Tanja Gscheidle, Fuhrparkmanagerin des Projektentwicklers für erneuerbare Energien, Abo Wind in Wiesbaden, kümmert sich um die Anforderung, die Flotte zu elektrifizieren.
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Tanja Gscheidle, Fuhrparkmanagerin des Projektentwicklers für erneuerbare Energien, Abo Wind in Wiesbaden, kümmert sich um die Anforderung, die Flotte zu elektrifizieren.

Inhaltsverzeichnis

Best Practice

Energiewende am Lenkrad: Abo Wind und die Elektromobilität

Den Fuhrpark möglichst komplett auf batterieelektrische Fahrzeuge umzustellen, ist ein Kraftakt. Das Unternehmen Abo Wind in Wiesbaden hatte unter anderem mit komplizierten Abrechnungen und viel zu vielen Ladekarten für E-Auto-Fahrer zu kämpfen und musste Lösungen erarbeiten.

Angefangen mit Windkraftanlagen im Jahr 1996 zählt Abo Wind mittlerweile Solarparks, Batterie- und Wasserstoffprojekte zu ihrem Portfolio und das nicht nur europa-, sondern weltweit. Als Projektierer von Erneuerbare-Energie-Projekten kümmert sich das Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden unter anderem um die Finanzierung und den Bau von Anlagen sowie die Kommunikation mit Landkreisen und Eigentümern. Da stehen sie schonmal mit vielen Stakeholdern in Kontakt, die nicht immer mit dem Kombi oder der Limousine zu erreichen sind. Im Gegenteil. Um zu Projektstandorten zu gelangen, geht es oftmals in Wälder, Felder und über unebene Böden. Mit solchen Anforderungen an einen Fuhrpark musste zunächst noch maßgeblich auf Verbrenner zurückgegriffen werden. Und für Tanja Gscheidle, Fuhrparkmanagerin bei Abo Wind, war klar: Der Umstieg auf E-Mobilität wird mittelfristig kein Selbstläufer.

Wie Abo Wind den Fuhrpark allmählich auf E-Mobilität umstellen, eine Ladeinfrastruktur aufbauen und welchen Herausforderungen sie bei der Einführung neuer Ladekarten gegenüberstanden, erfuhren wir von Tanja Gscheidle, Fuhrparkmanagerin bei Abo Wind.

„Die Elektromobilität ist eine Herausforderung“

Um zu Gesprächen mit Eigentümern oder Projekten zu gelangen, führt es die Projektleiter von Abo Wind oft in Felder, Wiesen oder Wälder. „Das macht den Einsatz von Fahrzeugen erforderlich, ÖPNV funktioniert da zum Beispiel gar nicht.“ Gerade im Gelände ist der Boden holprig, uneben und auch mal matschig und dann komme es besonders auf die Karosserie des Fahrzeugs an. E-Autos standen bei der Wahl der Flottenmodelle anfangs nicht im Mittelpunkt. „Im Hinblick auf die Ansprüche, die wir im Gelände an ein Auto haben, ist die Elektromobilität schon eine Herausforderung für uns.“ Zwar seien Limousinen völlig ausreichend für Fahrten zu Gesprächspartnern, aber bei Standortbesichtigungen kämen sie an ihre Grenzen.

Unterbodenschutz, Allrad, SUV; wenn es um die Auswahl der Modelle oder Karosseriearten für den Fuhrpark ging, sind das die zentralen Themen. Und das bedeutete, dass maßgeblich auf Verbrenner zurückgegriffen werden musste. So kommt es, dass der Fuhrpark von Abo Wind noch zu beinahe 60 Prozent aus Verbrennern und knapp 25 Prozent BEVs besteht. Aber auch das ändere sich, so Tanja Gscheidle: „Über 50 Prozent unserer Neubestellungen sind bereits rein elektrisch. Wir sind ständig auf der Suche nach Elektrofahrzeugen und testen auch keine Verbrenner mehr. 100 Prozent BEV ist das Ziel, Kosten und Karosserieform sind noch ein Problem.“

Ladeinfrastruktur und Planungsaufwand

Mit dem Ziel 100 Prozent BEV muss auch die entsprechende Ladeinfrastruktur her und langfristig ausgebaut werden, eine weitere Herausforderung. Denn am Standort Wiesbaden haben Abo Wind bereits über 60 elektrische Dienstwagen, sowohl hybrid als auch rein elektrisch. Und um diese zu versorgen, betreibt das Unternehmen mittlerweile einen Bestandspark mit sieben Ladesäulen à 19 Ladepunkte und damit insgesamt 37 rein elektrische Parkplätze. Die Angestellten können sich in Absprache untereinander den Ladepark teilen, sodass sie vormittags und nachmittags abwechselnd an 22 KW-Ladesäulen mit 11 KW pro Ladepunkt laden können. Da der Fuhrpark aber um immer mehr BEVs wächst, sollen diese Kapazitäten ausgebaut werden: „Momentan sind wir mit unserem Ladepark von den Kapazitäten her ziemlich am Limit. Weil die Menge an vollelektrischen Fahrzeugen zunimmt, planen wir einen Ausbau der Ladeinfrastruktur, auch deutschlandweit“, so Gscheidle. Und das kostet, je nach Größe des Parks, Zeit. „Man braucht schon gut ein dreiviertel Jahr zur Vorbereitung.“ Allerdings: je größer das Projekt, desto größer auch der Aufwand.

Die Ladesäulen auf dem Abo Wind-Parkplatz während der Errichtungsphase. 
Foto: Abo Wind
Die Ladesäulen auf dem Abo Wind-Parkplatz während der Errichtungsphase. 

Nutzerzufriedenheit steht im Vordergrund

Netzbetreiber müssten bei kleinen Projekten nicht allzu umfangreich in die Kommunikation mit einbezogen werden. Große Projekte indes präsentieren sich oftmals als Herausforderung: „Da müssen wir uns mit dem Netzbetreiber auseinandersetzen und herausfinden, ob wir einen neuen Netzanschluss benötigen oder ob der vorhandene Netzanschluss ausreicht.“ Auch mussten Eigentümer und die Hausverwaltung mit in die Planung einbezogen werden, dort, wo Abo Wind Räumlichkeiten nur mietet: „Der Hauseigentümer war relativ begeistert von unserem Anliegen, aber mit den anderen Mietern war es nicht einfach. Wir wollten mit ihnen Parkplätze tauschen, damit wir eine komplette Reihe an Parkplätzen haben.“ Der einhergehende Kostenaufwand machte dann auch noch der Geschäftsführung zu schaffen, die aber überzeugt werden konnte. Letzten Endes stehe die Nutzerzufriedenheit im Vordergrund: „Man kann eine Auslastung von einem Ladepark natürlich sehr effizient und sparsam gestalten, das ist aber dann mit viel Aufwand für die Mitarbeiter verbunden. Das Laden muss in der Handhabung einfach sein.“

Um die Effizienz der Ladeinfrastruktur noch besser zu gestalten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Planungsfreiheit zu geben, nutzt Abo Wind in Wiesbaden ein Parkplatzmanagementprogramm von Park Efficient mitsamt Buchungssystem für die Ladesäulen. So könne die Verwaltung vereinfacht werden und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zeitlich variabel ihre Fahrzeuge in der Firma laden. Priorität hätten aber dennoch erst einmal die Dienstwagen: „Mir ist natürlich wichtiger, dass erst die Dienstwagen geladen werden und dann die Privatwagen. Die elektrischen Dienstwagen werden hier mit dem günstigen Strom geladen, sonst laden sie an der öffentlichen Ladesäule zu doppelt so hohen Kosten.“ Allerdings muss auch auf dem Weg zum Kunden das Laden glattlaufen, was zu Beginn nicht selbstverständlich war.

„Wir brauchten ein eigenes Mäppchen, nur um E-Auto zu fahren“

Mehrere Ladekarten und die dazugehörigen Apps für jeden Angestellten mit E-Firmenwagen. So sah das Lademanagement bei Abo Wind anfangs aus. Da konnte es für die Buchhaltung schonmal schwierig werden, den Überblick zu behalten bei den zahlreichen Rechnungen, die für das Laden oder die Autowäsche eingingen. Die Buchhaltung stand da vor einer großen Herausforderung, denn letztendlich muss sie jeden einzelnen Beleg überprüfen. Und so musste der Service eines Ladekartenanbieters gleich mehreren Anforderungen genügen. Da waren die Ladekosten an AC- oder Schnellladestationen, die sich von Anbieter zu Anbieter unterscheiden und auch anfallende Blockiergebühren: „Manchmal wissen Dienstwagenfahrer gar nicht, dass da Kosten anfallen.“ Auch sei es wichtig zu wissen, wo die Ladekarte genutzt werden kann, sprich wie viele Ladepunkte es in Deutschland, aber auch international gibt. Schließlich ist Abo Wind in mehreren Ländern tätig.

Die passende Ladekarte musste her

Anfangs nutzte Abo Wind noch mehrere Ladekarten, wie die von Shell, Dkv und Mobility House. Letztere werden für den Firmenstandort in Wiesbaden genutzt, da Abo Wind dort Ladesäulen von Mobility House betreibt. Angestellte können so ihre privaten E-Autos kostenlos laden und die Ladesäulen per App freischalten. Für Dienstwagen beschränkt sich Abo Wind mittlerweile aber auf Dkv, da sie im Rahmen ihrer Services ein breites Angebot bieten würden, mitsamt einer Reportingplattform, mit der das Fuhrparkmanagement nach allem filtern könne, was sie für die Verwaltung der Flotte braucht. Auch könne sie mit Hilfe der Plattform sehen, welche Tankkarten gerade in Benutzung sind. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Dienstwagenfahrer von Abo Wind mit der Dkv-Karte an vielen Ladesäulen tanken können und die dazugehörige App sehr gut in ländlichen Gebieten funktioniert, an Ladesäulen, die nicht über ein Rfid-System verfügen. Ein Vorteil ist Gscheidle aber besonders wichtig: Es gebe monatlich nur eine Abrechnung pro Kennzeichen: „Mit Dkv haben wir die Möglichkeit, alle Kosten in einer Abrechnung zu haben. Das macht es uns tausendfach einfacher und das ist ein großer Mehrgewinn.“ Allerdings schreckte auch die Dkv-Karte nicht vor Problemen zurück, als Tesla Teil der Flotte wurde.

Mit der Einführung von Tesla als Firmenwagen, der aufgrund des Kosten-Nutzen-Faktors stark im Kommen sei, gab es anfangs wieder Probleme. Eine Dkv-Karte konnte zwar in der Tesla App als Zahlungsmittel hinterlegt werden. „Auf der Abrechnung sehen wir dann die Kartennummer und das Kennzeichen und darunter die Lade-, Tank- und Waschvorgänge.“ Aber das Zahlungsmittel konnte von Abo Wind nicht selbst geändert werden. So waren sie immer von einem Mitarbeiter von Tesla abhängig. Auch konnten die Tesla Super Charger von Dkv-Kunden erst seit Ende 2023 genutzt werden. Ein weiterer Wermutstropfen: die Kosten. „Wenn ein Tesla an einem Tesla Super-Charger lädt, liegen wir bei 40/45 Cent pro kWh. Bei Dkv zahle ich dann aber deren Preis und da reden wir von 70/75 Cent brutto je kWh. Da mussten wir uns überlegen, ob es einem das Geld wert ist, dafür eine ordentliche Abrechnung zu erhalten.“

Tanja Gscheidle auf dem bfp FORUM 2024

Abo Wind-Fuhrparkmanagerin Tanja Gscheidle wird im Herbst 2024 auf dem bfp FORUM in Mainz über die komplexen Herausforderungen der Fuhrpark-Elektrifizierung referieren und die verschiedenen Lösungsansätze und eingeschlagenen Wege von Abo Wind aufzeigen. Das bfp FORUM ist weit mehr als Messe oder Konferenz. Die Veranstaltung befasst sich am 25. und 26. September 2024 in der Halle 45 in Mainz mit vielfältigen Themen der betrieblichen Mobilität und bietet neben einem umfangreichen Informationsprogramm eine große Plattform zum Netzwerken, Workshops und andere Mitmachformate. Alle Infos für Ihre Teilnahme: www.bfpforum.de

Über Abo Wind

Kerngeschäft: Entwicklung und Errichtung von Erneuerbare-Energien-Projekten: Wind- und Solarparks sowie Batterie- und Wasserstoffprojekte

Sitz: Wiesbaden, international tätig

Mitarbeiter: Rund 1200

Fuhrpark: 230 Dienstwagen, 40 Servicefahrzeuge

Antriebsarten (Februar 2024): 23 Prozent BEV, 18 Prozent Hybridfahrzeuge, 57 Prozent Verbrenner

Automarken im Fuhrpark: Audi, Cupra, Hyundai (auslaufend), Seat, Volkswagen und Tesla

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