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E-Mobilität im Fuhrpark

Umstellen auf E-Flotte eine große Herausforderung

Haltbarkeit, Wiederverkaufswert, Einsatzzweck – E-Mobilität wirft bei Fuhrparkverantwortlichen noch viele Fragen auf. Auch auf dem bfp Fuhrpark-FORUM 2019 drehten sich viele Vorträge um das Thema.

Von Wolfgang Schäffer

Für welchen Einsatzzweck sind E-Autos geeignet? Sind es eher Poolfahrzeuge oder die personenbezogenen Dienstwagen? Wie ist das Laden zu gestalten? Müssen im Unternehmen Ladestationen errichtet werden? Wie hoch sind die Kosten? Gibt es Anbieter, die das alles regeln? Wie sieht es mit der Qualität und der Haltbarkeit der E-Autos aus? Wie ist der Wiederverkaufswert einzuschätzen?

Es sind viele Fragen, die Fuhrparkverantwortliche im Hinblick auf die Einführung von Elektrofahrzeugen im Fuhrpark derzeit bewegen. Eine Reihe von Vorträgen sowie diverse Gespräche an den Ständen des bfp Fuhrpark-FORUMs haben sicherlich dazu beigetragen, ein wenig Licht ins elektrische Dunkel zu bringen.

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Lademöglichkeiten sind entscheidend

Für Alexander Rauch, zuständig bei der Arval Deutschland GmbH für das Thema Elektro-Mobilität, sind Punkte wie Spaltmaße und Hubraum eher Themen von gestern: "In Zukunft wird es weitaus mehr um Ladedauer, Ladestruktur, Reichweite und Strommix gehen." Seiner Ansicht nach müssten die Qualitätsmerkmale von Autos zwangsläufig neu dargestellt werden.

Anhand von Tabellen und Grafiken machte der Experte sehr anschaulich die Art der Lademöglichkeiten sowie die Unterschiede zwischen Normal- und Schnellladung deutlich. Bei der Beschaffung der Fahrzeuge sei verstärkt darauf zu achten, welche Möglichkeiten des Aufladens das jeweilige Modell biete. "Das hat immer Auswirkungen auf die Ladezeiten", sagt Rauch und unterstreicht seine Aussagen mit einem Vergleich zwischen dem Audi e-tron und dem Tesla Model S.

An einer Schuko-Steckdose mit 230 Volt dauere das Laden 31 Stunden und 46 Minuten beim Audi und 33 Stunden und 26 Minuten beim Tesla. Beim Einsatz einer Wallbox mit elf Kilowatt (kW) verringere sich die Zeit auf 8,36 beziehungsweise neun Stunden.

Noch besser sieht es aus, wenn die Wallbox 22 kW leistet: 4,18 beziehungsweise sechs Stunden seien es dann. Erfolgt eine Schnellladung mit Gleichstrom und gekühltem Kabel, benötigt der e-tron bei einer Ladeleistung von 150 kW nach Worten Rauchs lediglich noch 38 Minuten. "Doch nicht jedes Auto ist dafür technisch ausgerüstet und entsprechende Ladesäulen gibt es längst nicht überall."

Reichweite und Ladezeit in der Kritik

In Deutschland wird in Umfragen vor allem die Ladezeit als eines der Hauptargumente gegen E-Mobilität genannt, gefolgt von der Reichweite. "80 Prozent der Befragten bemängeln zu lange Wartezeiten beim Aufladen. Sorge um zu geringe Reichweite haben sogar 93 Prozent." Rauch bezeichnet das als "German Angst", da in anderen Ländern Bedenken in dieser Größenordnung nicht zu verzeichnen seien.

"Da gerade die letzten 20 Prozent Aufladung der Akkus immer recht lange dauern, muss das Ansteuern von Ladesäulen anders erfolgen, als bei Benzin- oder Dieselantrieben. Es macht manchmal Sinn, schon nachzuladen, wenn die Batterie noch mehr als 60 Prozent Energie hat. Das kann weitaus effizienter sein, als zu warten bis sich der Energievorrat dem Ende zu neigt", rät der Elektromobilitäts-Experte.

Auch wenn Rauch erkennbar ein Freund des E-Antriebs ist, sagt er realistisch: "Generell muss der Flottenverantwortliche genau darauf achten, welches Fahrzeug für wen Sinn macht. Das kann auch ein Diesel sein."

Komplettangebot zu festen Raten

Robin Geisler indessen setzt voll auf die E-Mobilität. Der Geschäftsführer von eeMobility ist überzeugt, gute Lösungen für die meisten Anforderungen auf diesem Gebiet im Angebot zu haben. "Generell gilt bei E-Autos, dass idealerweise dann geladen werden sollte, wenn das Fahrzeug ohnehin steht, sprich, nicht benötigt wird. Das kann im Unternehmen aber eben auch bei dem jeweiligen Mitarbeiter zu Hause sein."

Fragende und skeptische Blicke bei den anwesenden Flottenmanagern bringen Geisler keinesfalls aus der Ruhe. "Mit dem Mobilitätspaket eeFlat bieten wir die Tankkarte fürs Elektrofahrzeug: laden zu Hause, laden am Arbeitsort, laden unterwegs. Die Abrechnung mit dem Fuhrparkmanager erfolgt zu kilometerbasierten Festpreisen inklusive Öko-Fahrstrom. Wir installieren und überlassen dem Arbeitnehmer eine Box auf einem privaten Stellplatz, stellen ihm den Zugang zum europaweiten öffentlichen Ladenetzwerk bereit und ermöglichen ihm jederzeit unterwegs zu laden. Wir liefern ihm überall zertifizierten Ökostrom unabhängig von seinem Privatstromtarif."

Geisler betont, dass es möglich sei, ein Komplettangebot zu liefern und das zu festen Raten, auf die sich die Arbeitgeber, respektive die Fuhrparkverantwortlichen, verlassen könnten.

Fuhrparkprozesse dürfen nicht leiden

Keine Frage sei, dass die jeweiligen Fuhrparkprozesse immer zu berücksichtigen seien und nicht unter der Einführung der E-Mobilität leiden dürften. Deshalb müssten die Fahrer der E-Autos in gewisser Hinsicht geschult werden. Geisler: "Nicht nur, dass aus Tanken nun Laden wird, sich damit der Umgang mit den Fahrzeugen neu definiert wird. Auch die Bedürfnisse und Ansprüche der Fahrzeugnutzer ändern sich. Der Umstieg ist ein fundamentaler Wandel."

Von diesem Wandel und den damit verbundenen Problemen aber auch Chancen weiß Kai Groth, Geschäftseinheit Fuhrparkmanagement bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR), ebenfalls zu berichten. "Wir sind das größte kommunale Entsorgungsunternehmen in Deutschland und haben uns auf die Fahnen geschrieben, möglichst viele unserer Fahrzeuge mit alternativen Antrieben auszustatten."

Grundlage dafür seien die Klimaziele der EU und der Bundesrepublik, der Luftreinhalteplan sowie die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Derzeit würden bei der BSR diverse Einsatzfelder für E-Antriebe aber auch andere Alternativen analysiert. Dabei gehe es um Reichweite ebenso wie um Energieverbrauch und Nutzlast. "Gerade Letzteres ist für unsere Abfallsammelfahrzeuge nicht unerheblich", sagt Groth.

Mit Fahrzeugtests, dem Erfahrungsaustausch mit externen Nutzern, anderen Städten und Kommunen, der Planung, Festlegung und dem anschließenden Aufbau einer Ladeinfrastruktur werde die E-Mobilität nach und nach weiter ausgebaut. "Bis 2021 werden wir 100 Prozent unserer Personenwagen auf elektrische Antriebe umgestellt haben. 75 Prozent rollen dann rein elektrisch, der Rest wird hybridisiert. Diese Wagen stehen dann den Abteilungen für Dienstreisen mit weiteren Wegstrecken zur Verfügung."

Akzeptanz für E-Mobilität noch nicht spürbar

Etwas anders sieht laut Groth der Zeitplan bei den Abfallsammelfahrzeugen aus. Dort hat man in den vergangenen Jahren bereits Erfahrungen gesammelt mit Erdgas-, Brennstoffzellen-, Plug-in-Hybrid- und E-Fahrzeugen. Doch gerade bei den Elektroantrieben fehle es oft an den entsprechenden Angeboten. "Nutzfahrzeughersteller haben bislang nur wenige oder gar keine serienreifen Modelle. Deshalb bieten wir uns auch als Projektpartner an, um gemeinsam Erfahrungen zu sammeln."

Groth betont jedoch, dass eine Akzeptanz für die E-Mobilität noch nicht wirklich spürbar sei. "Derzeit kompensieren Förderprogramme die höheren Investitionskosten bei den Fahrzeugen sowie der Ladeinfrastruktur."

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Einstieg in die E-Mobilität aus Forschersicht

Das Fraunhofer Institut in Stuttgart beschäftigt sich seit geraumer Zeit damit, wie der Einstieg in die Elektromobilität von Unternehmen zu meistern ist. "Wir haben an unserem Institut eine Ladeinfrastruktur von 500 kW aufgebaut. Bis Ende 2019 stehen dann 19 Säulen mit jeweils 22 kW Wechselstrom (AC) und eine mit 150 kW Gleichstrom zur Verfügung. Geplant ist eine Verdoppelung der Spitzenlast des Ladestandorts auf ein Megawatt."

Julien Ostermann weiß, dass das Vorhaben eine große Herausforderung ist. Mindestens so, wie sie auch Flottenbetreiber zu bewältigen haben, wenn sie auf E-Mobilität umstellen wollen. "Die Investitionskosten und der Planungsaufwand sind hoch. Zudem müssen unterschiedliche Fachabteilungen eingebunden werden, da es nicht nur um die Beschaffung von Fahrzeugen, sondern auch um Baumaßnahmen, Stromstärken und andere Details geht."

Gleichwohl weist Ostermann aber auf die Chancen hin, die elektrische Fahrzeugflotten böten. Hier seien natürlich vor allem ökologische Aspekte mit der entsprechenden Außenwirkung zu nennen. Zudem bewege sich ein solcher Fuhrpark „im Einklang mit den Megatrends der Digitalisierung und Vernetzung“. Würden dazu noch die Ladepunkte des Unternehmens für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wirke sich das enorm positiv auf das Image aus.

Auf dem Weg zur Umstellung müsse zunächst eine Strategie definiert werden. "Es gilt den Status Quo zu erfassen und Konzepte zu erarbeiten. Im zweiten Schritt müssen IT-basierte Lösungen zum Tragen kommen, um Prozesse zu automatisieren und damit letztlich die Effizienz zu steigern." Der Gewinn daraus sei ein geringerer Personalaufwand und eine auf Echtzeitdaten basierende Anpassung der Abläufe.

Vom Fuhrpark- zum Mobilitätsmanagement

Das Fraunhofer Institut hat laut Ostermann inzwischen mit "ubstack" eine Cloud-Plattform für den Betrieb von-E-Fahrzeugflotten inklusive der Ladeinfrastruktur entwickelt. "Fahrten werden gebucht und die Autos werden unter Berücksichtigung der Reichweite automatisch zugewiesen. Dabei hat der Flottenmanager einen Überblick über alle Ladevorgänge, weiß um eine bedarfsgerechte Disposition der Fahrzeuge und kann mögliche Konflikte früh erkennen."

Auf der anderen Seite sei sichergestellt, dass die Autos immer ausreichend geladen seien und ein intelligentes Lastmanagement zum Einsatz komme. "Ladepunkte, Ladestrategien und Ladevorgänge sind leicht zu verwalten sowie abzurechnen. Eine Bewertung der Auslastung des Fuhrparks ist somit jederzeit möglich."

Ostermann unterstreicht, dass sämtliche Daten an einem sicheren Ort in der Cloud gespeichert würden. Für den Forscher von Fraunhofer Institut steht längst fest, dass zukünftige Unternehmensmobilität über das Fahrzeug hinaus gehe. "Das Fuhrparkmanagement entwickelt sich zum Mobilitätsmanagement."

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