzeuge steigt im Umkehrschluss auch der Werterhalt junger Transporter an. So wundern sich geneigte Käufer von wenig gebrauchten, leichten Nutzfahrzeugen nicht schlecht über die vielen Nummern auf dem Preisschild. Wer jetzt dringend einen Transporter braucht, findet auf dem Gebrauchtmarkt noch Angebote. Junge Transporter halten sich nah am Neupreisniveau oder gar darüber. Laut der Online-Plattform Autoscout24 lag der Gebrauchtwagenpreis im September 2022 um 17 Prozent über dem des Vorjahresmonats. Transporter sind aufgrund des Camping-Booms davon teils stärker betroffen.
Das ist zwar ärgerlich, muss Käufer aber nicht unbedingt abschrecken, wenn sie die Liefersituation etwas vorausdenken: Transporter mit moderner Abgasnorm werden in den nächsten Jahren rar gesät sein, sie bleiben deshalb auch auf längere Sicht für Gebrauchtkäufer attraktiv. Der Fahrzeugmangel, der in zwei Jahren entstanden ist, wird von der Branche perspektivisch nicht abgefedert, ein Überangebot an Transportern erscheint bis 2025 unwahrscheinlich. Auch deshalb, weil der Online-Versandhandel noch Wachstumspotenzial hat und die erhöhte Nachfrage mit bestimmt. Hinzu kommt, dass ältere Transporter-Generationen immer mehr aus den Innenstädten ausgeschlossen werden und der Umstieg auf Modelle mit moderner Abgasreinigungstechnologie oder E-Antrieb notwendig wird.
Transportergeschäft ist für die Hersteller kein Goldesel
Ein Grund für die verfahrene Situation mit Transportern sind auch die geringen Margen, die das Geschäft mit sich bringt. Die Hersteller legen seit Jahrzehnten ihre Entwicklungen und Produktionen in Allianzen zusammen, um das Nutzfahrzeugsegment profitabel zu halten. Das Geschäft wird mit Assistenzsystemen, Infotainment und neuen Komfort-Extras seit Jahren schon auf Anabolika gesetzt, um Margen zu erreichen, die dem Kompaktwagen-Segment gleichkommen. In einer Ausnahmesituation, die sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt, rücken Unternehmensbilanzen in den Vordergrund, die sich die Hersteller vor allem mit margenträchtigen E-Fahrzeugen und dem Luxus-Segment aufpolieren. Kleinwagen, Kompaktwagen sowie Transporter werden demnach weiter hinten anstehen.
Perspektivisch wird sich der Markt weiter erholen, das muss aber nicht für alle Segmente gleichermaßen gelten. Der Chipmangel, erzeugt durch Probleme bei den Lieferketten, hohe Erzeuger- und Transportpreise sowie unklare politische Rahmenbedingungen in Europa, wird die Hersteller weiter auf Trab halten. Wer also einen Transporter braucht, sollte ihn – so weit möglich – jetzt bestellen. Die Nutzung von Mietfahrzeugen kann nur in wenigen Branchen eine echte Alternative sein, besonders jetzt, wo auch dort ein Mangel an Transportern herrscht und die Preise für Mieten stark nach oben korrigiert wurden.
Wer Transporter braucht, sollte jetzt kaufen
Also: Hingelangt, wo es etwas zu bekommen gibt. Günstiger werden Transporter vorerst nicht, und schneller kommen die rollenden Transportkästen auch nicht zum Händler. Trotz der hohen Neu- und Gebrauchtpreise muss man also – fast schon ironisch – resümieren: Wer einen Transporter braucht, sollte damit nicht warten. Eine Nachfragekrise, wie wir sie ab Q1 2023 für den privaten Pkw-Markt vermuten, ist im Nutzfahrzeugsegment eher unwahrscheinlich, da der Fahrzeugmangel hier überproportional ist und Transporter für Unternehmen in der Regel unverzichtbar sind. In Anbetracht der Lieferzeiten kommen ringende Hände am Gebrauchtmarkt kaum vorbei.
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