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Anzugträger schiebt sein Fahrrad
Office worker on his way home with bike

Nachfrage steigt stetig

Diensträder: Hoffen auf die 0,5-Prozent-Regel

Die weiterhin bestehende Ein-Prozent-Regelung beim geldwerten Vorteil für den Großteil der Räder stößt vor allem bei den Leasinggebern auf Kritik.

Von Wolfgang Schäffer

Der Bundesfinanzausschuss hat eine Neuregelung bei der Versteuerung für Dienstfahrräder und Dienst-E-Bikes von 2019 an beschlossen. Die angekündigte Steuerbefreiung soll umweltfreundliches Engagement von Arbeitgebern und -nehmern honorieren. Doch das Modell trifft in der Praxis den Bedarf nicht wirklich; die Mehrzahl der Dienstradfahrer ist nach aktuellem Gesetzestext von der Regelung ausgeschlossen.

Steuerfreiheit genießen nur Nutzer, deren Arbeitgeber das Dienstrad "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" (Neufassung § 37 Nr. 3 EStG) übernehmen. Der überwiegende Teil der Dienstrad-Leasing-Modelle basiert hingegen auf einer Gehaltsumwandlung. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter während der Überlassung des Fahrrads auf einen Teil seines Arbeitslohns verzichtet. Damit ist die neue Steuerbefreiung für diese Gruppe nicht anwendbar. Für die meisten der mehr als 250.000 deutschlandweiten Dienstradfahrer bleibt es deshalb bei der bekannten Versteuerung nach der Ein-Prozent-Regel.

Diensträder: S-Pedelec-Fahrer profitieren

Einzig die kleine Gruppe der S-Pedelec-Kunden (Motorunterstützung bis Tempo 45 und versicherungspflichtig) profitiert bei der Bemessungsgrundlage für die Berechnung von einer Halbierung der altbekannten Ein-Prozent-Regel. S-Pedelecs werden steuerlich wie E-Autos eingestuft. Nach der Änderung von § 6 EStG werden Fahrer von geleasten E-Autos seit dem 1. Januar 2019 steuerlich mit der neuen 0,5-Prozent-Regel gefördert werden.

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Markus Maus, Geschäftsführer von Company Bike Solutions in München, bezeichnet die Regelung als "eine große Enttäuschung". "Wenn dieses Gesetz auch für Fahrräder und E-Bikes (Pedelecs) in Kraft getreten wäre, hätten die Mitarbeiter unserer Firmenkunden beim Firmenrad-Leasing sogar je nach Gehalt und Steuerklasse mehr als 40 Prozent gegenüber dem Privatkauf sparen können. Das hätte vielen Mitarbeitern einen zusätzlichen Anreiz gegeben, aufs Auto zu verzichten und mit dem Fahrrad einen bedeutenden Beitrag hin zu einer nachhaltigeren Mobilität zu leisten." Maus hofft aber, dass die Bundesregierung die 0,5 Prozent-Regelung mittelfristig auch für Fahrräder und E-Bikes umsetzen wird.

Arbeitgeber kann monatliche Raten zahlen

Positiv zu bemerken sei, dass der Steuersatz schon heute bei null Prozent liege, wenn der Arbeitgeber komplett für die monatlichen Raten aufkomme. "Bei Company Bike tun wir das für unsere eigenen Mitarbeiter bereits." Seit der Firmengründung 2012 habe das Unternehmen jedes Jahr neue Bestellrekorde verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Anzahl der Bestellungen in 2018 beinahe verdoppelt worden.

"Die Pkw-Fahrverbotsdiskussionen haben dazu vermutlich beigetragen. Hinzu kommt aber auch die Einsicht unserer Kunden, dass man durch das Radfahren auf dem Weg zur Arbeit Zeit sparen kann - insbesondere da man Autostaus in Ballungszentren und die zeitintensive Parkplatzsuche umgehen kann."

Signal für nachhaltige Mobilität

Sehr diplomatisch kommentiert Holger Tumat, Geschäftsführer von im Freiburg ansässigen JobRad, die politische Entscheidung. "Wir freuen uns, dass der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz nachhaltige Mobilität zusätzlich fördert. Die Neuregelung ist ein klares Signal, dass die Bundespolitik betriebliche Radmobilität als Instrument einer Verkehrswende erkannt hat, die allen nützt. Allerdings wäre es für uns nicht nachvollziehbar, wenn es für Fahrräder und Pedelecs bei der Versteuerung nach der Ein-Prozent-Regel bleibt. JobRad fordert deshalb eine Anpassung. Bei Finanzierung aus dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn muss auch für Fahrräder und E-Bikes die neue 0,5 Prozent-Regel gelten."

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Auf die Nachfrage nach Diensträdern habe die Neuregelung kaum Auswirkungen. Oftmals sei den Entscheidern aber noch nicht ganz klar, welche Möglichkeiten sich dem Unternehmen nun bieten. "Wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter das Dienstrad zusätzlich zum Arbeitslohn kostenfrei zur Verfügung stellt, muss der den geldwerten Vorteil, der ihm durch die private Nutzung entsteht, nicht mehr versteuern."

Das Unternehmen habe also die Option, dem Mitarbeiter alternativ zu einer Gehaltserhöhung ein steuerfreies Dienstrad zu ermöglichen. "Nachdem sich in den vergangenen Jahren die Bezuschussung des Dienstrads durch den Arbeitgeber etabliert hat, setzt sich auch das arbeitgeberfinanzierte Dienstrad nun immer mehr durch – und hierfür hat die Politik Anreize geschaffen."

Diensträder haben viele Vorteile

Tumat ist sicher, dass das Thema Dienstrad auch in Zukunft stark nachgefragt sein wird. "Für die meisten Unternehmen ist es längst keine Neuigkeit mehr, dass Diensträder Beschäftigten und Arbeitgebern viele Vorteile bieten können. Entscheidend ist, dass das Dienstrad-Angebot für den Arbeitgeber keinen nennenswerten administrativen Mehraufwand bedeutet. Auch für Führungskräfte ist inzwischen ein etwas kleinerer Dienstwagen plus Jobrad oft attraktiver als ein Obere-Mittelklasse-Gefährt. Immer mehr Unternehmen setzen hier mit Erfolg auf sogenannte Mobilitätsbudgets, über die die Mitarbeiter frei verfügen können. Dieser Trend wird sich mit Sicherheit fortsetzen."

Handwerkliche Fehler in der Ausgestaltung des Gesetzes

Zwar habe der Gesetzgeber hat das Thema Fahrrad als wirksame und nachhaltige Alternative zum Pkw erkannt, sagt Ronald Bankowsky, Geschäftsführer von Baron Mobility Services GmbH, zu der auch "mein-dienstrad.de" gehört. "In der Ausgestaltung des Gesetzes sind meiner Meinung nach noch handwerkliche Fehler enthalten. Grundsätzlich sollten alle Fahrräder mit null Prozent versteuert werden, unabhängig davon, ob diese vom Arbeitgeber bezahlt werden oder die Bereitstellung teilweise über eine Entgeltumwandlung erfolgt."

In diesem Jahr sei das Interesse der Arbeitgeber an einer Einführung des Dienstrad-Leasings noch größer als bisher. "Wir stellen fest, dass die Arbeitgeber seit der neuen Gesetzgebung die Kosten der Diensträder eher vollständig übernehmen, als im letzten Jahr." Die Diskussion um Fahrverbote würden insgesamt die Haltung gegenüber dem Fahrrad/E-Bike als echte erlebbare Alternative zur Elektromobilität und dem konventionellen Pkw-Verkehr verändern. Bei den Dienstrad-Modellen liegen nach den Worten Bankowskys elektrisch betriebene Räder, also Pedelecs, mit 80 Prozent an der Spitze. Der Wert steige pro Jahr im Schnitt um 250 Euro, aktuell liegt der Durchschnittspreis bei etwa 3.700 Euro.

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"Das Potential für die Zukunft schätzen wir auf jährlich bis zu 250.000 neue Räder im gesamten Markt. Die Gewerkschaften rund um Verdi und der IG Metall blockieren das Modell der Entgeltumwandlung aktuell noch. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis der öffentliche Dienst auch Diensträder nutzen kann. Ich schätze, dass spätestens 2022 alle Arbeitnehmer und Beamte das Dienstrad-Modell nutzen dürfen." Bis dahin habe sich auch die Infrastruktur in Deutschland noch fahrradfreundlicher entwickelt.

Gewerkschaften sollen reagieren

Alexander Wieborg, Senior Manager Mobility Services (lease-a-bike) in Cloppenburg, blickt ebenfalls positiv in die Zukunft, wenn's um das Dienstrad-Leasing geht. "Wir gehen weiter von hohen Wachstumsraten aus. Für Arbeitgeber wird das Dienstfahrradleasing immer mehr zur Pflicht. Auch die großen Gewerkschaften ändern in der Zukunft hoffentlich ihre Meinung zum Dienstfahrrad."

Momentan sei es aufgrund von Tarifverträgen für viele Mitarbeiter nicht möglich, ein Dienstfahrrad zu leasen. Von der Halbierung der Ein-Prozent-Regel könnten 99 Prozent der Arbeitnehmer nicht profitieren, da sich die Veränderung lediglich auf S-Pedelecs auswirke. Der Großteil der Unternehmen schließe das S-Pedelec vom Dienstfahrradleasing aber aus, da durch das S-Pedelec weitere Pflichten für den Arbeitgeber entstehen. Der Anteil von E-Bikes bei den Kunden liege nach wie vor bei mehr als 80 Prozent. Dabei würden E-MTB und E-Cargo mehr und mehr nachgefragt.

Steigende Unfallzahlen mit E-Bikes

Mit einem gewissen Argwohn und vermutlich auch Sorge dürften Arbeitgeber indessen auf die jüngst veröffentlichen Unfallzahlen mit E-Bikes blicken. Von Januar bis Ende Oktober 2018 ist die Zahl der tödlichen Unfälle mit elektrischen Fahrrädern nach der offiziellen Statistik bundesweit um fast 30 Prozent auf 83 gestiegen. Im Vergleich zu nichtmotorisierten Fahrrädern gehen E-Bike-Unfälle weit überdurchschnittlich häufig tödlich aus, so Unfallforscher. Mehr als ein Fünftel der insgesamt 396 getöteten Radfahrer waren mit elektrischem Antrieb unterwegs, obwohl Elektroräder einen wesentlich kleineren Teil der insgesamt über 70 Millionen Fahrräder in Deutschland ausmachen.

Offensichtlich werden häufig Tempo und Bremskraft der E-Bikes unter- beziehungsweise überschätzt. Entsprechendes Training mit dieser Art von Rädern ist meist hilfreich. Die Zahl der nicht-tödlichen Unfälle ist sogar noch schneller gestiegen. Insgesamt verletzten sich 6998 Pedelec-Fahrer, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um über 50 Prozent. Verletzungen aber bedeuten oft auch den krankheitsbedingten Ausfall am Arbeitsplatz – und das ist etwas, was Arbeitgeber vermutlich gar nicht gern sehen.

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