Von Alfons Wolf
Während die Reparaturen von Glasschäden immer effizienter werden, steigen die Kosten für den Scheibenaustausch weiter an. Glasschäden sind schon heute wichtigster und in Zukunft zunehmender Schadenfaktor im Fuhrpark: Laut Leaseplan geht mehr als die Hälfte des Teilkasko-Aufwands bei Leasingfahrzeugen auf das Konto des Scheibentauschs.
Das Crescendo der Kosten kennt kein Maß: Laut Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist der Preis für das Ersatzteil Windschutzscheibe seit 2013 um 23 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreis-Index hat sich im selben Zeitraum nur um 8,8 Prozent erhöht.
Dabei hatten Glasschäden im Flottengeschäft schon immer mehr Relevanz als in der privaten Mobilität: Vielfahrer und im Schnitt deutlich höhere Fahrleistungen hinterlassen ihre Spuren im Schadenrisiko.
Zwei Seiten einer Medaille
Der Grund für den wichtigsten Trend der Branche stellt Fortschritt und Kostentreiber zugleich dar: Die technologisch-digitale Aufrüstung der Windschutzscheibe mit Sensoren und Kameras – oft in Form eines verbundenen Systems – steigert Komfort und Sicherheit, hat aber auf der Kostenseite gravierende Folgen. "Der Anteil an Scheiben, bei denen lediglich ein Austausch genügt, gehört langsam der Vergangenheit an und wird immer weiter abnehmen. Die oftmals erforderliche Kalibrierung von Assistenzsystemen gehört mittlerweile schon fast zum Alltag", muss Christopher Lang, Abteilung Service Management von A.T.U, dem kostenbewussten Fuhrparkleiter immer häufiger mitteilen. Auch Carglass erkennt einen entsprechenden Trend: Die Quote der Reparaturaufträge, bei denen die Kameras kalibriert werden müssen, hat sich bei den Kölnern innerhalb von zwei Jahren verdoppelt.
Der Anbieter reagierte mit der Gründung eines Kompetenz-Center für Kalibrierung in München auf diese Entwicklung. Der Forschungs- und Entwicklungsstandort wird mit der Erprobung neuer Werkzeuge und Prozesse sowie die Optimierung der Fehlerdiagnostik betraut. Zudem können Schulungen und Weiterbildungen mit eigens dafür ausgerichteten Kalibrierungstools gemeinsam mit den 16 Technik-Coaches auf diese Weise noch effizienter gestaltet werden.
Glasreparatur wird immer anspruchsvoller
Auch indirekte Effekte befördern die Kosten durch die neuen Features und Technologien in der Frontscheibe: Die vielen Neuentwicklungen erhöhen die Anzahl der möglichen Scheibentypen je Modell stetig, wie Marco Heistermann, Head of Sales Commercial Accounts Carglass Deutschland, erläutert: "Komplexität und Herausforderungen in der Logistik sind die Folge. Dadurch und auch durch die im Schnitt immer größer werdenden Windschutzscheiben beobachten wir einen stetigen Anstieg der Materialkosten." Auch abgesehen davon wird die Reparatur von Glasschäden immer anspruchsvoller. Gründe dafür sind die komplexere Biegung und die abnehmende Stärke der Scheiben.
Die Kostensteigerungen spiegeln den gestiegenen Aufwand der Werkstätten wider: Um mit dem technischen Fortschritt Schritt zu halten, ist es unabdingbar, das technische Equipment weiterzuentwickeln und auch die Mitarbeiter kontinuierlich zu qualifizieren.
Fuhrparkspezifische Services und Schadensabwicklung
Der Dienstwagennutzer wünscht sich zumeist, dass Beeinträchtigungen seines Alltags durch Einschränkungen bei der Mobilität so gering wie möglich gehalten werden. Schnelle und kostenfreie Service-Dienstleistungen wie Ersatzwagen, Hol- und Bringservice oder Ort-Vor-Montage – wenn es die Gegebenheiten ermöglichen – können dabei helfen. Bei Junited Autoglas kann sogar eine Steinschlagreparatur ohne vorherige Terminabstimmung durchgeführt werden.
Christopher Lang von A.T.U empfiehlt, im Schadensfall umgehend zu handeln: "Durch Temperaturschwankungen oder Erschütterungen kann es zum Riss der Scheibe kommen. Dann ist ein Austausch der Scheibe unabdingbar." Auch eindringende Luft und Feuchtigkeit verschlimmern die Situation. Liegt die Beschädigung in der Randzone der Scheibe, besteht zudem die Gefahr, dass sie zum Rand hin reißt.
Ein positiver Einfluss ist durch die Verwendung von immer flacheren Scheiben für eine Optimierung des Luftwiderstands zu beobachten. Dies reduziert die Schadenquote, wie Carsten Fischer, Bereichsleiter Verkauf & Autoglas Euromaster Deutschland und Österreich, resümiert: "In den letzten Jahrzehnten ist die Anzahl an Glasschäden trotz höherer Geschwindigkeiten zurückgegangen."
Optimistischer Ausblick
Auch wenn der Scheibenaustausch teurer wird, so gibt zumindest für die Reparatur positive Prognosen: "Die Preise für die Glasschadenreparatur sind seit Jahren konstant und werden sich analog der Inflation beziehungsweise Lohnkosten anpassen", ist sich Jörg Curtius, Key Account Flottenvertrieb von Junited Autoglas, sicher.
Und Sebastian Becker, Leiter Pkw-Flotten bei Vergölst, verspricht sich von der Materialtechnologie Verbesserungen: "Die Entwicklung neuer Glasarten mit einer höheren Zähigkeit wird helfen, Steinschlagschäden zu minimieren."