Lieferschwierigkeiten der Hersteller und ihre Auswirkungen auf die Unternehmensmobilität – nicht nur auf dem bfp FORUM 2022 ein vieldiskutiertes Thema und deshalb Motto für einen weiteren Panel Talk. In dieser Talkrunde kristallisierten sich die Diskrepanzen zwischen Herstellern, Dienstleistern und vor allem Fuhrparkverantwortlichen deutlich heraus. Insbesondere die Flottenverantwortlichen äußerten in Hannover klar und unumwunden ihre Sorgen und Nöte.
„Nur noch Krisenbewältigung“
„Ich habe mich vom Fuhrpark- zum Krisenmanager gewandelt. Ich durchlebe die Branchenkrise schlechthin, und zwar seit rund eineinhalb Jahren“, sagte zum Beispiel Hardy Sagelsdorff, Fuhrparkverantwortlicher in der Direktion Personal / Compensation & Benefits bei Total Energies Marketing Deutschland. „Wenn Rahmenverträge nicht eingehalten werden, haben auch wir ein elementares Glaubwürdigkeitsproblem.“ Und fügte hinzu: „Im Prinzip ist nur noch der Händler da, der versucht, die Kohlen aus dem Feuer zu holen.“
Ähnlich äußerte sich in Hannover Sylvia Simons, Unit Managerin Fuhrpark bei DBS. „Unser Job besteht zurzeit einzig aus Krisenbewältigung“, so die Fuhrparkmanagerin. Ob Fuhrparkmanager noch neue Winterreifen ordern sollten oder gar Fragen nach Rückgabe- oder Auslieferterminen von Fahrzeugen ließen sich nicht seriös beantworten. „Liefertermine vom Hersteller sind nicht belastbar, Auftragsbestätigungen im Grunde genommen obsolet und nicht verwertbar“, so Simons. Besonders der kurzfristige Fahrzeugbedarf brenne ihr unter den Nägeln, betonte sie und fragte: „Es sind einfach keine Autos da. Wie sollen wir überbrücken, wenn wir 12 oder 14 Monate warten müssen?“ Insgesamt wünscht sie sich mehr Transparenz und klarere Infos zum Thema Lieferzeiten.
Mangelsituation bis 2023 oder 2024
Letztlich sind es also die Fuhrparkverantwortlichen, die die Misere aus Chipmangel, Materialengpass und Lieferschwierigkeiten auszubaden haben. Auch wenn die Industrie sicherlich ebenso gebeutelt sei und sich gewiss spürbar bessere Arbeits- und Produktionsbedingungen wünsche, bleiben die Konsequenzen an den Fuhrparkverantwortlichen hängen.
Mit WLTP-Umstellung, der Corona-Pandemie, dem Halbleitermangel und dem Krieg in der Ukraine zählte Ralf Weichselbaum, Vertriebsleiter von Volkswagen Financial Services, die wesentlichen Krisenfaktoren der letzten beiden Jahre und damit die Gründe für den Fahrzeugmangel auf. Und wies darauf hin, dass die allgemeinen Preissteigerungen auch bei Fahrzeugkauf und -leasing höhere Tarife mit sich bringen. Weichselbaum unterstrich vor diesem Hintergrund aber auch: „Wir müssen trotzdem dafür sorgen, dass die Marktkonditionen attraktiv bleiben und müssen lösungsorientiert vorgehen, auch wenn es dafür keinen Masterplan unter dem Gebot der Mobilitätsabsicherung gibt.“ Hoffnung, dass sich die Situation kurzfristig verbessert, machte er nicht: „Der Mangel wird noch bis tief ins nächste Jahr hineinreichen.“
Damit teilte er das Meinungsbild, das das Podium für die nahe Zukunft unisono teilte. Der Ausblick bleibe trübe, eine Entspannung der Lage sei eher mittelfristig zu erwarten. So sieht es auch Maciej Czarnecki, Division Manager Mobility Services & Procurement bei Leaseplan: „Die Situation bleibt mindestens noch bis Mitte nächsten Jahres unverändert, die Übergangsphase wird bis 2024 hinein andauern.“ Auch Leaseplan als unabhängige Leasinggesellschaft stehe vor großen Herausforderungen: „Wir müssen um jedes einzelne Auto kämpfen“, so Czarnecki. „Unser aller Problem ist die hohe Nachfrage, das geringe Angebot und dazu kaum Lösungen, um die schwere Zeit zu überbrücken.“ Außerdem änderten sich die Informationen von Woche zu Woche.
„Lkw für acht Autos? Manchmal ein Glücksspiel“
Dass die Branche grundsätzlich miteinander verbunden sei, betonte Hyundai-Deutschland-Geschäftsführer Jürgen Keller: „Wir leben in einer Zeit mit einer enormen Transformationsdynamik und großen Herausforderungen. Dabei sitzen alle Beteiligten in einem Boot.“ Konkret mit Blick auf das Thema Lieferverzögerungen wies er auch auf die Herausforderungen der Hersteller und Importeure hin: „Auch wir verspüren ordentlich Gegenwind“, so Keller und nannte als Beispiel: „Nicht nur die Produktionsbedingungen, sondern auch die Logistik ist viel schwieriger geworden. Etwas Simples wie einen Lkw zu bekommen, der acht Autos transportiert, kann manchmal schon ein Glücksspiel sein.“