Seit diesem Jahr ist Lynk & Co in Europa am Start. Derzeit einziges Modell der Geely-Tochter und Volvo-Schwestermarke ist das Kompakt-SUV 01, das auf der Konzern-CMA-Plattform steht. Beim Vertrieb geht Lynk & Co ganz eigene Wege. Welche das sind, erklärt CEO Alain Visser im Gespräch mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT.
Nur ein neues Auto kann jeder
bfp: Herr Visser, wie möchten Sie Flotten- und Gewerbekunden in Deutschland von der noch unbekannten Marke Lynk & Co überzeugen?
Alain Visser: Einfach ein neues Auto präsentieren, das kann jeder. Bei uns geht es vor allem darum, wie wir unsere Kunden ansprechen und auf welche Weise sie unsere Fahrzeuge beziehen können. Natürlich benötigen Sie immer ein überzeugendes Produkt, um erfolgreich zu sein. Das haben wir mit unserem Kompakt-SUV Lynk & Co 01. Aber: Als ich Ende 2015 gebeten wurde, eine neue Automarke ins Leben zu rufen, war mir sofort klar: Wir brauchen nicht einfach eine neue Automarke, wir brauchen eine neue Form der Mobilität. Und genau das ist auch der Punkt, mit dem wir unsere Kunden überzeugen wollen.
bfp: Was genau verstehen Sie unter neuer Mobilität bei einer Automarke?
Visser: Wie gesagt, es geht nicht darum, das nächste beste, günstigste oder schnellste Auto auf den Markt zu bringen. Wir differenzieren uns über unser Geschäftsmodell. Mit unserer Membership, andere mögen vielleicht von einem Autoabo sprechen, was es aber nicht ganz trifft, zielen wir auf Kunden, die sich nicht mehr mit dem Gedanken beschäftigen möchten, wann sie zu welchen Konditionen ihr nächstes Auto kaufen.
Lynk & Co: Automarke als integrierter Mobilitätsprovider
bfp: Wie unterscheidet sich Ihre Membership von einem klassischen Autoabo?
Visser: Wir sind extrem flexibel. Anders als viele andere Autoabos, bei denen es sich in Wahrheit um Langzeitmieten oder Kurzzeit-Leasing handelt, bieten wir die Fahrzeugnutzung wirklich ab einem Monat Vertragslaufzeit an. Außerdem denken wir im Sinne einer Community, daher auch der Name Membership: Sobald es die Corona-Lage wieder zulässt, werden wir unseren Mitgliedern exklusive Benefits zum Beispiel auch aus dem kulturellen Bereich anbieten. Und: Der Lynk & Co 01 verfügt serienmäßig über eine Sharing-Funktion. Das heißt, Sie können Ihr Fahrzeug einfach via Smartphone mit anderen teilen und so Ihre eigene monatliche Rate optimieren – inklusive automatischer Abrechnung zu von Ihnen selbst definierten Konditionen.
bfp: Sie sind nicht der einzige, der Carsharing anbietet. Was machen Sie anders als andere?
Visser: Stimmt. Es gibt neben uns andere Autohersteller, es gibt andere Carsharing-Anbieter. Aber was es bislang nicht gibt: Einen Anbieter, der all diese Komponenten aus einer Hand in einem System anbietet: das Auto, das Carsharing und das Abo, das wir ja wie gesagt als Community verstehen. Das ist die Marktlücke, die wir besetzen. Das ist es, was unsere Innovation ausmacht.
bfp: Kunden können den Lynk & Co 01 aber trotzdem kaufen oder leasen. Wie hoch sind die Anteile der jeweiligen Bezugsform?
Visser: Das war für uns eine der spannendsten Fragen vor der Markteinführung des Lynk & Co 01 in Europa. Wir hatten gehofft, dass sich 70 Prozent der Kunden für eine Membership entscheiden. Der Rest für einen klassischen Kauf oder das Leasing, das wir in Kooperation mit ALD anbieten. Diese Erwartung haben unsere Kunden bei Weitem übertroffen: Über 90 Prozent entscheiden sich für die Membership.
Lynk & Co-Carsharing: „Unternehmen können profitieren“
bfp: Noch einmal zurück zu unserer Zielgruppe: Flotten- und Gewerbekunden spielen für Sie aber explizit eine Rolle?
Visser: Auf jeden Fall. In Europa haben wir aktuell rund 21.000 Kunden. Davon sind 25 bis 30 Prozent Flotten- und Gewerbekunden. Für Unternehmen bietet Lynk & Co ganz neue Möglichkeiten, einen Fuhrpark zu organisieren.
bfp: Welche Flotten- und Gewerbekunden haben sich bislang für Lynk & Co entschieden?
Visser: Bislang konnten wir vor allem kleinere Unternehmen von Lynk & Co überzeugen. Aber wir sprechen auch mit größeren Organisationen. Wir glauben, dass diese Unternehmen in besonderem Maß von unserer Sharing-Funktion profitieren können. Wer heute zum Beispiel 20 Dienstwagen vorhält, kann die mit unserem individuellen Carsharing vielleicht auch auf zehn Fahrzeuge reduzieren und so deutlich effizienter unterwegs sein.
Reiner Online-Vertrieb
bfp: Im Geschäft mit Flotten- und Gewerbekunden müssen die Prozesse sitzen. Wie organisieren Sie Vertrieb und Service für Ihre Kunden?
Visser: Wenn es um dem Verkauf geht, ist Lynk & Co eine Online-Marke. Unsere Pop-up-Clubs wie in Hamburg dienen in erster Linie dazu, unsere Marke zu präsentieren. Auch wenn es dort natürlich möglich ist, Probefahrten zu vereinbaren oder sogar Verträge zu unterschreiben. Aber auch dann erfolgt die Auslieferung im Anschluss direkt zum Kunden. Den Service wickeln Volvo-Werkstätten für uns ab. Aber ich lege großen Wert darauf, dass nur wir Ansprechpartner im Service sind. Steht eine Wartung oder Reparatur an, erkennen wir das zumindest im Falle der Wartung proaktiv, kontaktieren unsere Kunden, bieten einen Hol- und Bring-Service und sorgen auf Wunsch auch für Ersatzmobilität.
bfp: Nichtsdestotrotz gibt es bei Ihnen spezielle Vertriebs-Ansprechpartner für Gewerbekunden.
Visser: Genau. Pro Markt werden wir einen Account Manager für Flotten- und Gewerbekunden einsetzen. Uns ist natürlich bewusst, dass der persönliche Kontakt in dieser Zielgruppe eine besondere Rolle spielt.
Nie mehr als drei Lynk & Co-Modelle gleichzeitig
bfp: In Europa starten Sie jetzt mit dem Lynk & Co 01, in China gibt es bereits einen Lynk & Co 09. Gibt es Pläne, die Modellpalette kurzfristig auch hier auszubauen?
Visser: Ja, es wird auch in Europa weitere Lynk & Co-Modelle geben. Aber mein Credo war immer: Je einfacher, desto besser. Das gilt auch für die Modellpalette. Schon heute bieten wir unseren 01 ausschließlich in Vollausstattung an. Die Kunden haben dann die Wahl, ob sie einen Voll- oder Plug-in-Hybrid möchten, außerdem können sie die Farbe wählen: blau oder schwarz. Übertragen auf die Modellpalette heißt das: Mehr als drei Baureihen gleichzeitig werden Sie bei uns nicht finden.
bfp: In welche Richtung können wir denn spekulieren?
Visser: Wenn Sie an ein vollelektrisches Modell denken, liegen Sie mit Sicherheit nicht falsch. Ein reines Elektroauto bieten wir im ersten Schritt deshalb nicht an, weil wir glauben, dass die Infrastruktur in Europa noch ausbaufähig ist.
bfp: Herr Visser, herzlichen Dank für das Gespräch.
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