Es gibt so allerlei feste Größen an Dienstwagen in Fuhrparks ab einer gewissen Hierarchieebene. Dazu gehören die S-Klasse von Mercedes-Benz, der Audi A8 und der 7er BMW. Einen Lexus LS 500 findet man selten, obwohl er alles mitbringt, was ein Oberklasse-Fahrzeug haben muss. „Lexus-Kunden zählen in Deutschland zu den Individualisten. Wer sich im Mainstream wohlfühlt, entscheidet sich wohl kaum für ein Modell der Premium-Tochter von Toyota“, schrieb unlängst unser Kollege.
Omotenashi
Für Lexus ist der LS 500 der Ausdruck einer Philosophie. Die Japaner sind davon überzeugt, dass sich neue Luxusstandards eines Flaggschiff-Modells nicht einfach im Hinzufügen weiterer Ausstattungsmerkmale und Technologien erschöpfen. Sie zielen vielmehr darauf ab, Luxus mit Fortschritt zu verbinden, um die Fahrzeugpassagiere zu umsorgen, sich um sie zu kümmern, auf ihre Wünsche mit den richtigen Lösungen zu reagieren und dem Fahrer das Gefühl zu geben, mit dem Fahrzeug eine perfekte Einheit zu bilden. Diese Philosophie wurde inspiriert von der japanischen Gastfreundschaft Omotenashi.
Geräumigkeit trotz coupéhafter Linienführung
Und tatsächlich, der LS 500 ist bereits äußerlich beindruckend. Imposant ist die schiere Masse des sich über 5,24 Meter erstreckenden Viertürers, der allerdings nicht mehr so plump wie in den Vorgänger-Generationen daherkommt. Die Designer nutzten für die aktuell fünfte Generation die GA-L-Plattform (globale Architektur für Luxusfahrzeuge) als Basis für den LS. Deren Proportionen gestatten einen längeren Radstand, einen geräumigen Innenraum und ein niedrigeres, auf den unteren Teil des Fahrzeugs fokussiertes Erscheinungsbild mit coupéhafter Linienführung.
Dies jedoch ohne Einbußen hinsichtlich Geräumigkeit und Komfort. Bemerkenswert ist das erstmals bei einer Lexus Limousine zum Einsatz kommende Sechs-Fenster-Profil mit hervorragender Rundumsicht. Außerdem wurden die Fensterflächen dabei so eingepasst, dass sie bündig mit den Karosseriesäulen abschließen.
Motor und Getriebe
Als Antrieb dient ein 3,4-Liter-V6-Motor unter der langen Haube. Dabei unterstützt ihn kein zusätzlicher Lexus-typischer E-Motor, denn die von uns getestete Antriebsvariante verzichtet auf den bei Lexus sonst üblichen Hybrid-Antrieb. Ein Aggregat reicht aus, um mit 417 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment via 10-Gang-Automatik über alle vier Räder den 2,1-Tonner mit Leichtigkeit voranzubringen. Die Automatik wechselt dabei blitzschnell und geschmeidig die Gänge. Auch dank der vielen Übersetzungsstufen sind bei eigentlich jedem Tempo mehr als ausreichend Leistungsreserven vorhanden.
Lexus hat es geschafft, dass man sich so im LS 500 wohlfühlt, dass ein wenig das Gefühl für die Geschwindigkeit abhandenkommt. Zwar spürt man beim kräftigen Beschleunigen den kernig klingenden Motor und die physikalischen Kräfte, doch bei konstanter Geschwindigkeit, egal ob 50 oder 150 Kilometer pro Stunde, schwebt man regelrecht. Man bleibt von der Außenwelt durch eine feine Fahrwerksabstimmung, sehr gute Dämmung sowie bequeme Polster regelrecht abgeschirmt. Unbemerkt, statt mutig, fährt man zuweilen mit erhöhter Eingangsgeschwindigkeit in Kurven. Doch für den allradgetriebenen Lexus LS 500 sind Kurven relativ. Und so meistert das Flaggschiff elegant jede noch so enge Biegung. Dank Allradantrieb zirkelt er auch souverän wieder hinaus.
Sportlich Souverän, aber kein Sportwagen
Soviel Sportlichkeit macht Durst. 10,2 Liter Super auf 100 Kilometer schluckt der Motor, was 0,4 Liter über dem angegebenen Normverbrauch liegt. Man könnte auch sparsamer mit dem LS 500 fahren, doch er verführt eben zu Reisegeschwindigkeiten, die man in anderen Autos als übertrieben schnell empfinden würde.
Komfort und Luxus für die Passagiere
So beeindruckend das Fahrgefühl des LS 500 für den Fahrer ist, so beeindruckend ist er für die Gäste im Fond. Wenn man auf einem der beiden Komfortsitze weilt, offenbart sich wieder die Philosophie Omotenashi und man wird sich bewusst, dass es sich um ein Chauffeur-Fahrzeug allererster Güte handelt. Natürlich ist man auf weichem Polster gebettet, hat viele Einstellungsmöglichkeiten und genießt auch reichlich Beinfreiheit. Doch das sind Selbstverständlichkeiten. Lexus ist es darüber hinaus gelungen, ein besonders wohnliches Interieur zu komponieren, dessen Luxusflair sich in besonders eindrucksvoller Weise erst aus der Fondperspektive entfaltet. Optional gibt es plüschige Stoffakzente, Kristall-Applikationen und ein für die japanische Kultur so typischer Sinn für feine Details, wie Techniken der Origami-Faltkunst für die Türverkleidung. Jenseits von Fragen des Geschmacks bietet der LS eine auf Wunsch sehr noble Ausstattung, was sich am Beispiel eines erstklassigen Rear-Entertainment-Systems zeigt. Hier können die beiden Gäste auf den Rücksitzen, die anders als in anderen Autos eben nicht die billigen Plätze sind, das im Wortsinn große Kino erleben. Jeder blickt auf sein brillant auflösendes Display und wird zugleich in den feinen Surroundsound des Mark Levinson 3D Surround Referenz-Soundsystems mit 23 Lautsprechern eingehüllt. Per Knopfdruck kann man noch die Vorhänge schließen und so von der Außenwelt entrückt tief in den Sitz sinken, der auf Wunsch seinen Gast wärmt und massiert.
Fazit:
Dass der LS weit mehr ist als nur ein schnödes Transportmittel, hat allerdings seinen Preis: Ab rund 80.000 Euro (netto) geht es ohne Allrad los. 123.000 Euro verlangt Lexus für den 500, wenn man die randvoll mit Extras bestückte Luxury Line mit Kristalldekors und die Origami-Stoff-Türverkleidung bestellt. Im Vergleich zum Wettbewerb ist der Japaner jedenfalls alles andere als ein Schnäppchen. Für Individualisten mit Sinn für japanische Philosophie spielt das preislich selbstbewusste Auftreten keine Rolle.