Von Dr. Katja Löhr-Müller
Dem Arbeitsschutz kommt in vielen Unternehmen große Bedeutung zu. Da wird geprüft, ob Bildschirmarbeitsplätze richtig ausgeleuchtet sind, keine Kabel als Stolperfallen über Gänge geführt werden und vieles mehr. Wenn es aber um die Nutzung von Dienstwagen geht, ist es mit der Arbeitssicherheit so eine Sache.
Dienstwagen sind Arbeitsmittel
Nicht jedem Arbeitgeber ist bekannt, dass es sich bei Firmenfahrzeugen um Arbeitsmittel handelt, auf die die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch die Unfallverhütungsvorschriften Anwendung finden. Einige Flottenbetreiber wissen zwar, dass Dienstwagen ebenfalls zu den Arbeitsmitteln zählen, halten Schutzmaßnahmen aber nicht für erforderlich.
Dann sind Aussagen zu hören wie "unsere Fahrzeuge sind regelmäßig in der Inspektion" oder "unsere Arbeitnehmer kümmern sich selbst um die Dienstwagen, sie haben sie ja schließlich auch konfiguriert". Auch fallen Statements wie "jeder Autofahrer hat doch irgendwann einmal einen Führerschein gemacht, der wird schon wissen, wie man ein Firmenfahrzeug fährt".
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Verantwortliche können in Regress genommen werden
Wird auf Arbeitssicherheit in der Fahrzeugflotte keinen Wert gelegt, kann das sehr unangenehme Folgen für die Entscheidungsträger haben. Denn wer vorsätzlich oder grob fahrlässig im Fuhrpark handelt, wodurch ein Arbeitnehmer verletzt wird, kann von der gesetzlichen Unfallversicherung in Regress genommen werden. Das gleiche Schicksal kann die Unternehmensführung treffen, die jene Handlungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlässt, die erforderlich sind, um Arbeitsunfälle zu vermeiden.
Der Gesetzgeber hat mit den §§ 104-107 Sozialgesetzbuch 7. Buch (SGB VII) die Haftung von Unternehmen und deren Betriebsangehörigen für Gesundheitsschäden, die Arbeitnehmern anlässlich ihrer Tätigkeit widerfahren, zwar eingeschränkt.
Kommt es zu einem Arbeitsunfall, soll nicht der Arbeitgeber haften, sondern für die Unfallfolgen kommt die gesetzliche Unfallversicherung auf. Dies gilt aber eben nur so lange, als die verpflichteten Personen nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handeln. Denn in dem Fall greift § 110 SGB VII.
Dort heißt es: "Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen."
Bei Regress geht es oft um hohe Summen
Zwar heißt es weiter, dass die Sozialversicherungsträger nach billigem Ermessen entscheiden können, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise zu verzichten. Hiervon wird jedoch nur Gebrauch gemacht, wenn zu befürchten steht, dass ein Arbeitgeber bei einer Inanspruchnahme zahlungsunfähig, sprich insolvent würde.
Bei solchen Regress geht es meist um hohe Summen. Denn die Verletzung eines Arbeitnehmers kann teure Heilbehandlungsmaßnahmen, Reha-Maßnahmen oder sogar eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach sich ziehen. Wurden also Unfallverhütungsvorschriften vorsätzlich oder grob fahrlässig missachtet, kann dieses Fehlverhalten weit reichende Folgen haben.
Vorsätzlich handelt nicht nur der, der absichtlich bestimmte Handlungen vornimmt oder unterlässt. Auch derjenige, der nur in Kauf nimmt, dass ein Erfolg eintritt, selbst wenn dieser unerwünscht ist, handelt vorsätzlich. Juristen sprechen hier von dem sogenannten bedingten Vorsatz.
Grob fahrlässig handelt dagegen, wer die jeweils erforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen des Einzelfalls in außergewöhnlich hohem Maß verletzt, d. h. ganz naheliegende, einfachste Überlegungen unterlässt und nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen. Gemeint ist dabei eine objektiv besonders schwere und auch subjektiv nicht entschuldbare Pflichtverletzung.
Arbeitgeber muss sich um Schutzmaßnahmen kümmern
Stellt ein Arbeitgeber zum Beispiel für Transportfahrten ein Fahrzeug zur Verfügung, mit dem eine ordnungsgemäße Ladungssicherung überhaupt nicht möglich ist, weil es an jeglichen Ladungssicherungshilfsmitteln fehlt, wird er sich mit dem Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit konfrontiert sehen. Denn es ist allgemein bekannt, dass es wegen nicht gesicherter Ladung in Fahrzeugen zu schweren Unfällen kommen kann, bei denen Menschen verletzt oder sogar getötet werden können.
Auch wer bei winterlichen Straßenverhältnissen seinen Arbeitnehmern Poolwagen mit Sommerbereifung zur Verfügung stellt, kann sich regresspflichtig machen, sollte wegen der falschen Bereifung der Fahrzeugnutzer zu Schaden kommen. Grobe Fahrlässigkeit kann auch vorliegen, wenn das Unternehmen seinen Arbeitnehmern Service- Fahrzeuge überlässt, die ohne Beifahrerairbag ausgerüstet sind, wohl wissend, dass sich in den Fahrzeugen immer zwei Monteure befinden.
Fahrerunterweisung ein wichtiges Thema
Arbeitgebern ist deshalb dringend geraten, sich an die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 70 zu halten und für die Einhaltung der darin festgelegten Pflichten zu sorgen. Dies umfasst nicht nur den betriebssicheren Zustand des Firmenfahrzeugs, also dessen Verkehrssicherheit und Arbeitssicherheit, sondern ebenso wichtig ist die Unterweisung der Fahrer im Umgang mit dem Fahrzeug und dem Verhalten im Straßenverkehr.
Mit der einmal im Jahr durchzuführenden Sachkundigenprüfung, häufig auch UVV- Prüfung genannt und einer jährlichen Unterweisung, die auch als Online-Schulung ausgestaltet werden kann, sind Arbeitgeber gut gerüstet. Denn wer sich als Arbeitgeber um seine Firmenfahrzeuge und Mitarbeiter kümmert, mag zwar nicht immer alles richtig machen, grob fahrlässiges oder sogar vorsätzliches Handeln beziehungsweise Unterlassen wird in der Regel jedoch nicht vorliegen.
Dies ist der beste Schutz davor, von der gesetzlichen Unfallversicherung in Regress genommen zu werden. Auch Bußgelder müssen nicht gefürchtet werden, wenn die Unfallverhütungsvorschriften beachtet werden. Denn die Berufsgenossenschaft ist nach § 209 Abs. 3 SGB VII berechtigt, bei einem Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 € zu verhängen.