Gerät ein Akku eines Elektrofahrzeugs in Brand, stellt sich schnell die Haftungsfrage.
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Gerät ein Akku eines Elektrofahrzeugs in Brand, stellt sich schnell die Haftungsfrage.

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Fuhrpark-Recht

Haftung bei Akku-Brand: Auf den Betrieb kommt es an

Ein ausgebauter Akku eines Elektrorollers explodiert während der Fahrzeuginspektion in der Werkstatt. Wer kommt für den Schaden auf?

Ob Elektroauto, E-Scooter oder Elektroroller – mit Strom betriebene Kraftfahrzeuge zählen vermehrt zum Straßenbild und kommen vermehrt auch in Unternehmen zum Einsatz. Da verwundert es kaum, dass sich immer häufiger auch Gerichte mit Schäden auseinanderzusetzen haben, die durch einen Batteriebrand ausgelöst worden. Ein gutes Beispiel dafür ist ein gerichtliches Verfahren, welches über das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht Celle schließlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe landete.

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Wer haftet bei der Akku-Explosion?

So hatte ein Halter seinen Elektroroller zur Inspektion in eine Kfz-Werkstatt gebracht. Dort entnahm ein Werkstattmitarbeiter die Batterie des Rollers entnommen, um sie extern aufzuladen. Weil sich die Batterie dabei stark erhitzte, trennte der Mitarbeiter den Akku vom Stromnetz und legte ihn zur Abkühlung auf den Werkstattboden. Kurz darauf explodierte die Batterie und setzte das gesamte Gebäude in Brand, was zu hohem Sachschaden führte.

Die Gebäudeversicherung der Werkstattimmobilie nahm daraufhin die Kfz-Haftpflichtversicherung des Halters für den entstandenen Gebäudeschaden in Regress. Nachdem die Haftpflichtversicherung sich jedoch nicht in der Einstandspflicht sah, verklagte die Gebäudeversicherung sie vor dem Landgericht. Dieses wies die Klage ab, ebenso wie anschließend das Oberlandesgericht. Dem schloss sich letztlich auch der Bundesgerichtshof an.

Fahrzeugbetrieb ja oder nein?

Ob eine Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 7 Abs. 1 StVG für Brandschäden, die durch einen Batteriebrand beziehungsweise eine Explosion ausgelöst wurden, eintrittspflichtig ist, richtet sich danach, ob dieser Schadenfall beim Betrieb des Fahrzeugs eintrat. Das Berufungsgericht sah das vorliegend nicht als gegeben an. Denn der Betrieb eines Fahrzeugs ende regelmäßig dann, wenn es an einen Ort außerhalb des allgemeinen Verkehrs gebracht worden sei, weshalb sich bei Schädigungen im Zusammenhang mit Wartungsarbeiten im Regelfall keine Verkehrsgefahren realisierten.

Zudem habe der Werkstattmitarbeiter die Batterie entnommen, weshalb das Fahrzeug hierdurch gerade außer Betrieb gesetzt worden sei, so die Berufungsrichter. Befinde sich ein Fahrzeug zur Reparatur in einer Werkstatt und komme es dabei zu einem Schaden, ohne dass dabei eine durch einen vorherigen Betriebsvorgang entstandene Gefahrenlage fort- beziehungsweise nachwirke, fehle es an dem für eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG erforderlichen Zusammenhang mit der Fortbewegung und Transportfunktion.

Die Frage der Halterhaftung

Dem ersten Argument des Oberlandesgerichts Celle schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Ein Schaden ist dann bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, also das Schadensgeschehen zumindest mitgeprägt haben. Dabei ist es immer erforderlich, dass sich bei dem eingetretenen Schaden gerade jene Gefahren realisiert haben, die durch die Halterhaftung gesetzlich abgedeckt werden sollen. Es kommt also auf die sogenannte Betriebsgefahr an, die nur vorliegt, wenn die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.

Diese Sichtweise entspricht der ständigen Rechtsprechung zur Halterhaftung. Deshalb folgt der Bundesgerichtshof dem Oberlandesgericht Celle nicht, soweit dieses meinte, allein der Umstand, dass sich der Elektroroller zur Inspektion in einer Werkstatt befunden habe, spreche gegen die Betriebsgefahr. Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeugs einen Schaden erleiden können, gehöre gerade zu den spezifischen Auswirkungen der Gefahren, die über die Haftungsvorschrift des §§ 7 StVG abgesichert sein sollen, so die Bundesrichter.

Dann mache es rechtlich aber keinen Unterschied, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Andernfalls wären technische Defekte an einem Kraftfahrzeug, die zu einem Schaden bei Dritten führen, nicht über die Haftungsvorschrift abgedeckt. Mit dieser Sichtweise setzt der Bundesgerichtshof seine eigene Rechtsprechung fort. Bereits in einer Entscheidung aus dem Oktober 2020 hatte er entschieden, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig ist, wenn ein nach einem Verkehrsunfall schwerbeschädigtes Fahrzeug erst eineinhalb Tage später in einer Lagerhalle Feuer fängt und es dabei zu einem Gebäudebrand kommt.

Örtlicher und zeitlicher Zusammenhang als wichtiger Faktor

Anders als in dieser Entscheidung sah der Bundesgerichtshof bei dem Elektroroller-Fall aber keinen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Betriebsgefahr und dem eingetretenem Schaden. Denn die Batterie war bereits ausgebaut und hatte keine Verbindung mehr mit dem Fahrzeug selbst. Dann kann sie aber für die Zeit des Ausbaus nicht mehr Teil der Betriebseinrichtung sein. Der Bundesgerichtshof schloss einen Zurechnungszusammenhang deshalb insgesamt aus und wies die Klage der Gebäudeversicherung endgültig ab (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023, VI ZR 1234/20).

Diese Entscheidung zeigt wieder einmal, dass es immer auf den Einzelfall ankommt. Wäre die Batterie geladen worden und explodiert, als sie noch fest mit dem Elektroroller verbunden war, wäre das Urteil wohl anders ausgefallen.

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