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Inhaltsverzeichnis

Best Practice internationales Fuhrparkmanagement

„Wir hätten mehr Unterstützung erwartet“

Auslands-Fuhrparks entstehen oft lokal und die Anzahl der Fahrzeuge und der Grad der Professionalisierung variiert deutlich. Diese Erfahrungen haben Fuhrparkmanager gemacht.

Axel Schäfer vom deutschen Bundesverband Betriebliche Mobilität und Sprecher der Fleet and Mobility Management Federation Europe (FMFE) sieht es so: „Viele Anforderungen und Problemstellungen sind europaweit identisch. Das ist nicht nur im betriebswirtschaftlichen Bereich der Fall, sondern auch bei Themen, die eine gesellschaftspolitische Dimension haben, wie die Entwicklung hin zu alternativen Antriebsarten und Mobilitätslösungen.“ Nur alles ist sicherlich nicht zu übertragen und es gibt die ein oder andere Überraschung.

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„Im Reiseverkehr fühlt sich Europa oft grenzenlos an. Bei unserem Job können sich ab und an auch Gräben auftun“, meint Sylvia Simons, Unit Managerin Fuhrpark Management bei dbs Delta Business Service, die mit einem dreiköpfigen Team das komplette Fuhrparkmanagement für den Konzern verantwortet und umsetzt. Als sie den Fuhrpark mit 800 Fahrzeugen 2017 übernommen hat, gab es noch keine internationale Steuerung. Es fing alles langsam und mit „Learning by doing“ an. „Zunächst haben wir versucht, nationale Strukturen auf das internationale Geschäft zu übertragen, was sich relativ schnell als brotlose Kunst erwiesen hat. Es war so einfach nicht möglich“, erinnert sich Simons. Also hieß es netzwerken, Veranstaltungen besuchen, Verbände ansprechen etc. „Dazu sind Netzwerkveranstaltungen wie das bfp-FORUM natürlich Gold wert. Da eröffnen sich Möglichkeiten, sich mit Menschen mit gleichen Anforderungen zusammenzuschließen und sich auszutauschen, um sich gegenseitig dann auch zu inspirieren und weiterzuhelfen. Ich glaube, dass das tatsächlich einer der Hauptschlüssel zum Erfolg der Branche ist“, so die Fuhrparkverantwortliche. Heute betreut sie rund 1.000 Fahrzeuge in fünf Ländern, aus Deutschland, Frankreich, Niederlande, Polen und Österreich.

Steffen Krautwasser, Head of Global Car Fleet von SAP, war von Anfang an klar, dass die Zentralisierung des internationalen Fuhrparkmanagements bei SAP kein kurzes Projekt von wenigen Monaten sein wird. „Wir haben nach anderthalb Jahren erste Erfolge und sind auf einem guten Weg. Nach wie vor sind wir überzeugt, dass das ein wichtiger und richtiger Schritt ist“, so Krautwasser. Sehr früh haben die Verantwortlichen mit versierten Beratern und Experten zusammengearbeitet. Aber warum sollte es zentral gesteuert werden? „Hintergrund dessen ist relativ einfach und banal: Wir erwarten uns Kosteneinsparungen und Skaleneffekte durch Standards und strategische Partner. Aber auch eine einfachere Steuerung, wenn wir konkrete Vorgaben machen“, so der SAP-Manager weiter. Ziel ist es beispielsweise, die auf Nachhaltigkeitszielen basierenden Vorgaben auch leichter selbst in die Länder ausrollen zu können.

Jetzt holt Krautwasser sich die Verantwortung in ein zentrales Team und löst sie ein Stück weit aus den Landesverantwortungen heraus. „Wir haben Fuhrparks in über 30 Ländern mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Auch die Bedingungen sind lokal vorgegeben worden. Und wir haben die Entscheidung getroffen, das zu ändern. Wir möchten das vereinheitlichen, standardisieren und damit auch zentralisieren.“ Das zentrale Team sitzt natürlich physisch dennoch dezentral und ist nach wie vor in den Ländern verteilt. Aber die Reporting-Linien haben sich verändert. Laut Krautwasser hat sich sofort der gemeinsame Austausch verbessert, als Aufgaben und Personen quasi zusammengefasst und neu vernetzt wurden. „Wir können schneller und besser voneinander lernen und uns besser vertreten. Die Aufgaben können heute professionell weitergeführt werden, auch wenn Kolleginnen oder Kollegen im Urlaub oder krank sind. Das ist schon ein sehr großer Vorteil“. Die Aufgaben werden besser gesteuert und sie werden effizienter, weil sich ein Spezialistenteam des Themas annimmt. Beispielsweise kümmern sich zwei Personen ausschließlich um die Prolongation oder den Abschluss von neuen Leasingverträgen. Allein durch den Abbau von Doppelarbeiten erreicht SAP einen höheren Effizienzgrad. Krautwasser sieht darin auch eine Serviceverbesserung für die Mitarbeiter vor Ort, denn es sind immer Ansprechpartner da. Das interne Verständnis sei groß gewesen. Schwieriger sei es nur in kleineren Standorten mit wenigen Fahrzeugen, wenn es sich nicht gerechnet hatte, vor Ort eine Person mit dem Thema zu betrauen. „Wenn der Job komplett aus dem Land abgezogen wurde, gibt es halt niemanden, bei dem man mal kurz ins Büro gehen kann. Man muss zum Hörer greifen oder anders Kontakt aufnehmen“, so Krautwasser.

Die Herausforderungen: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

„Wir wollten soweit wie möglich Konzernvorgaben erfüllen, aber jedes Mal auch unter Berücksichtigung der regionalen Anforderungen. Steuertechnisch ist das natürlich überall was anderes. Wenn man das eins zu eins umsetzen wollte und deutsche Maßstäbe ansetzt, dann lauern Fallstricke und das Gefahrenpotential ist relativ hoch“, warnt Simons. Gerade bei Abrechnungsthemen und der Versteuerung von geldwertem Vorteil müsse man aufpassen, das sei in den Ländern komplett anders geregelt. Auch bei der Einführung von Elektromobilität müsse komplett anders herangegangen werden. „Diese Themen sind sehr schwer zu googlen“, schmunzelt die Fuhrparkleiterin. Muster downloaden und anpassen – Fehlanzeige. Also: Wer nicht fragt, bleibt dumm. Wenn es keinen vereinheitlichten Richtlinienwert gibt, müssen diese Informationen jeweils beim regionalen Verband oder bei Behörden oder bei den Nutzern vor Ort erfragt werden. „Man muss da schon sehr engagiert selbst ran und sich die Informationen holen, die notwendig sind. Wir haben eine Art Checkliste entwickelt, so dass keine Frage offen bleibt und alle Themen abgedeckt sind. Daraus entsteht ein Leitfaden, der wie ein Lastenheft oder eine technische Spezifikation zu verstehen ist und durch die einzelnen Schritte führt.

Vorher Klarheit schaffen

Bevor man sich auf das Parkett begibt, muss man wissen, wie dort die Regeln und gesetzlichen Vorgaben sind und muss sich natürlich dran halten. „Hab ich nicht gewusst“, ist leider kein Grund, weil das Sprichwort „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ auch in anderen Ländern gilt. Der Wissenstransfer und immer up to date zu bleiben, was rechtliche und steuerliche Themen angeht, ist die größte Herausforderung. Da hätte sich die erfahrene Flottenmanagerin mehr Unterstützung durch international agierende Anbieter erwartet. Aber auch die Sprachbarrieren sind nicht zu unterschätzen. „Das Geschäft in Polen ist einfach davon geprägt, dass dort in der Automobilbranche relativ wenige Leute fließend Deutsch sprechen und auch Englisch häufig schwierig ist. Und dann fehlen auf beiden Seiten manchmal die einfachsten englischen Leasing-Fachbegriffe.

Herausforderung Beharrungsvermögen

Landesverantwortliche argumentieren gerne, dass man das Fuhrparkmanagement gar nicht zentralisieren kann. „Ja, stimmt zum Teil. Manche Dinge kann man einfach gar nicht zentral in Deutschland machen, weil man eben Zugriff auf bestimmte Systeme braucht und das gegebenenfalls nur im jeweiligen Land geht“, stimmt Krautwasser bedingt zu. Beispiel Strafzettel-Management oder auch landesspezifische Förderungen für Elektromobilität – das ist auch in jedem Land ein eigenes Thema und es ist leichter vor Ort an den Themen dran zu bleiben, um den Überblick zu bewahren.

Eine wichtige Aufgabe sollte man nicht vergessen, gibt Matthias Engel von Car extern zu bedenken: „Wenn alles steht, kommt eigentlich der manchmal schwierigste Part: Die Menschen zu überzeugen. Zum Beispiel die Menschen auf den Philippinen dazu zu bringen, mit Freude VW zu fahren, wo sie doch ihren Toyota gewöhnt waren. Oder die Mitarbeiter in Brasilen dazu zu bewegen, von GM auf Renault umzusteigen, um extreme Beispiele zu nennen.“ Engel kann über das Beharrungsvermögen der lokal Verantwortlichen einiges berichten: „Natürlich geben viele Unternehmen ihren Landesgesellschaften auch einen gewissen Freiraum, und das muss auch so sein, will man die Kolleginnen und Kollegen nicht demotivieren. Doch das kann das Erreichen der übergeordneten Ziele auch schonmal konterkarieren. Die geliebte Heimatmarke vieler Tschechen ist beispielsweise Skoda. Wenn der Hauptlieferant aber nicht der VW-Konzern mit seinen Konzernmarken ist, werden die tschechischen Verantwortlichen immer einen Grund finden, warum die Skodafahrzeuge unbedingt in der Car Policy bleiben müssen“, schmunzelt Engel. Auch Leasinggesellschaften hätten durchaus ihre Heimatverbundenheit. Das sei schwer zu lösen und in gewisser Weise verständlich. Beim Dienstleister kann eine klare Ansage ausreichen, bei den Kolleginnen und Kollegen ist vor allem Fingerspitzengefühl und Überzeugungskraft gefragt. Das klappt, je nach Unternehmen, mehr oder weniger gut.

Lösungsansätze

Ein Kostenhebel ist das Lieferantenmanagement. Die international Verantwortlichen schließen Rahmenverträge, ein so genanntes IFA (International Frame Agreement) mit der Leasinggesellschaft ab, in der globale Anforderungen geregelt sind. In den Country Master Agreements wird dann auf die lokalen Besonderheiten eingegangen. Vertragskonditionen aus Deutschland können aber in der Regel nicht einfach für Verträge im Ausland übernommen werden, sagt Simons. Man wird in jedem Land neu bewertet. Es empfiehlt sich das Gespräch mit dem Händler vor Ort. Internationale Rahmenverträge können aber Planungssicherheit geben. Hat man die passenden Dienstleister zusammen, dann werden die Verträge konzipiert und gezeichnet, oftmals der aufwändigste Teil des Projekts. Eine wichtige Maßgabe sind die Qualitätsstandards in der internationalen Car-Policy. Auch wenn beispielsweise die Führerscheinkontrolle außerhalb Deutschlands eher nicht vorgeschrieben ist, ist es sinnvoll, sie in allen Ländern für das Unternehmen vorzugeben. Erstens vermeidet das Chaos und Verwirrung zwischen den Länderverantwortlichen und zweitens kann diese Kontrolle aus Gründen der Unternehmens- und Mitarbeiterverantwortung sinnvoll sein. „Denn kein Unternehmen möchte gerne, dass sein Name im Kontext eines Unfalls unter Beteiligung eines eigenen führerscheinlosen Fahrers in den Nachrichten auftaucht“, so Simons. Das Gleiche gilt für andere rechtliche Vorgaben. 

Für SAP-Mann Krautwasser ist ein Erfolgsgeheimnis die richtige Vorgehensweise. Er führt in jedem Land, wo die SAP-Zentrale den Fuhrpark übernimmt, sogenannte Prozessworkshops durch. Das Ergebnis ist ein Prozesshandbuch, in welchem genau dokumentiert wird, wie die Abläufe und Besonderheiten in dem jeweiligen Land sind.

„Das gibt uns die Möglichkeit die Abläufe in den Ländern zu vergleichen und zu prüfen, wo man sie eventuell in einem Land abändern könnte, um auf einen Standardprozess zu kommen“, erläutert Steffen Krautwasser das Vorgehen. Er geht sogar einen Schritt weiter, denn Prozesshandbücher seien natürlich immer ein wenig aus der Vogelperspektive erstellt. SAP lässt für besonders wichtige Prozessschritte zusätzlich Standard Operation Procedures erstellen, in denen die einzelnen Arbeitsschritte dokumentiert sind. „Natürlich nicht für alle, aber für die kritischen Themen.“ Mit diesem Input können Kollegen auch im Notfall einspringen und vertreten.

Die globale Richtlinie

Heute arbeitet SAP mit einer Global Carfleet Guideline, in der die zentralen Themen geregelt sind, und darunter folgen die Local Policies. Dort sind die Vorgaben zu finden, was lokal umgesetzt werden muss. Wenn das aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, ist die Regel eingebaut, dass das entsprechend dokumentiert wird und nach Antrag freigegeben werden kann. Krautwasser: „Es gibt also die Möglichkeit, Dinge lokal anders zu regeln, aber dafür muss es dann gute Gründe geben“.

Dass SAP die Flotte weltweit bis 2025 auf Elektromobilität umstellt, ist gesetzt. Die Markenauswahl erfolgt dann länderspezifisch. „Wir werden uns die Länder genau anschauen und analysieren, welche Hersteller, Marken und Modelle genutzt werden. Es wird dann unter Umständen Hersteller geben, von denen wir uns trennen müssen, weil das Volumen europaweit nicht so groß ist und wir uns auf wenige strategische Partner und Lieferanten konzentrieren wollen“, unterstreicht der SAP-Flottenchef. Das sei einer der nächsten Schritte, bei denen dann gezielt Vorgaben in den einzelnen Ländern gemacht werden.

Herausforderungen im Tagesgeschäft

Verkehrsverstöße im Ausland gehören zu den gängigen Herausforderungen im Fuhrparkmanagement. Auch in vielen europäischen Staaten gilt die Halterhaftung. Bei Verkehrsverstößen mit einem Firmenwagen im Ausland erhält der Halter den Bußgeldbescheid. Sitzt der Halter in Deutschland, können Bußgelder jedoch kaum vollstreckt werden, sofern aus dem Bescheid ersichtlich ist, dass der Bußgeldempfänger eine GmbH oder AG ist und somit nicht der Fahrer gewesen sein kann.

Firmenfahrzeuge mit deutscher Zulassung für Mitarbeiter, die hauptsächlich im Ausland tätig sind, sind nicht immer zulässig. Es muss individuell geprüft werden, ob das möglich ist. In Österreich zum Beispiel muss das Fahrzeug auf eine im Land registrierte Firma zugelassen sein. In Polen wiederum gibt es keine derartigen Vorgaben. Und auch die Kontrolle der Führerscheine der Dienstwagennutzer durch den Halter ist nicht einheitlich geregelt. In jedem Land gibt es Dienstleister, die sich auf solche Fragen spezialisiert haben. Sich durch diese beraten zu lassen, ist die sicherste Variante.

Was sind die häufigsten Fehler und was ist zu empfehlen?

Krautwassers Empfehlungen können so zusammengefasst werden: Nicht auf Kurzfristigkeit hoffen, sehr gut planen und vor allem genügend Zeit einzuplanen. Das hängt natürlich von der Komplexität der Organisation ab, der Anzahl der Länder, den eigenen Kapazitäten und Budgets.

Wichtig – so die erfahrenen Fuhrparkverantwortlichen – sei eine gute Beratung mit ins Haus zu holen und mit erfahrenen Anbietern zusammenzuarbeiten. Aber Vorsicht: Das, was in den Broschüren steht, sei leider nicht immer realistisch.

Intern sollte man vor allem die nationalen Fuhrpark-Organisationen intensiv einbinden und eine hohe Transparenz über Fahrzeuge, Marken, Kilometerleistungen und andere wichtige Daten herstellen. Wer glaubt die deutschen Grundsätze einfach übertragen zu können, der kann sich auf einige Überraschungen einstellen.

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