Auch Fuhrparks haben weiterhin große Probleme, bestellte Neufahrzeuge zu erhalten. Lieferzeiten bleiben auch aktuell nur schwer kalkulierbar.
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Auch Fuhrparks haben weiterhin große Probleme, bestellte Neufahrzeuge zu erhalten. Lieferzeiten bleiben auch aktuell nur schwer kalkulierbar.

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Fahrzeugbeschaffung

Lange Lieferzeiten: Kein Ende in Sicht

Selbst auf Brot-und-Butter-Autos warten Unternehmen heute monatelang. Ein aktueller Stand zur Lieferzeiten-Problematik.

Überkapazitäten, Autos im Überfluss, großzügige Rabatte: Wer hätte vor der Corona-Krise gedacht, monatelang auf Brot-und-Butter-Modelle zu warten, mit spezieller Ausstattung vielleicht sogar ein Jahr oder länger? Wohl niemand. Dann kam der Chipmangel durch unterbrochene Lieferketten, seit Anfang 2022 wirkt sich der Krieg in der Ukraine zusätzlich auf die Produktions- und Lieferfähigkeit der Hersteller aus. Sprich: Eine Entspannung in Sachen Lieferzeiten ist nicht in Sicht, zumindest kann sie derzeit niemand seriös prognostizieren.

Dass auch und ganz besonders Fuhrparks die Konsequenzen der Lieferverzögerungen spüren, steht außer Frage. Grund genug für uns, uns intensiver mit den Lieferzeiten zu befassen. Das angedachte Ziel dieses Beitrags: Ihnen eine Übersicht zu liefern, wann Sie bei welchem Hersteller mit der Auslieferung Ihrer bestellten Fahrzeuge rechnen können. Nur leider klaffen Anspruch und Realität hier weit auseinander. Auch wenn uns die Hersteller und Importeure konkrete Daten auf diese Frage lieferten, bleibt die Frage nach der mittelfristigen Belastbarkeit. Denn die Situation ist und bleibt so volatil, dass einmal getroffene Aussagen bereits kurz nach Veröffentlichung wieder obsolet sein können.

Was uns davon abhält, konkrete und modellbezogene Lieferzeiten-Übersichten zu erstellen, uns aber zur ersten Erkenntnis in Sachen Lieferfähigkeit bringt: Alles fließt, praktisch verwertbare Aussagen der Hersteller und Importeure sind nur schwerlich zu bekommen. Nicht, weil sie sie nicht kommunizieren wollen, sondern weil sie sie schlicht und ergreifend nur für die Momentaufnahme treffen können. Denn der Krieg in der Ukraine oder lange Container-Staus vor Shanghai aufgrund kurzfristiger Corona-Lockdowns machen auch mittelfristige Planungen oft schneller zunichte als befürchtet.

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„Lieferverzögerungen von Monaten, wenn nicht sogar Jahren“

Die Konsequenzen spüren auch die Unternehmenskunden. „Die Lieferfähigkeit der Hersteller ist nach wie vor ein großes Problem“, sagt Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbands Betriebliche Mobilität (BBM), bis vor Kurzem bekannt als Bundesverband Fuhrparkmanagement, mit Blick auf Chipkrise und Ukraine-Krieg. „Sah es zu Beginn des Jahres so aus, als könnte sich die Autoindustrie langsam vom Chipmangel erholen, hat die aktuelle Situation dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Noch immer stehen Lieferverzögerungen von Monaten, wenn nicht sogar Jahren an der Tagesordnung.“

Erfahrungen, die sich mit unserer Recherche bei den Herstellern und Importeuren im April decken. Aus ihr lassen sich drei Haupttrends ableiten:

  1. Es gibt nicht die eine Lieferzeiten-Problematik: Die einzelnen Marken geben teils deutlich unterschiedliche Statements zur Lieferfähigkeit ab. Einige wenige sagen sogar, überhaupt nicht von Lieferverzögerungen betroffen zu sein. Aber auch unter der absoluten Mehrheit, die diese Problematik bestätigen, sind die konkreten Aussagen dazu sehr verschieden. Einige legen sich für 2022 gar nicht mehr konkret fest, sondern sprechen nur von einer Lieferfähigkeit bis Jahresende. In der Regel nannten die Marken in unserer Umfrage im April aber konkrete Zeitspannen für die Lieferfristen der einzelnen Baureihen – wobei von vier Wochen über 18 Monate bis „weit in das Jahr 2023 hinein“ alles dabei war. Klar muss den Kundinnen und Kunden außerdem sein, dass sich die Lieferfristen in der Regel auch innerhalb der Modellpaletten baureihenspezifisch unterscheiden.
  2. Augen auf bei der Antriebswahl: Auch die jeweiligen Antriebsformen und Motorisierungen wirken sich oft direkt auf die Lieferzeiten aus. So können sich die Lieferzeiten von reinen Elektroautos, Plug-in-Hybriden und Verbrennermodellen deutlich unterscheiden. Ein klare Aussage, welche Antriebsform am schnellsten beim Kunden ist, lässt sich dabei aber nicht treffen. Beispiel Elektroautos: Bei der einen Marke dauert ihre Auslieferung besonders lang, bei der anderen rollen die Stromer besonders schnell vom Band.
  3. Auf die Ausstattung kommt es an: Je mehr Ausstattung, desto größer die Gefahr von Lieferverzögerungen. Denn natürlich geht bei elektronischen Optionen von der Rückfahrkamera bis hin zum Assistenzsystem ohne die Mangelware Halbleiter gar nichts. Wer also ein individuell konfiguriertes und voll ausgestattetes Auto will, muss weiter damit rechnen, lange zu warten. Und sollte darauf achten, wie sich die Optionslisten der Hersteller verändern. Denn manche Features verschwinden – zeitweise – ganz aus den Preislisten, auch Ausstattungspakete werden teils neu geschnürt, um die Lieferfähigkeit zumindest auf ein annähernd erträgliches Maß zu reduzieren. Und: Wer auch mit einem vorkonfigurierten Fahrzeug leben kann, kommt teilweise deutlich schneller an sein neues Auto. Was an der einen oder anderen Stelle vielleicht Kompromisse in Sachen Car Policy erfordert.

Auch wenn bei einigen Marken reine Elektroautos nach eigener Aussage schneller geliefert werden können als Verbrennermodelle, wenn BBM-Geschäftsführer Schäfer die Stimmen aus den Unternehmen bündelt, kommt er zu folgender Aussage: „Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind demnach teilweise noch in akzeptablen Zeiträumen erhältlich, im Bereich der Elektromobilität sieht es schlimmer aus.“

Voraussetzung Bestellbarkeit

Damit Autos geliefert werden können, müssen sie aber erstmal bestellbar sein. Und auch hier werden deutliche Differenzen zwischen den einzelnen Herstellern und Importeuren sichtbar. Die einen sagten im April, ihre komplette Modellpalette sei weiterhin und ohne Einschränkungen bestellbar. Wobei auch in diesen Fällen natürlich kritisch zu überprüfen ist, was genau die komplette Modellpalette ist. Die vollständige, aus der Vergangenheit bekannte? Oder eine stets aktualisierte, die zwar kurzfristig komplett ist, aber aus einer immer wieder angepassten Modell- und Optionsauswahl besteht? Andere wiederum verkündeten, erfolgte Bestellstopps wieder aufgehoben zu haben, wieder andere bestätigten anhaltende Bestellstopps. So sind zum Redaktionsschluss zum Beispiel im Volkswagen-Konzern keine Plug-in-Hybride orderbar. Auch bestimmte Ausstattungsoptionen haben einige Hersteller vorübergehend aus dem Programm genommen.

Besonders kritisch sieht Axel Schäfer die Nichtverfügbarkeit von Elektroautos oder Plug-in-Hybriden, vor allem mit Blick auf die notwendige Transformation der Mobilitätsstrategien in den Betrieben: „Es ist für die betriebliche Mitarbeiter-Mobilität ein großes Problem, wenn Fuhrparkbetreibende die Unternehmensmobilität nachhaltiger gestalten wollen, aber derzeit keine Elektrofahrzeuge bekommen können“, so Schäfer. „Das bremst die Neuausrichtung der Mobilität hin zu mehr Nachhaltigkeit aus.“ Denn auch wenn es längst angesagt sei, über eine neu gestaltete Mobilität über das Auto hinaus nachzudenken: „Fahrzeuge sind nun einmal noch immer ein zentraler Baustein der Mobilität unserer Wirtschaft.“

Voller Umweltbonus und Überbrückungsmobilität als weitere Herausforderungen

Wann sich die Lieferzeiten-Situation wieder entspannt, kann derzeit jedoch niemand prognostizieren. Zu groß und unkalkulierbar sind die politischen und pandemischen Risiken, denen sich die Branche gegenübersieht. So überrascht es vor diesem Hintergrund, dass sich viele Marken optimistisch zeigen, dass sich die Lage bis Jahresende wieder leicht entspannen wird, wenngleich von kompletter Normalität keine Rede sein kann. Die Stimmen, die keine Verbesserung der Lage sehen, gibt es natürlich weiterhin.

Verbessert sich die Lage nicht und verkürzen sich die Lieferzeiten nicht, droht Käuferinnen und Käufern von Plug-in-Hybriden und reinen Elektroautos ein weiteres, finanzielles Risiko. „Dazu kommt die Ungewissheit, ob die Innovationsprämie, also der erhöhte Umweltbonus, genutzt werden kann“, sorgt sich Schäfer. Schließlich reiche Stand heute die Bestellung Bestellung 2022 nicht aus, um sie in Anspruch zu nehmen, das Fahrzeug müsse noch in diesem Jahr zugelassen werden. Schäfer ärgert sich: „Eine Farce.“ Und fasst die Lieferzeiten-Problematik mit Blick auf alternative Antriebe so zusammen: „Die wirklich sinnvolle Mobilitätswende wird ungemein gebremst.“

Außerdem: Laufen Leasing-Verträge aus, wird es laut BBM immer schwieriger, die betriebliche Mobilität mit Fahrzeugen sicherzustellen. Zwar betonen Hersteller und Importeure, dass sie ihre wartenden Kunden sofern nötig – in Kooperation mit ihren Händlern und Finanzdienstleistern – mit flexiblen Mobilitätslösungen wie Mietfahrzeugen, Autoabos oder Verlängerungen der Leasing- und Finanzierungsverträge mobil halten. BBM-Mann Schäfer sieht hier aber auch Herausforderungen: „Dabei muss ebenfalls vorausgesetzt sein, dass die Fahrzeuge verfügbar sind. Auch Vermieter haben unter Umständen Probleme, Fahrzeuge zu bekommen.“ Und ihm sei bekannt, dass bei einer namhaften Leasinggesellschaft „die Bereitschaft der oft in der Branche angepriesenen ‚stillschweigenden‘ Vertragsverlängerung nicht mehr gegeben“ sei. „Das bringt betroffene Unternehmen in erhebliche Schwierigkeiten“, kritisiert Schäfer.

Mit Verweis auf Medienberichte sieht er übrigens noch eine ganz andere Herausforderung, die aus der aktuellen Lieferzeiten-Problematik resultiert. Und zwar, dass Hersteller ihre knappe Ressourcen bevorzugt im Hochpreissegment verbauen. „Ich kann das nicht verifizieren, außer dass viele Hersteller bei niedrigeren Stückzahlen durch höhere Margen einen höheren Gewinn in ihren Finanzreports ausweisen“, schränkt Schäfer zwar ein. Betont aber gleichzeitig: „Das würde zu Lasten des Mobilitätsbedarfs betrieblicher Fuhrparks gehen, denn Fahrzeuge für die Führungsetage umfassen nur einen geringen Prozentsatz.“

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