Dennis Schneider, Senior Analyst beim THG-Quoten-Service der Beratungsgesellschaft M3E.
Foto: MARKO BUSSMANN
Dennis Schneider, Senior Analyst beim THG-Quoten-Service der Beratungsgesellschaft M3E.

Inhaltsverzeichnis

Interview

„Wir erwarten einen konstanten Anstieg der THG-Prämien.“

Wie sich der THG-Quoten-Markt 2023 entwickelt, was für Halter zu beachten ist und warum das Konzept in die Zukunft weist – darüber sprachen wir mit Dennis Schneider, Senior Analyst beim THG-Quoten-Service der Beratungsgesellschaft M3E.

Obwohl das klimapolitische Instrument der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) in Deutschland schon seit 2015 besteht und Mineralölkonzerne gesetzlich verpflichtet, ihre Emissionen jahrweise um festgesetzte Prozentsätze zu senken, ist es erst Anfang 2022 mit seiner Ausweitung auf die Elektromobilität und insbesondere auf vollelektrische Fahrzeuge (BEVs) zu einer gewissen öffentlichen Bekanntheit gelangt. Seither erhalten Halter solcher Fahrzeuge nämlich eine je nach Fahrzeugtyp variierende Pauschalmenge an Ladestrom zugeteilt, die dann in THG-Quoten umgerechnet wird. Die Quoten können bei eigens dafür existierenden THG-Quoten-Dienstleistern jährlich vermarktet werden, die sie daraufhin zu Paketen schnüren und an die Mineralölwirtschaft zur Kompensation ihrer durch den Kraftstoffverkauf verursachten Emissionen veräußern.

Zurzeit liegt der Erlös dieser Vermarktung, die sogenannte THG-Prämie, für die Halter eines E-Pkws je nach Dienstleister zwischen 250 Euro und 400 Euro.

bfp: Herr Schneider, vielleicht zählen Sie uns zum Einstieg einmal auf, welche Fahrzeugklassen überhaupt für die Vermarktung der THG-Quoten infrage kommen.

Dennis Schneider: Sehr gerne! Es existieren in der Tat verschiedene Fahrzeugklassen, für die verschieden hohe THG-Prämien festgesetzt wurden. Zunächst gibt es die Klasse M1, die alle E-Pkw enthält, gefolgt von der Klasse N1, die leichte E-Nutzfahrzeuge zusammenfasst. Darüber hinaus gibt es noch die Klasse M3 mit den E-Bussen und dann noch die sonstigen E-Fahrzeuge, also vor allem die E-Roller, für die es auch weiterhin eine Prämie in Höhe der M1-Klasse geben wird.

Das heißt, E-Lkw sind nicht in das THG-Quotensystem inkludiert?

Schneider: Das ist nicht ganz korrekt: Im Moment sind die Lkw-Klassen N2 und N3 zwar noch nicht inkludiert, da es faktisch zu wenig Daten für sie gibt. Man kann dennoch eine THG-Prämie für seinen E-Lkw bekommen, er gilt jedoch einstweilen als Fahrzeug der Klasse der sonstigen Fahrzeuge und damit wird die Prämie vergleichsweise sehr niedrig ausfallen. Perspektivisch gesehen wird sich das in Zukunft - wenn auch noch nicht im nächsten Jahr - aber ändern, dann sollten sich die E-Lkw ungefähr in der Nähe der E-Busse, also der Klasse N1, einordnen.

Erklären Sie uns bitte einmal kurz, wie die THG-Quoten im Bereich Elektrofahrzeuge überhaupt berechnet werden.

Schneider: Bei der Berechnung ist zunächst zu beachten, dass eine THG-Quote der Einsparung einer Tonne CO2-Äquivalent entspricht. Zur Berechnung der THG-Quoten werden die tatsächlichen Emissionen eines Kraftstoffes einem Referenzwert gegenübergestellt und auf diese Weise die Einsparungen ermittelt. Der zentrale Faktor bei der Berechnung sind somit die Emissionswerte eines Kraftstoffes. Dabei wird angegeben, wie viele Emissionen  pro Energiegehalt emittiert werden. Bezogen auf den Bereich der Elektrofahrzeuge sind das beim aktuellen deutschen Strommix 119 kg CO2 pro Gigajoule (GJ). Darüber hinaus ist vor allem noch die Strommenge relevant, die jedes Jahr vom Bundesumweltamt als Schätzwert festgelegt wird. Dieser Schätzwert liegt derzeit zum Beispiel für einen E-Pkw, also ein Fahrzeug der Klasse M1, bei 2000 Kilowattstunden (kWh). Gemeinsam mit einigen weiteren Faktoren wird dann berechnet, wie viele Emissionen durch das Fahren eines vollelektrischen Fahrzeugs gegenüber einem herkömmlichen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor eingespart werden. Das sind für 2022 ca. 860 kg CO2-Äquivalente, also 0,86 THG-Quote.

Und dieser Wert ist variabel?

Schneider: Genau! Um den Emissionswert zu ermitteln, wird errechnet, wie viele Emissionen eben für einen Gigajoule (GJ) Energie freigesetzt werden. Je niedriger hier also der Freisetzungswert ist, desto höher sind die CO2-Einsparungen und desto höher kann dementsprechend die THG-Quote pro Elektrofahrzeug auch ausfallen.

2022 gab es für die Quoten bei den verschiedenen Anbietern für die Fahrzeugklasse M1 eine Prämie von 250 bis 450 Euro – wie wird sich der Markt 2023 entwickeln?

Schneider: Unseres Erachtens müssen sich die Halter der E-Fahrzeuge darauf einstellen, dass die THG-Prämien sinken werden. Das gilt für alle Fahrzeugklassen.

Womit hängt diese Prämiensenkung zusammen?

Schneider: Das Sinken der Prämien hängt vor allem damit zusammen, dass weniger Quoten pro Fahrzeug generiert werden können. Die Quoten sinken generell für alle Fahrzeugklassen. Nehmen wir als Beispiel wieder den E-Pkw (M1), so wird der angesprochene diesjährige THG-Quotenwert von 0,86 im nächsten Jahr nur noch 0,7 betragen, also deutlich unter dem 2022er Wert rangieren.

Wieso fällt der Quoten-Wert 2023 aber um rund 0,16 Punkte?

Schneider: Das Fallen des Quotenwertes hängt damit zusammen, dass die tatsächlichen Emissionen pro Gigajoule steigen werden: Lag der Emissionswert wie schon erwähnt 2022 noch bei 119 kg CO2 pro GJ, so steigt der Wert 2023 auf 135 kg CO2 pro GJ - pro Gigajoule Ladestrom werden demnach im kommenden Jahr im Schnitt mehr Emissionen freigesetzt.

Das heißt, der deutsche Strommix wird im nächsten Jahr demnach weniger nachhaltig sein als letztes Jahr? Wie kommt das?

Schneider: Genau das heißt es! Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich wirken, da diese Verschlechterung ja trotz des voranschreitenden Ausbaus der erneuerbaren Energien zu verzeichnen ist. Verantwortlich dafür sind aber die negativen Folgen der russischen Invasion der Ukraine auf den europäischen Energiemarkt. Die zu dessen Stabilisierung in Deutschland vor allem wieder ans Netz genommenen Kohlekraftwerke haben eine deutlich schlechtere Emissionsbilanz als etwa Gaskraftwerke und zeichnen für den Anstieg der tatsächlichen Emissionen pro Gigajoule verantwortlich.

Die Prämien sinken demnach in direkter Relation zum wieder ansteigenden CO2-Verbrauch bei der Erzeugung des Ladestroms. Wird damit das Konzept der THG-Quoten im Elektrofahrzeugbereich nicht in Zukunft unattraktiv?

Schneider: Das denke ich nicht! Zwar wird man in der Tat selbst unter Annahme eines stabilen Endverkaufsmarktes davon ausgehen müssen, dass die Prämien im nächsten Jahr sinken werden. Auf lange Sicht wird sich dieser kurzfristige Trend unseres Erachtens jedoch  umkehren können: Die negativen Folgen des Angriffskrieges auf den Energiemarkt werden nämlich als weiterer Katalysator für den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien wirken und demnach hoffen wir bei M3E in den kommenden Jahren mit einem erneut deutlichen und konstanten Anstieg der THG-Quotenmenge und damit auch der THG-Prämien. Wir sind also auf dem richtigen Weg und es werden die richtigen Anreize für einen raschen Umstieg auf Elektromobilität gesetzt – alle in den Weg gelegten Steine sind temporärer Art und werden diesen Trend letztendlich nicht aufhalten können.

Herr Schneider, danke für das Gespräch!

carextern.jpeg

Mittelstandberatung

Carextern erfüllt BAFA-Kriterien

Die Beratungsgesellschaft schafft es auf die Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Eine unentgeltliche Kostprobe der Beratungsleistungen von Geschäftsführer Matthias Engel gibt unser Webinar.

    • Firmenwagenwissen, Fortbildung
STLA-Medium-Plattform von Stellantis: Das E-Auto macht technisch noch mal einen Sprung.

Studie

E-Autos werden leistungsfähiger und günstiger

Eine Studie der Beratungsgesellschaft Strategy& malt ein rosiges Bild: Bis 2030 werden Stromer günstiger, die Reichweitre nimmt zu und die Ladezeit halbiert sich.

    • Dienstwagen, eHUB, Elektro-Antrieb, Firmenwagen
Beim GTÜ können sich Privat- und Geschäftskunden zur E-Mobilität beraten lassen oder ihre THQ-Quote verkaufen.

Elektro-Strategie

GTÜ kooperiert mit E-Mobilio

Die Prüforganisation stattet Prüfstellen mit Partner E-Mobilio mit Ladeinfrastruktur aus und startet Beratung und THG-Quotenhandel.

    • eHUB, Elektro-Antrieb
THG-Quoten für Fuhrparks werden über Leaseplan jährlich übermittelt und abgewickelt.

Quotenhandel

Leaseplan bietet THG-Plattform für Flotten

Der Leasinganbieter kooperiert mit eQuota und vereinfacht damit den Verkauf der THG-Quoten für Fuhrparkmanager.

    • eHUB, Elektro-Antrieb, Firmenwagen, Fuhrparkmanagement

Tipps & News rund um Fuhrparkmanagement und betriebliche Mobilität:der fuhrpark.de-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen fuhrpark.de-Newsletter!