Verkehrsverstöße durch Dienstwagennutzerinnen und -nutzer: Die Halterhaftung des Unternehmens endet nicht so schnell.
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Verkehrsverstöße durch Dienstwagennutzerinnen und -nutzer: Die Halterhaftung des Unternehmens endet nicht so schnell.

Inhaltsverzeichnis

Fuhrpark-Recht

Verkehrsverstöße: Fahrtenbuch droht

Wer nach Verkehrsverstößen Fahrerin oder Fahrer nicht nennen kann, muss mit einer verordneten Fahrtenbuchauflage rechnen.

Sie sind auch im Fuhrpark an der Tagesordnung: Regelverstöße im Straßenverkehr. Wurde mit einem Firmenfahrzeug zu schnell gefahren, der einzuhaltende Mindestabstand unterschritten oder vielleicht eine rote Ampel überfahren, drohen Fahrerin oder Fahrer nicht nur ein Bußgeld, sondern oft auch ein Fahrverbot. Stellt eine Bußgeldbehörde im Anschluss an einen Verstoß eine Anfrage an das Unternehmen als Fahrzeughalter, stellt das in der Fuhrparkpraxis häufig ein Problem dar.

Im irrigen Glauben, man dürfe Fahrerdaten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht an Behörden herausgeben, setzt sich das Unternehmen in seiner Funktion als Fahrzeughalter selbst einem hohen Risiko aus. Gleiches gilt, wenn Arbeitgeber die jeweilige Fahrerin oder den Fahrer nicht ermitteln (können). Aussagen wie „In unserem Unternehmen werden keine Fahrerdaten an die Bußgeldstelle herausgegeben.“ oder „Woher sollen wir denn wissen, wer gerade den Poolwagen genutzt hat oder wer neben unserem Mitarbeiter aus dessen familiärem Umfeld den Dienstwagen noch fährt?“ fallen also nicht selten. Dabei sind sich Geschäftsführung oder die für den Fuhrpark verantwortlichen Person nicht bewusst, auf welchem Glatteis sie sich damit bewegen.

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Halterpflichten für Unternehmen

Denn werden Firmenwagen Mitarbeitern zur ausschließlich dienstlichen oder auch zusätzlich zur privaten Nutzung überlassen, bleibt der Arbeitgeber dennoch Halter dieser Fahrzeuge. Weder durch die Versteuerung des privaten Nutzungsvorteils noch durch die Beteiligung an Fahrzeugkosten für Privatfahrten wird ein Arbeitnehmer zum alleinigen Fahrzeughalter. Nach der Rechtsprechung besteht die Haltereigenschaft beim Arbeitgeber auch dann fort, wenn im Dienstwagenüberlassungsvertrag vereinbart wird, die Halterpflichten seien vom Mitarbeiter zu übernehmen.  Wird mit dem Firmenfahrzeug dann ein Verkehrsverstoß begangen, ist der Halter auskunftspflichtig.  Häufig kommt es auch vor, dass die Behördenanfrage einfach von der Fuhrparkverwaltung an den Dienstwagennutzer weitergeleitet wird mit der Bitte, sich doch selbst um die Angelegenheit zu kümmern. Bestenfalls wird bei fest zugeordneten Fahrzeugen der Bußgeldstelle mitgeteilt, wem der Pkw zur regelmäßigen Nutzung überlassen ist. Wer als Arbeitgeber meint, damit seinen Halterpflichten ordnungsgemäß nachgekommen zu sein, irrt allerdings gewaltig.

Denn durch die Überlassung eines Dienstwagens hat das Unternehmen als Fahrzeughalter mit dem begangenen Verkehrsverstoß zu einer schweren Verkehrsgefährdung durch einen Dritten beigetragen. Der Arbeitgeber ist daher aus seiner Stellung als Halter nach § 7 StVG verpflichtet, bei der Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers mitzuwirken. Wird der Fahrer nicht benannt, schafft das Unternehmen mit der weiteren Überlassung des Fahrzeugs an diese Person außerdem das Risiko, dass weitere Verkehrsverstöße begangen werden können.

Bleibt ein Verkehrsverstoß wegen der unzureichenden Mitwirkung des Halters jedoch ungesühnt, kann jetzt gegen das Unternehmen selbst als Halter vorgegangen werden. Das geschieht nicht etwa dadurch, dass dem Arbeitgeber nun das Bußgeld auferlegt wird, sondern durch die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches durch das zuständige Straßenverkehrsamt. Hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, für dessen Überprüfung die Verwaltungsgerichte zuständig sind.

Fahrtenbuchauflage zur Vermeidung einer Verkehrsgefährdung

Solche Fahrtenbücher haben nichts mit dem steuerlichen Fahrtenbuch zu tun, mit dem die private Nutzung von Dienstwagen individuell steuerlich bewertet werden kann. Das Führen eines Fahrtenbuches nach § 31a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) zur Vermeidung einer weiteren Verkehrsgefährdung wird als die „Kehrseite der wirtschaftlichen Nutzung des Fahrzeugs“ angesehen. Die Rechtsprechung sieht die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage gegenüber dem Unternehmen als Halter selbst dann nicht als unverhältnismäßig an, wenn das Unternehmen der Bußgeldstelle sogar mitgeteilt hatte, wem das Fahrzeug zur Nutzung vertraglich überlassen war, ohne ihn aber als Fahrer identifizieren zu können.

Gleiches gilt, wenn der Dienstwagennutzer den Anhörungsbogen, den ihm der Arbeitgeber zum Ausfüllen überlässt, zwar mit seinen Daten versieht, sich betreffend der Fahrerbenennung dann aber auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft. Denn kein Dienstwagennutzer ist gezwungen, sich selbst oder Familienmitglieder zu belasten. Er darf nach der Strafprozessordnung schweigen. Diese mangelnde Mitwirkung des Mitarbeiters muss sich nach der Rechtsprechung der Arbeitgeber als Halter des Firmenfahrzeugs jedoch zurechnen lassen.

Fahrtenbuchauflage an Halterverantwortung geknüpft

Der immer wieder folgende Hinweis von Arbeitgebern, man solle die Fahrtenbuchauflage doch dann wenigstens gegenüber dem Dienstwagennutzer erteilen, bleibt regelmäßig ungehört. Warum? Weil die Fahrtenbuchauflage an die Verantwortung des Halters und nicht an die des Fahrers anknüpft. Wer als Fuhrparkbetreiber durch die Überlassung eines Firmenwagens an Mitarbeiter ein Risiko in der eigenen Sphäre eröffnet, dass durch den Arbeitnehmer selbst oder deren Familienangehörige Verkehrsverstöße begangen werden, bleibt gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern beziehungsweise Behörden verantwortlich. Verletzt der Fahrer die Verkehrsvorschriften und kann nicht ermittelt werden, hat der Fahrzeughalter die Konsequenzen zu tragen.

Arbeitsrechtliche Aspekte zählen nicht vor Verwaltungsgerichten. Ebenso bleibt der Arbeitgeber bei Klagen gegen die Fahrtenbuchauflage mit der Aussage ungehört, man selbst habe keinen Einblick in die Fahrzeugnutzung durch die zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder der Arbeitnehmer. Zudem könne man das Führen eines Fahrtenbuchs überhaupt nicht kontrollieren, da die Einträge letztlich vom Fahrer selbst vorgenommen werden müssen. Die Verwaltungsrichter weisen dann regelmäßig darauf hin, dass solche Fragen ausschließlich das Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betreffen. Bei Firmenfahrzeugen ist es nach gängiger Rechtsprechung die Aufgabe der Leitung eines Unternehmens, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass festgestellt werden kann, welche Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Firmenfahrzeug genutzt haben. Schafft das Unternehmen ein erhöhtes Risiko, indem neben dem Mitarbeiter weitere Personen das Fahrzeug nutzen dürfen, muss nach Ansicht der Gerichte der Arbeitgeber dann auch die daraus resultierenden Konsequenzen ziehen. Die Ausgestaltung der Dienstwagenüberlassungsverträge ist schließlich Sache des Arbeitgebers, so die Argumentation.

Damit sich Unternehmen durch Verkauf, Kündigung des Leasingvertrages oder Stilllegung des Fahrzeugs nicht aus der Verantwortung ziehen können, ist es in der Praxis üblich, die Fahrtenbuchauflage auch auf das Nachfolgefahrzeug auszudehnen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Auflage auch mehrere Fahrzeuge betreffen, obwohl nur ein vorgeworfener Verkehrsverstoß Grundlage der Verwaltungsanordnung war.

Bußgeld im Zweifel auch für Fuhrparkverantwortliche

Was haben nun aber die Fuhrparkverantwortlichen mit all dem zu tun? In den meisten Unternehmen tragen sie die Halterverantwortung. Wird der Fahrtenbuchauflage nicht ordnungsgemäß nachgekommen, indem falsche oder unvollständige Einträge vorgenommen werden, stellt das eine eigene Ordnungswidrigkeit dar. Sie führt zu einem Bußgeldverfahren gegenüber dem Halterverantwortlichen – sprich Fuhrparkverantwortlichen – selbst. Können sie nicht nachweisen, für ordnungsgemäße und vollständige Eintragungen gesorgt zu haben, indem sie das Fahrtenbuch regelmäßig auf seine Richtigkeit überprüft haben, müssen sie selbst mit einem Bußgeld rechnen.

Unternehmen, die eine Fahrzeugflotte unterhalten, ist deshalb dringend anzuraten, die Fahrer von Firmenfahrzeugen gegenüber der Behörde zu benennen. Ist das nicht möglich, weil der Arbeitgeber selbst eine Zuordnung des Fahrers nicht vornehmen kann, ist der Dienstwagennutzer aufzufordern, die Personalien des Fahrers dem Arbeitgeber mitzuteilen. Im Verhältnis Arbeitnehmer zu Arbeitgeber besteht für den Dienstwagennutzer nämlich kein Aussageverweigerungsrecht. Der Arbeitgeber darf dann auch straflos den Namen des tatsächlichen Fahrers an die Bußgeldstelle weiterleiten. Mit einem angeblichen Verstoß gegen den Datenschutz hat das alles nichts zu tun. Denn die Benennung des Fahrers ist Halterpflicht.

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