Michael Schmitz, Leiter Vertrieb an Großkunden bei Volkswagen Nutzfahrzeuge
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Michael Schmitz, Leiter Vertrieb an Großkunden bei Volkswagen Nutzfahrzeuge

Inhaltsverzeichnis

bfp-Interview

VWN zu Lieferzeiten: „Entspannung nicht vor 2024“

Michael Schmitz, neuer Großkundenchef bei Volkswagen Nutzfahrzeuge, über die E-Mobilität, Lieferzeiten und die Preisentwicklung.

Seit Anfang September verantwortet Michael Schmitz den Vertrieb an Großkunden bei Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN). Mit Multivan und ID.Buzz befinden sich die Hannoveraner derzeit mitten in einer Modelloffensive. Was der Schritt zur E-Mobilität für die Marke bedeutet und wie sich Lieferfristen und Preise bei VWN entwickeln, erklärt Schmitz im Gespräch mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT.

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2030 mehr als die Hälfte aller VWN-Auslieferungen in Europa elektrisch

Herr Schmitz, welchen strategischen Rahmen planen Sie auf mittlere Sicht für das Großkundengeschäft von Volkswagen Nutzfahrzeuge?

Michael Schmitz: Bei Volkswagen Nutzfahrzeuge zahlen wir mit unserer „Grip 2030“-Strategie auf die „New Auto“-Konzernstrategie ein. Und in der spielt bekanntermaßen das Thema E-Mobilität eine wichtige Rolle. Für uns heißt das beispielsweise, dass 2030 mehr als 55 Prozent aller von uns in Europa ausgelieferten Fahrzeuge rein elektrisch sein sollen.

Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Kundenansprache und -betreuung?

Schmitz: Mit der Elektrifizierung der Flotten hält eine neue Antriebsart Einzug in die Fahrzeuge und damit ganz neue Themen für die Unternehmen. Die Produkte sind in Teilen erklärungsbedürftiger als konventionell betriebene Fahrzeuge, gerade das Thema Laden bietet weiterhin Herausforderungen. Hier geht es nicht nur um die Ladehardware an sich, sondern auch um das Lademanagement oder die Ladeabrechnung. Komplexe Themen also, zu denen wir unsere Kundinnen und Kunden gut beraten und ihnen entsprechende Lösungskonzepte anbieten müssen und werden.

E-Mobilität: Unterschiedliche Nutzungsprofile gewerblicher Kunden berücksichtigen

Welche Konzepte können das konkret sein?

Schmitz: Da müssen wir gar nicht weit in die Zukunft schauen. Zum Beispiel können wir über unsere Konzern-Tochter Elli bereits heute sämtliche Services rund um das Laden von Elektroautos anbieten. Dabei können wir auch Themen berücksichtigen, die für gewerbliche Zielgruppen besonders wichtig sind: zum Beispiel die getrennte Abrechnung privater und dienstlicher Ladevorgänge an der Wallbox zu Hause. Aber selbstverständlich werden wir unser Beratungsangebot auch auf künftige, heute vielleicht noch gar nicht bekannte Bedarfe hin anpassen.

Bieten Sie in diesem Zusammenhang Services speziell für Nutzfahrzeug-Kundinnen und -Kunden an?

Schmitz: Spezielle Services nicht, aber wir berücksichtigen bei unserer Beratung immer die individuellen Fahr- und Nutzungsprofile. Und die fallen nicht nur zwischen Pkw- und Nutzfahrzeugkunden, sondern auch innerhalb der gewerblichen Zielgruppen unterschiedlich aus. Gerade in Nutzfahrzeug-Flotten ist es ja oft der Fall, dass sie geplante Standzeiten haben, in denen die Fahrzeuge am Betrieb geladen werden können. Solche Fakten fließen natürlich ebenfalls in unsere Empfehlungen für geeignete Ladekonzepte ein.

E-Mobilität in allen Nutzfahrzeugbereichen immer wichtiger

Wer sollte aus Ihrer Sicht besonders über den Einsatz von Elektro-Transportern nachdenken?

Schmitz: Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass vollelektrische Nutzfahrzeuge heute in erster Linie für regional tätige Gewerbetreibende interessant sind oder für festgelegte Hub-to-Hub-Transporte. Für alle Zielgruppen, die täglich längere, variierende Strecken absolvieren müssen, ist der Verbrenner derzeit noch erste Wahl. Und entsprechende Motorisierungen werden wir für diesen Einsatzzweck auch weiterhin anbieten. Allerdings: Branchenübergreifend verpflichten sich immer mehr Unternehmen zur Dekarbonisierung ihrer Aktivitäten. Deshalb wird das Thema E-Mobilität in allen Nutzfahrzeugbereichen eine immer wichtigere Rolle spielen.

Anhängelast und Zuladung rein elektrischer Nutzfahrzeuge, für viele Branchen wesentliche Kriterien, sind aber oft noch eingeschränkt.

Schmitz: Da haben Sie sicherlich recht, was einen Teil der aktuellen Palette rein elektrischer Nutzfahrzeuge angeht. Aber für die Zukunft sind das Punkte, die sich mit dem technischen Fortschritt entwickeln werden. Und viele Vorteile spielt die Elektromobilität schon heute aus.

Aus- und Umbauten für den VW ID.Buzz

Sie bieten den ID.Buzz nicht nur als Pkw, sondern auch als Kastenwagen an. Wie begegnen Sie dem Bedarf an Ausbaulösungen für Ihren E-Transporter?

Schmitz: Auch für den ID.Buzz gilt: Das Angebot vielfältiger Ausbaulösungen ist das A und O für ein erfolgreiches Transportergeschäft. Deshalb sind wir mit unseren Kunden im engen Austausch, was ihre Anforderungen an Ausbauten für den ID.Buzz angeht. Erste Studien und Ergebnisse haben wir bereits auf der IAA in Hannover präsentiert, darunter ein Miele-Servicefahrzeug oder ein Kofferaufbau. Wir arbeiten mit den etablierten Aus- und Umbauern zusammen, die ihre Lösungen für den ID.Buzz auf der IAA ja auch auf ihren eigenen Ständen schon vorgestellt haben.

Welche weiteren Branchenlösungen sind neben den klassischen Regalausbauten für den ID.Buzz zu erwarten?

Schmitz: Wir arbeiten an verschiedensten Individualisierungs-Lösungen für den ID.Buzz, auch über die von Ihnen genannten Standard-Ausbauten hinaus. Wie gesagt: Das Angebot passender Aus- und Umbauten ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für uns, weshalb wir und unsere Partner bei der Entwicklung dieser Lösungen natürlich alle relevanten Branchen im Blick haben.

Langer VW ID.Buzz, elektrischer Transporter-Nachfolger

Welche weiteren Varianten des ID.Buzz können wir erwarten?

Schmitz: Was wir heute bereits bestätigen können, ist der ID.Buzz mit langem Radstand. Und zwar sowohl für den ID.Buzz Pro, also die Pkw-Variante, als auch für den ID.Buzz Cargo. Der lange ID.Buzz Pro wird auch mit sieben Sitzen verfügbar sein. Diese Version wird dann auch in den USA durch Volkswagen verkauft werden. Beim ID.Buzz Cargo sind mit dem langen Radstand dann natürlich noch weitere Umbauvarianten denkbar.

Wird es neben dem E-Crafter und dem ID.Buzz auch den zusammen mit Ford entwickelten Nachfolger des Transporter T6.1 vollelektrisch geben?

Schmitz: Ihre Premiere feiert die neue Modellgeneration des Transporter 2024. Und ja, den Nachfolger des Transporter T6.1 werden wir auch vollelektrisch anbieten. Wann wir welche Motorisierung präsentieren und in die Märkte einführen werden, kann ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten.

Weiter gute Resonanz auf Erdgasantrieb

Der Multivan steht erstmals auf einer Pkw-Plattform, der MQB-Architektur. Betrachten die Kundinnen und Kunden das Auto dennoch als legitimen Multivan-Nachfolger?

Schmitz: Die Kunden haben das Fahrzeug angenommen, auf jeden Fall. Und zwar ganz klar als Multivan! Der hohe Auftragsbestand ist da für uns der ganz klare Beleg. Und die neue Plattform ist ja auch mit vielen Vorteilen für den Alltagsnutzen verbunden: Wir haben ihn jetzt auch als Hybrid-Version im Angebot. Und durch die geringere Fahrzeughöhe lassen sich zum Beispiel deutlich mehr Tiefgaragen und Parkhäuser anfahren als bisher.

Den neuen Caddy bieten Sie künftig auch als Erdgasfahrzeug an. Damit setzen Sie auf ein Segment, aus dem sich Ihre Konzernschwester Skoda kürzlich komplett zurückgezogen hat.

Schmitz: Für Volkswagen Nutzfahrzeuge kann ich sagen: Erdgasmotoren sind ein sehr effizienter Antrieb, für den sich viele unserer Kunden weiterhin begeistern können. Ohne dieses Marktpotenzial hätten wir den Caddy TGI sicherlich nicht neu aufgelegt.

Neuer VW Amarok: Elektrifizierung in Prüfung

Welche Erwartungen haben Sie an den neuen Amarok? Volkswagen Nutzfahrzeuge ist ja einer der wenigen Hersteller, der – in Kooperation mit Ford – in Europa überhaupt noch im Pick-up-Markt aktiv ist.

Schmitz: Gerade im Gewerbekundenmarkt ist die Relevanz von Pick-ups nicht zu unterschätzen. Auch hier sehen wir entsprechendes Potenzial, zum Beispiel bei Garten- und Landschaftsbaubetrieben, die ein praktisches Zugfahrzeug suchen, oder auch bei Elektrikern, für die ein Pick-up das optimale Fahrzeug zum Transport ihrer Kabeltrommeln darstellt.

Welche Amarok-Varianten haben Sie mittelfristig geplant?

Schmitz: In Deutschland wird der Amarok im Frühjahr 2023 bei den Händlern stehen. Zunächst mit Diesel-Motorisierungen; ob wir das Portfolio darüber hinaus auch elektrifizieren, prüfen wir derzeit noch. Fest steht darüber hinaus aber, dass wir den Amarok in Europa ausschließlich als Doppelkabine mit vier Türen anbieten werden.

Bis zu zwölf Monate Lieferzeit

Bitte noch ein paar Worte zur Liefersituation. Gibt es derzeit Einschränkungen bei der Bestellbarkeit?

Schmitz: Sicher gibt es temporär einige Herausforderungen, aber prinzipiell sind unsere Fahrzeuge weiterhin mit allen Motorisierungen und Ausstattungsoptionen bestellbar. Was uns aber, wie andere Hersteller auch, vor immense Herausforderungen stellt, ist die Lieferkette. Diese Situation führt leider dazu, dass Kundinnen und Kunden bei uns derzeit bis zu zwölf Monate auf ihr neues Fahrzeug warten müssen.

Das gilt auch für weiße Standardkästen?

Schmitz: Für diese Fahrzeuge sind die Lieferzeiten im Einzelfall möglicherweise etwas kürzer. Denn natürlich gilt auch bei uns: Je mehr Technik im Fahrzeug verbaut ist, desto mehr Halbleiter sind notwendig und desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit verzögerter Auslieferungen. Trotz einer Taskforce, die an der Lösung der Probleme arbeitet, sind auch wir weiterhin von den Herausforderungen betroffen, die aus der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine resultieren.

Für wann erwarten Sie eine Entspannung der Lieferzeiten-Situation?

Schmitz: Die langen Lieferzeiten sind die ja auch das Ergebnis eines sehr hohen Auftragsbestands. Den gilt es zunächst abzuarbeiten, weshalb ich mir eine echte Entspannung der Situation vor 2024 nur schwer vorstellen kann. Vorausgesetzt, zu den bekannten globalen Herausforderungen kommen keine neuen hinzu.

Preissteigerungen nicht vollständig kompensierbar

Welche Konsequenzen hat die derzeitige Liefersituation in Kombination mit der global-ökonomischen Entwicklung für Ihre Preisentwicklung?

Schmitz: Die allgemein deutlich erhöhte Inflation trifft uns direkt, wenn es um den Materialeinkauf geht. Auch wenn wir an dieser Stelle mittlerweile eine leichte Beruhigung der Märkte erkennen, werden wir diese Preissteigerungen nicht vollständig kompensieren können und sie teilweise an die Kundinnen und Kunden weitergeben müssen.

Werden Sie vor diesem Hintergrund Ihre Preis- und Rabattmodelle für gewerbliche Kunden anpassen?

Schmitz: Die Grundsystematik haben wir nicht verändert, nein. Im Falle individueller Angebote kann das aber durchaus der Fall sein. Weil das Thema Leasing für uns in dieser Kundengruppe besonders relevant ist, sind wir hier immer in enger Abstimmung mit Volkswagen Financial Services.

Herr Schmitz, herzlichen Dank für das Gespräch.

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