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Inhaltsverzeichnis

Ausschreibung

Augen auf bei der Auftragsvergabe im Fuhrparkmanagement

Bevor ein Fuhrparkleiter einen Auftrag nach außen vergibt, sollte er mittels Ausschreibung das beste Angebot ermitteln.

von Alfons Wolf

Ausschreibungen sind insbesondere bei größeren Fuhrparks mit einem entsprechenden Aufwand verbunden. Das schreckt je nach Kapazitäten und personellen Ressourcen bei der doch sehr umfangreichen Tagesarbeit der Fuhrparkmanager dann auch mal ab. Doch eigentlich sind sich alle einig: Wer betriebswirtschaftlich handelt, der muss Verträge und Einkaufsbedingungen regelmäßig überprüfen.

Allgemeine Ausschreibungsinformationen

Das Grundgerüst einer Ausschreibung des Fuhrparks beinhaltet

  • allgemeine Informationen zur ausgeschriebenen Flotte,
  • den Ablauf der Ausschreibung,
  • die Anforderungen an die Anbieter,
  • die Einkaufskonditionen,
  • die Leasing- und Servicekonditionen sowie
  • Informationen zu Preisbindung und über Referenzen

Wichtige Bestandteile sind des Weiteren

  • Leasingkonditionen: Leasingfaktor, Rabatte, Gebrauchtwagenwerte, Mehr- und Minderkilometer
  • Servicekonditionen: Pauschale für Sommer-/Winterreifen, Ummontage & Einlagerung, Wartung & Reparatur, Mehr-/Minderkilometer, Kfz-Steuer, GEZ-Gebühren, Tankkarte, Schadensabwicklung
  • Ergänzende Dienstleistungen: Reporting, Fahrerdirektkommunikation, Web-Angebotstool

Quelle: Leitfaden Fuhrparkmanagement, BME Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf & Logistik e. V., 2016

Warum ausschreiben?

„Europaweite Ausschreibungen für Fahrzeuge aber auch Leistungen wie Kraftstoffversorgung, Reifen, Fahrzeugreinigungen oder Werkstattleistungen bilden einen der Grundbausteine für ein effektives und wirtschaftliches Fuhrparkmanagement“, unterstreicht Thorsten Krumm, Leiter Fuhrpark Polizei Hamburg. Er verantwortet mit seinem Team rund 1.000 Fahrzeuge. Die Ausschreibungszeiträume sollten laut Krumm so gewählt sein, dass die Fahrzeuge/Fahrzeugklassen, die einem ständigen Controlling unterliegen sollten, zum wirtschaftlich optimalen Zeitpunkt ausgesondert werden.

So könnten Verträge für die genannten sonstigen Leistungen nur bis zu einer maximalen Dauer abgeschlossen werden. „Je nach ausgeschriebener Leistung bewegen wir uns zwischen einem und bis zu vier Jahren. Diese Verträge beinhalten in der Regel die Optionen einer einjährigen Verlängerung und der beiderseitigen Kündigung“, so Krumm weiter.

Wie häufig ausschreiben?

„Wir empfehlen einen Ausschreibungs-Rhythmus von drei Jahren, denn es ist sinnvoll, eine vollständige Leasingperiode abzuwarten“, rät Patrick Vierveijzer, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Lease Plan Deutschland. Erst wenn die Standardlaufzeit eines Leasingvertrags komplett abgewickelt wurde, hätte die Fachabteilung genügend Informationen für eine selbstkritische Bedarfsanalyse. Den Drei-Jahres-Turnus für die Fahrzeuge unterschreibt auch Knut Krösche, Sprecher der Geschäftsführung der Carmobility GmbH: „Damit lassen sich die wesentlichen Veränderungen im Fuhrpark und im Mobilitätsmarkt gut abbilden“. Innerhalb dieses Zeitraums wäre es aber durchaus sinnvoll, hin und wieder einen Benchmark einzuholen, um sicherzustellen, dass die Konditionen noch marktgerecht sind.

Worauf achten?

Der erste Schritt ist zunächst, sich bezogen auf das eigene Unternehmen klar zu werden, was von Bedeutung ist und was nicht. „In einer Ausschreibung ist es besonders wichtig, die richtigen Fragen zu stellen. Deshalb empfehlen wir Fuhrparkmanagern, sich von Standardausschreibungen zu lösen“, meint Vierveijzer. In einer Ausschreibung solle der Fokus nicht auf Quantität, sondern auf Qualität liegen. Standardausschreibungen würden seiner Meinung nach dazu verleiten, eine Vielzahl von Fakten abzufragen, die nicht unbedingt von Relevanz sein müssen. Besonders wichtig sei die hauseigene Bedarfsanalyse, die vor einer Ausschreibung erfolgen sollte.

Was wird ausgeschrieben?

Das sieht auch Fuhrparkleiter Thorsten Krumm so: „Besonderes Augenmerk ist auf die vorbereitenden Tätigkeiten zu richten. Dazu ist es erstens erforderlich, sich ein möglichst exaktes Bild davon zu machen, was ausgeschrieben werden soll“. Das müsse dann im Rahmen einer intensiven Marktanalyse beleuchtet werden. Das heißt: „Es muss geprüft werden, ob das Gewünschte am Markt erhältlich ist und welche und wie viele Firmen dafür in Frage kommen“, so Krumm. Alle rechtlichen Rahmenbedingungen seien da natürlich zu beachten, wie Wettbewerb, Transparenz oder Antidiskriminierung.

Welche Schwerpunkte setzen?

„Welche Bedürfnisse gibt es im Unternehmensfuhrpark und auf welchen Schwerpunkt, möchte ich als Fuhrparkleiter meinen Fokus legen? Eine fundierte Bedarfsanalyse sollte in den Schritten Definition, Analyse und Bewertung – also der Gewichtung der einzelnen Faktoren – erfolgen“, so der Lease-Plan-Deutschland-Chef. „Auf keinen Fall sollten Äpfel mit Birnen verglichen werden. Neben den tatsächlichen Konditionen und Leasingraten sollten sich Flottenmanager sehr genau die einzelnen Dienstleistungsumfänge anschauen“, ergänzt Krösche von Carmobility.

Was sollte man sich genau anschauen?

Während nämlich manchmal der letzte Cent in der Leasingrate diskutiert wird, könne das Fehlen bestimmter Leistungsumfänge bei Wartungsdienstleistungen schnell zu hohen Prozesskosten führen. „Hier sollten sich Fuhrparkmanager genau anschauen, welche garantienahen Leistungen abgedeckt sind, welche Gebühren für die Hauptuntersuchung vollständig übernommen werden oder inwiefern ein Anspruch auf Kostenübernahme für Ersatzmobilität besteht. Dort steckt der Teufel häufig im Detail“, warnt Krösche. Außerdem sei die Größe des Händler- und Servicenetzes relevant. Bei internationalen Fuhrparks käme dazu, ob die Leasinggesellschaft echte Büros mit Mitarbeitern im Ausland vorhält, um eine gute Vor-Ort-Betreuung der lokalen Flotte zu gewährleisten.

Welches sind konkrete Auswahlkriterien

Um konkrete Ausschlusskriterien, Kriterien mit Mindestanforderung, Soll- oder auch Musskriterien herauszuarbeiten, muss die Philosophie des Fuhrparks klar sein. „Zum Beispiel: Stehen Kostenoptimierungen im Mittelpunkt? Handelt es sich bei den Fahrzeugen um Service- oder eher um Motivationsfahrzeuge? Wie international ist die Flotte aufgestellt?“, konkretisiert Krösche. Bei den Fahrzeugen ginge es vor allen Dingen darum, auch tatsächlich bestellfähige Fahrzeuge auszuschreiben und sich auf eine begrenzte und klar definierte Anzahl von Autos zu beschränken. „Denn je mehr Fahrzeugkonfigurationen ausgeschrieben werden, desto länger dauert die Kalkulation. Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass die Konditionen und Modelle beim Vertragsabschluss selber schon wieder überholt sind“, so der Carmobility-Chef weiter. Eine Ausschreibung solle maximal acht Wochen dauern. Weniger sei hier häufig mehr.

Was empfiehlt der Verband?

Eine eigene Ausschreibung zu entwickeln, ist nicht trivial. Der Verband der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften VMF hat daher eine normierte Fuhrparkausschreibung erarbeitet. „Ziel war die Vereinfachung der Ausschreibung für alle Beteiligten“, so Michael Velte, Vorsitzender des VMF und Geschäftsführer der Deutschen Leasing Fleet. Bis zu 60 Prozent Zeitersparnis bei der allerersten Ausschreibung, 20 bis 30 Prozent bei Folgeausschreibungen prognostiziert der VMF. Im Laufe der Jahre gab es viele Erfahrungswerte, wie eine Ausschreibung idealer Weise aussehen sollte, um für den Kunden das optimale Ergebnis zu erzielen. Die Vorlage kann kostenlos heruntergeladen werden und ist vor allem sehr einfach an die eigenen Belange anzupassen. „Dabei spart man nicht nur einige Stunden Arbeit, man hat auch die Gewissheit, keine wesentlichen Punkte zu vergessen“, so Velte.

Ist die VMF-Ausschreibung hilfreich?

Das bestätigt auch Wolfgang Winkmann, Fuhrparkleiter der Alpine Energie Deutschland GmbH, einem 1.000 Mitarbeiter starken Dienstleister, der unter anderem Energielieferanten ein vielfältiges Leistungsangebot bietet. Der Flottenverantwortliche hat bei seiner ersten Ausschreibung für die 600 Fahrzeuge umfassende Flotte mit dem Tool gearbeitet und empfiehlt das uneingeschränkt weiter. „Die VMF-Fuhrparkausschreibung hat mir sehr geholfen. Ich selbst wäre sicherlich nicht so in die Tiefe gegangen und hätte Details vernachlässigt, wenn ich die Ausschreibung selbst entwickelt hätte. So haben wir in der Auswertung Faktoren gesehen, die uns andernfalls sicher gar nicht aufgefallen wären“, sagt Winkmann auf der Homepage des VMF.

Wie erfolgt eine detaillierte Auswertung?

Ob nun die Vorlage und Empfehlung eines Verbandes genutzt wird, oder eine selbst entwickelte: Die Ausschreibung sollte so gestaltet sein, dass nach Eingang der Angebote eine möglichst detaillierte Auswertung möglich ist, empfiehlt Thorsten Krumm. Dazu müsse man festlegen, wie viele Punkte für welche angebotene Leistung vergeben werden und zum anderen eine genaue Gewichtung der Bedeutung der einzelnen Ausschreibungskriterien. „Nur so ist es möglich, das tatsächlich wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln“, fasst Krumm zusammen.

Wen sollte die Ausschreibung berücksichtigen?

Wenn sich die Möglichkeit bietet, sollte die Angebotsbewertung durch einen Test der angebotenen Fahrzeuge durch den Nutzerkreis begleitet werden. Vierveijzer ergänzt: „Eine Ausschreibung in größeren Unternehmen sollte auch die Stimmen hausinterner Stakeholder berücksichtigen. Nur wenn die Stimmen aller (Prozess-)Beteiligten im Vorfeld gehört werden, kann eine Ausschreibung richtig erfolgreich sein. Darüber hinaus hilft eine gemeinsame Entscheidung später dabei, neue Prozesse möglichst reibungslos zu implementieren“.

Wie hoch sollte die Zahl der Anbieter sein?

„Wir sind bestrebt, so viele Anbieter wie möglich einzubeziehen. Zum einen, um dem Diskriminierungsverbot zu entsprechen, zum anderen aber aus wirtschaftlichen Gründen“, sagt Krumm. Denn eine möglichst umfangreiche Zahl an Bietern würde auch eine große Auswahlmöglichkeit bedeuten. Der VMF sieht das etwas anders. Der VMF empfiehlt aus verschiedenen Gründen, maximal sechs Leasinggesellschaften oder weniger in die Ausschreibung herein zu nehmen. Zum einen, um die Übersicht zu behalten, die Vergleichbarkeit valide zu gestalten und die besten Ergebnisse schnell zu identifizieren. „Das muss in einem gesunden Verhältnis stehen. Alles, was darüber hinausgeht, hat nur noch einen bedingten Grenznutzen und wird dann sehr kleinteilig. Denn auch eine einfache und zeitsparende VMF-Standardfuhrparkausschreibung kostet Zeit und damit Geld“, sagt VMF-Chef Velte.

Fazit

Für Thorsten Krumm ist klar: „Eine hohe Zahl von Bietern ist die beste Basis für eine wirtschaftliche Angebotsbewertung und -auswahl“. Jahrzehntlange Erfahrungen hätten ihn gelehrt, dass mit einer marktoffenen und transparenten Ausschreibung ein weiter Bieterkreis angesprochen werden kann. Und Knut Krösche gibt zu Bedenken: „Fuhrparkmanager sollten nicht wegen kleinerer Kosteneinsparungen den Dienstleister oder Leasinganbieter wechseln. Kosten und Nutzen eines Anbieterwechsels sollten hier genau gegenübergestellt werden. Denn meistens sind etablierte und gut funktionierende Prozesse und ein langes Vertrauensverhältnis mehr wert, als der letzte Euro an Kosteneinsparung“.

Was ist besonders wichtig?

Auch Michael Velte von der Deutschen Leasing hält es für besonders wichtig, dass bei der Ausschreibung nicht alleine die Zahlen ausschlaggebend sein sollten, sondern auch die Qualität der Beratung sowie der Betreuung während der Laufzeit, der TCO-Ansatz und die faire Fahrzeugbewertung am Vertragsende. Gerade deshalb sei ein persönlicher Eindruck des möglichen künftigen Geschäftspartners aus seiner Sicht elementar.

„Wir erleben immer wieder, dass der Perspektivwechsel von der Leasingrate zur Vollkostenbetrachtung für Überraschungseffekte sorgt. Denn Fahrzeuge, die vordergründig als günstig erachtet wurden, stellen sich über den Nutzungszeitraum auf einmal als ziemlich teuer heraus“, sagt Vierveijzer von Lease Plan Deutschland. Neben den harten Fakten könne es aber ebenso wichtig sein, Alleinstellungsmerkmale abzufragen. „Wird es später in einer Ausschreibung besonders knapp, können es eben diese Besonderheiten sein, die Zünglein an der Waage spielen“, so Vierveijzer. Darüber hinaus offenbaren Alleinstellungsmerkmale indirekte Schwächen von anderen Anbietern. Denn ein Alleinstellungsmerkmal, das den Namen verdient, sollte klar zur Charakterisierung und Differenzierung der Anbieter dienen.

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