Gerade einmal 2.275 Fahrzeuge chinesischer Hersteller sind im Februar 2024 in Deutschland neu zugelassen worden, bei mehr als 217.000 Neuzulassungen insgesamt (KBA). 1.986 der Zulassungen fallen auf MG, die anderen chinesischen Marken, die mit großem Brimborium in Deutschland gestartet waren, kämpfen mit teils zwei- bis einstelligen Verkäufen pro Monat. Auch BYD als einer der größten Automobilhersteller der Welt bleibt im Februar beim Marktanteil bei rund 0,1 Prozent in Deutschland. Genau in dieser Phase drängt ein weiterer chinesischer Hersteller mit Elektro-PKW auf den deutschen Markt. Xiaopeng Motors oder kurz Xpeng vertreibt nun seine E-Autos auch hierzulande (wir berichteten).
Xpeng P7 und G9 zum Marktstart
Den Start machen die Limousine P7 und das große SUV G9. Im Rahmen einer Vorstellung zum Markteintritt hat Xpeng die beiden ab Mai verfügbaren Fahrzeuge gezeigt. Markus Schrick, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung in München, sagt: „Wir kommen nicht unvorbereitet.“ Xpeng habe sich zunächst in anderen europäischen Ländern versucht, bevor man in den „anspruchsvollen deutschen Markt“ eintrete. So sei Xpeng in Norwegen, Schweden und Dänemark zuvor gestartet und man habe in diesen schon sehr E-Auto-affinen Märkten europäische Erfahrungen gesammelt.
In Norwegen hat man im Segment der Großraum-SUVs mit dem G9 im Jahr 2023 Rang drei der Hersteller mit 8,59 Prozent Marktanteil erreicht, hinter Audi und BYD. Dass es in Deutschland schwieriger wird, zeigt das dennoch ambitionierte Ziel: 3 Prozent Segmentanteil will Xpeng erreichen, sagt Schrick. „Wir vertrauen auf das Vertragshändler-System“, betont der Geschäftsführer. Zum Marktstart ist das Xpeng-Ziel, zehn Händler mit insgesamt 20 Verkaufsstandorten in Deutschland zu haben, bereits übererfüllt: Bei zwölf Händlern mit 24 Standorten ist Xpeng ab Mai zu haben und mit acht weiteren sei man in sehr konkreten Gesprächen. Bis Jahresende sollen es 20 Händler mit 40 Standorten und bis 2026 60 Händler mit 120 Verkaufsstellen werden.
Software-definierte Fahrzeuge von Xpeng
Wie sollen die Fahrzeuge überzeugen? Nun ist das große SUV G9 kein brandneues Modell, die Limousine P7 erst recht nicht. Der G9 wird seit 2022 in China verkauft, der P7 seit 2020. Xpeng selbst setzt nach eigenen Angaben auf das voll software-definierte Fahrzeug, was auch stets aktuelle Betriebssysteme und Funktionsupdates bedeutet. Die Fahrzeuge dürften ausgereift sein, so die Theorie.
Bei unserer ersten Testfahrt im P7, der übrigens auch in der extravaganten Wing-Edition mit Schmetterlingstüren zu haben ist, macht das nutzerzentrierte Bedienkonzept jedenfalls einen guten Eindruck. Fast alle wichtigen Funktionen werden digital über die Menüs gesteuert, ähnlich wie man es von Tesla kennt. Und über den Sprachbefehl „Hey Xpeng“ lassen sich Funktionen des fahrzeugeigenen Betriebssystems „Xmart OS“ auch per Stimme steuern. Dies soll auf allen Sitzplätzen individuell für den Fahrgast möglich sein. Das System erkennt, wer auf welchem Platz einen Sprachbefehl ausführt.
Vollausstattung als Serie
Die Fahrzeuge kommen nahezu vollausgestattet zum Kunden. Bei den Modellen soll es im Schnitt nur ein Premium-Paket als Option geben sowie die schwenkbare Anhängerkupplung. Zur Serie gehören damit auch alle Assistenzsysteme, im „Xpilot“ zusammengefasst. Hier ist uns bei der ersten Testfahrt aufgefallen, dass das Fahrzeug die deutschen bedingten Geschwindigkeitsbegrenzungen leider nicht beherrscht: Tempolimits, die zu bestimmten Uhrzeiten gelten (Nachtruhe), zeigte uns der P7 auch am helllichten Tag und pingte uns stets an, wir seien zu schnell unterwegs.
Insgesamt aber machte die Limousine einen guten Eindruck, was Bedienkomfort und Funktionalitäten ausmacht. Eine belastbare Bewertung muss allerdings ein ausführlicherer Test zeigen, genauso wie die Bewertung der Leistungsdaten. Auf dem Papier sehen diese nämlich sehr gut aus, und damit meinen wir nicht nur die 203 bis 348 kW (276 – 473 PS), die je nach Wahl von Heckantrieb (ein Motor) oder Allrad (zwei E-Maschinen) zur Verfügung stehen. Der P7 kann mit 175 kW seine 86,2 kWh fassende Batterie (netto 82,7 kWh) in 25 Minuten von 20 auf 80 Prozent laden. Der Hecktriebler, „RWD Long Range“, kommt laut WLTP-Zyklus damit bis zu 576 km weit, der Allradler (AWD Performance) 505 km.
Mehr realistische Reichweite als im WLTP-Zyklus?
Jetzt kommt wieder Norwegen ins Spiel: Dort gibt es den NAF El Prix, einen unabhängigen E-Auto-Reichweitentest eines Automobilclubs und einer Motorzeitschrift. Dabei erreichte der P7 laut Xpeng stolze 110 Prozent der angegebenen WLTP-Reichweite. Auf unserer kurzen Fahrt, bei der wir natürlich auch Beschleunigung und Autobahn-Verhalten ausprobierten, konnten wir die tatsächliche Reichweite und den Verbrauch nicht belastbar testen.
Auch im G9 wird ein ausführlicherer Test zeigen müssen, ob die Reichweiten passen: Als RWD Standard Range ist er mit einer 78,2 kWh Lithium-Eisenphosphat-Batterie ausgestattet und soll 460 km weit kommen. Diese Batterie soll mit bis zu 260 kW und von 20 auf 80 Prozent Ladestand in 15 Minuten geladen werden können. Die Varianten RWD Long Range und AWD Performance des SUV haben eine Nickel-Mangan-Cobalt-Batterie mit 98 kWh Kapazität an Bord, sollen mit bis zu stolzen 300 kW geladen werden können und ebenfalls in 15 Minuten wieder 80 Prozent Ladestand erreicht haben. Reichweiten laut Zyklus: 570 km (RWD Long Range), bzw. 520 km (AWD Performance).
Die Verbräuche laut Bordcomputer näherten sich in Unseren kurzen Tests aber den WLTP-Werten (alle um die 20 kWh/100 km) schon an.
Großes SUV mit großen Fahrleistungen
Der G9 ist im Vergleich zum flachen, schlanken P7 eine Wucht. Das SUV ist fast 4,90 Meter lang, über 1,90 Meter breit und fast 1,70 Meter hoch. Der Radstand beträgt fast genau drei Meter. Im Innenraum findet man den erwarteten Platz. Besonderheit im Gegensatz zum P7: Der Beifahrer hat sein eigenes Display mit Entertainment-Angeboten. Zum Fahrer hin ist es abgedunkelt, so lassen sich für den Beifahrer selbst Filme unterwegs schauen, ohne den Fahrer gefährlich abzulenken.
Die Fahrleistungen sprechen für sich. Im von uns gefahrenen AWD-Performance-Modell spürt man die 405 kW (550 PS) Leistung. Sie ist in den Antrieben aber softwareseitig so gut dosiert, dass es keinen Hirn-gegen-Schädel-Effekt beim vollen Beschleunigen gibt. Die 717 Nm Drehmoment werden gut dosiert, ohne den Spaß der Beschleunigung zu vernachlässigen. Und zugegeben: Das Gewicht des Fahrzeugs tut seins zu einer leichten Behäbigkeit dazu. Was auf dem Fahrersitz allerdings auffällt war eine leicht flatternde Bewegung des Motorhauben-Blechs auf der Autobahn. Und das nicht nur bei Geschwindigkeiten jenseits der 130 km/h. Hier hat man sichtlich an der Stärke des Materials gespart, was leider beim Fahren immer zu sehen ist.
0,25-Prozent-Besteuerung für alle Xpeng-Modelle
Die Limousine Xpeng P7 beginnt mit Heckantrieb bei 41.680 Euro, die Wing Edition kostet 58.487 Euro (jeweils netto, exkl. Ust.) – und liegt auch mit Steuer noch unter der neuen Dienstwagen-Fördergrenze von 70.000 Euro. Genau wie der G9, der bei 48.403 Euro beginnt und in der AWD-Performance-Variante auch 58.487 Euro kostet. Damit sind die Xpeng-Modelle mit 0,25-Prozent-Besteuerung als Firmenwagen privat zu fahren.
Die Fahrzeuge machen insgesamt doch einen sehr hochwertigen Eindruck, bieten auf den ersten Kilometern ein gutes Fahrgefühl mit Komfort und Fahrspaß und einer übersichtlichen digitalen Bedienung. Wie sich Xpeng mit seinen Modellen und dem Vertrieb über sein Vertragshändler-Netz in Deutschland schlägt, wird die Zeit zeigen. bfp FUHRPARK & MANAGEMENT wird berichten.
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