Von Wolfgang Schäffer
Silke Bagschik, Leiterin Marketing und Vertrieb der Produktlinie e-Mobilität bei Volkswagen, ist nach ersten Gesprächen mit Fuhrparkverantwortlichen fest davon überzeugt, dass die Elektromobilität großen Zuspruch aus diesem Bereich erfahren wird. "Die Veranstaltungen, auf denen wir unsere Ideen und Vorstellungen für den Einsatz von Elektroautos vorgestellt haben, waren nicht nur gut besucht, sondern hatten auch eine generell positive Resonanz. Wir gehen davon aus, dass 50 Prozent des Absatzes unseres ersten E-Fahrzeugs der neuen Elektro-Generation, dem ID.3, auf Flottenkunden entfallen."
Mit Reichweiten zwischen 330 und 550 Kilometern nach dem WLTP-Zyklus reicht es meistens, einmal pro Woche zu laden. Bagschik sieht das ideale Einsatzgebiet vor allem für Pool-Fahrzeuge. Die könnten bei Stillstand zwischenzeitlich immer wieder geladen werden, so dass jederzeit ausreichend Energie in der Batterie vorhanden sei.
Spezielle Angebote für Großkunden
Zwar mag Bagschik noch keine Einzelheiten nennen. Doch kündigt sie schon jetzt spezielle Angebote für Großkunden an, wenn der ID.3 im kommenden Jahr auf den Markt kommen wird. Nach Schätzungen von Volkswagen werden künftig etwa 70 Prozent aller Ladevorgänge zu Hause (50 Prozent) oder am Arbeitsplatz (20 Prozent) stattfinden. Für diesen Bedarf wird die VW-Tochter Elli (Electric Life) komplette Ladelösungen auch für Unternehmen anbieten – von der bezahlbaren Wallbox inklusive Installation bis zum Grünstrom.
Elli-Chef Thorsten Nicklass erklärt: "Für das sichere, schnelle und bequeme Laden werden die Kunden die Wahl zwischen unterschiedlichen Wallbox-Varianten haben. Die günstige AC-Wallbox mit elf kW eignet sich für das Batterie schonende Laden über Nacht, eine volle Ladung dauert fünf bis acht Stunden. Die Komfort-Version arbeitet ebenfalls mit elf kW und verfügt über Update-Optionen. Eine High-End-Variante DC-Ladestation mit 22 kW kann das E-Auto durch bidirektionales Laden und Anbindung an ein Energie Management System zum Energiespeicher und Teil des intelligenten Stromnetzes der Zukunft machen.
Etwa ein Viertel aller Ladevorgänge wird der Prognose zufolge an öffentlichen Ladesäulen im urbanen Umfeld, fünf Prozent bei Überlandfahrten erfolgen. Hier will Elli als Mobility Service Provider das Laden mit komfortabler digitaler Abrechnung maßgeschneiderter Tarife per Ladekarte einfach machen. Parallel dazu bietet VW vom kommenden Jahr die Lade-App "We Charge" an. Damit sollen E-Auto-Fahrer künftig auf mehr als 100.000 Ladepunkte in ganz Europa zugreifen können. Die App optimiert die Routenplanung, berechnet die Ladestopps und soll auch Reservierungen an Ladepunkten möglich machen. Der Bezahlvorgang erfolgt automatisch. Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität bei der Marke Volkswagen, bezeichnet "We Charge" als "in alle VW-ID-Modelle integrierte Kreditkarte für den Zugang zu Ladestationen in ganz Europa".
Einführung der E-Mobilität wird ein Marathon
Auf der anderen Seite weiß Ulbrich aber auch, dass die Einführung der E-Mobilität kein Sprint, sondern eher ein Marathon werden wird. "Der Erfolg der E-Mobilität hängt mit entscheidend von einer entsprechend ausgebauten Ladeinfrastruktur ab. Wir brauchen dringend mehr und vor allem sichtbare Ladesäulen im öffentlichen Raum." Damit würde ein echtes Signal gegen die weit verbreitete Ladeangst gesetzt und Vertrauen in diese Art des Antriebs gewonnen. In einer Umfrage hatten 76 Prozent der befragten Autofahrer die unzureichende Anzahl an frei zugänglichen Stationen als Hindernisgrund für die Anschaffung eines E-Autos genannt.
Nach Ulbrichs Vorstellungen müsse das Laden eines E-Fahrzeugs ebenso einfach und selbstverständlich werden wie bei einem Smartphone. Er fordert deshalb einen Masterplan E-Mobilität für Deutschland mit dem Schwerpunkt Ladeinfrastruktur. "Wenn Industrie und Politik ihre Kräfte in einer konzertierten Aktion bündeln, dann können wir die Herausforderungen bei der Ladeinfrastruktur sehr schnell lösen." Stefan Schmerbeck, bei Volkswagen unter anderem zuständig für die Mobilität der Zukunft, fordert in diesem Zusammenhang gar ein Grundrecht aufs Laden ein.
Wenn ein Mitglied einer Eigentümergemeinschaft mit mehreren Wohneinheiten in der gemeinsamen Tiefgarage eine Wallbox zum Laden seines E-Autos installieren wolle, müssten die anderen Eigentümer zustimmen. "Nach heutiger Gesetzeslage reicht eine Gegenstimme, um das Projekt scheitern zu lassen." Schmerbeck und Ulbrich sind sich einig, dass im Miet- und Baurecht unbedingt schnellstmöglich die notwendigen Anpassungen erfolgen müssen.
Politik beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in der Pflicht
Ulbrich nimmt die Politik aber noch in einem anderen Punkt in die Pflicht. "Im Koalitionsvertrag ist der Bau von mehr als 100.000 zusätzlichen Ladepunkten bis 2020 festgeschrieben. Derzeit haben wir noch nicht einmal 20.000 solcher Stationen im öffentlichen Raum. Da ist also noch eine Menge zu tun." VW will Ulbrich zufolge ein Zeichen setzen und engagiere sich auf allen Ebenen für den Aufbau der Infrastruktur. In Summe investiere der Konzern markenübergreifend etwa 250 Millionen Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur an den europäischen Standorten.