Frank Jung
Also, wenn Sie mich fragen – dieser Transporter ist allenfalls so mittel klasse. Um es schonungslos gerade heraus zu sagen: wir reden hier von Durchschnitt. Und zwar dem des Lenkrades. An seiner breitesten Stelle misst das Lenkrad des neuen VW Crafter 38 Zentimeter und damit exakt genauso so viel wie das des Mittelklassemodells Škoda Octavia. Und es fühlt sich – wohl auch wegen der serienmäßigen neuen elektromechanischen Lenkung – genauso an.
Pkw-Gefühl
Schon in der Vergangenheit war zu beobachten, dass Transporter sich bei den Fahreigenschaften und ganz besonders bei der Gestaltung des Cockpits immer stärker an Pkw orientierten. Mit dem Crafter scheint Volkswagen einen vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht zu haben. Ganz erstaunlich, was unser immerhin knapp sechs Meter langer Testwagen mit Lkw-Zulassung hinsichtlich Pkw-Qualitäten zu bieten hatte. Und wir reden hier zunächst nur vom Handling und von serienmäßiger Ausstattung. Denn nie zuvor hatte ein Transporter auch in punkto (aufpreispflichtiger) Zusatzausstattung eine so lange Liste. Unser Testwagen, bei denen die Hersteller natürlich zeigen, was sie im Köcher haben, hatte allein für 14.000 Euro Leckerlis an Bord, die einem Luxusauto zur Ehre reichen würden.
In allen Belangen souverän
An der Erwähnung der Fahrzeuglänge wird der Experte schon gemerkt haben, dass wir den mittellangen Crafter 35 Kastenwagen fuhren, und zwar in Kombination mit Hochdach und dem 103 kW (140 PS) starken Diesel, der mittleren von drei Motorisierungen also. Zusammen mit dem manuellen Sechsganggetriebe – für den Top-Diesel mit 177 PS ist auch eine Achtgangautomatik verfügbar (2.400 Euro) – war diese Maschine auch mit Beladung sehr souverän. Unser Verbrauch bei meist unbeladenen Fahrten lag bei 8,0 Liter, der Hersteller gibt 7,4 Liter an. Unsere Expertin Anne Hübner errechnete daraus Gesamtkosten von 34,42 Cent je Kilometer (48 Monate/160.000 Kilometer).
Lässt man einmal die hohe Sitzposition außen vor, so fühlt man sich gerade als Kenner der VW-Verhältnisse im Crafter sofort zuhause. Da bei Nkws mit spitzer Feder kalkuliert wird, so findet sich hier kein Weichkunststoff, aber dafür Hartplastik, das optisch wie das Volkswagen-Pkw-Original aussieht.
Löblicher Laderaum
Wo wir beim Arbeitsplatz sind, so sei hier auch gleich die erste Sonderausstattung wärmstens empfohlen, nämlich der ergonomische Schwingsitz „Ergo Comfort“ mit elektrisch einstellbarer Lordosenstütze und zwei Armlehnen (520 Euro – alle Preise ohne Mehrwertsteuer).
Kommen wir zum Ladeabteil, für das wir ausschließlich Lob übrig haben. Das fängt an beim Universalboden mit insgesamt zehn massiven Verzurrösen und Verzurrschienen in Längsrichtung (855 Euro). Die Ladekante ist erfreulich niedrig, die Hecktüren lassen sich mit einer Hand ausrasten und mit einem Magnetpöppel an der Außenwand arretieren. Haltegriffe am Heck und der Seitentür erleichtern den Zugang und – man möchte die Ingenieure knutschen – es gibt vier richtig helle LEDs serienmäßig!
Fazit: Der Crafter ist in Sachen Transporter derzeit ohne Frage das Maß der Klasse.