Von Bettina Göttler
Das hässliche Geräusch ist so unverwechselbar wie das des Bohrers beim Zahnarzt: Das "Klack" eines Steinschlags im Autoglas. Jedes Jahr sind rund zwei Millionen Autofahrer von einem Steinschlag betroffen, so der TÜV Süd. Steinschlag auf der Windschutzscheibe ist auch der häufigste Glasschaden im Fuhrpark. Daneben gibt es noch Einbruchschäden wie zerstörte Seitenscheiben. Der Bruch der Heckscheibe ist eher selten.
30 Minuten für einen Steinschlag
Passiert ein Glasschaden, muss dieser sofort behoben werden. Gerade die Windschutzscheibe gilt als tragendes Fahrzeugteil und auch ein kleines Loch kann zu einem Riss werden, sich vergrößern und verästeln. Geschultes Personal entscheidet, ob das beschädigte Autoglas repariert werden kann oder komplett ausgetauscht werden muss. Dabei hat der Kunde die Wahl zwischen Vertragswerkstätten, Werkstattketten oder Autoglasspezialisten. Auf die beiden letztgenannten wollen wir uns heute konzentrieren.
Generell gilt: Bei einem für die Reparatur geeigneten Steinschlag ist der Arbeitsgang schnell erledigt. Er dauert rund 30 Minuten und die meisten Autoglaser erledigen die Instandsetzung sogar beim Kunden vor Ort. Doch auch umfangreichere Arbeiten im und am Autoglas sind schnell gemacht: "Grundsätzlich können Schäden am Folgetag nach der Schadenmeldung behoben werden", sagt Jörg Curtius, Key Account Flotte/Leasing bei Junited Autoglas Deutschland. Der Prozessablauf soll nicht nur schnell, sondern für Flottenkunden auch einfach sein: "Junited Autoglas arbeitet eng mit diversen Schadendienstleistern zusammen. Diese übernehmen für den Fuhrpark dann das Schadenmanagement."
Zu einer möglichst sorgenfreien Abwicklung gehört auch die Sicherstellung der Mobilität des Fuhrparks. Dafür gibt es neben der Vor-Ort-Reparatur bei Steinschlag in vielen Fällen auch den Hol- und Bring-Service sowie Gratis-Leihwagen für die Dauer der Reparatur.
Hightech im Autoglas
Die Art und Weise der der Autoglas-Reparatur hat ist in den vergangenen Jahren stark verändert. Die Reparatur ist viel komplexer geworden und das Berufsbild des Autoglasers hat sich stark geändert. "Reichte es in der Vergangenheit, den Steinschlag zu reparieren oder die Scheibe auszutauschen, ist es heute erforderlich, dass nach einem Tausch die im Fahrzeug verbauten Assistenzsysteme wieder einwandfrei funktionieren", weiß Jörg Curtius. "Es wird immer mehr technisches Verständnis von der Elektronik der im Fahrzeug verbauten Systeme und deren Auswirkungen gefordert." Für Autoglaser bedeutet das: permanente Schulungen. Für Flottenmanager: Es muss der richtige Autoglaser gewählt werden. Und zwar einer, der auch alle Assistenzsysteme neu kalibrieren kann.
Während in der Windschutzscheibe schon vor zehn Jahren Licht- und Regensensoren verbaut wurden, befinden sich dort heute auch High-Tech-Kameras und Radarsysteme. Über die Kameras beziehen auch Fahrerassistenzsysteme wie der Notbrems- oder der Spurhalteassistent ihre Daten. Diese Systeme müssen nach dem Scheibentausch wieder einwandfrei funktionieren. Die Anforderungen an Diagnosesysteme sind erheblich gestiegen. Carsten Fischer, Bereichsleiter Verkauf und Autoglas bei Euromaster sagt: "In neueren Fahrzeugen ist eine Scheibe längst nicht mehr nur eine Scheibe."
Die Technik treibt den Scheibenpreis
Das hochmodern ausgestattete Autoglas hat auch Folgen für den Fuhrparkmanager, denn die Komfort- und Sicherheitselektronik wirkt sich auf Preis der Scheibe aus. Auch der logistische Mehraufwand schlägt zu Buche, denn die Scheibenarten je Modell nehmen ständig zu.
Um den Reparaturprozess so transparent wie möglich zu gestalten, bearbeitet Euromaster alle Vorgänge zum Thema Autoglas über ein eigenes Webtool. Flottenkunden bekommen einen personalisierten Zugang. "Über dieses Tool können Glas-Aufträge direkt erfasst und terminiert werden. Weiter kann der Kunde Bilder des Schadens und das Protokoll der Kalibrierung direkt einsehen", erklärt Carsten Fischer. "Von der Auftragserfassung bis hin zur Abrechnung werden alle Vorgänge und kundenindividuelle Prozesse in diesem Tool bearbeitet und abgebildet."
Automatisierung im Trend
Auch Carglass Deutschland hat erkannt, dass der Trend beim Autoglas-Service in Richtung automatisierte Prozesse geht. Das Unternehmen hat entsprechend reagiert und bietet gewerblichen Kunden ein Online-Buchungs-Tool. Auch eine Anbindung an Schaden-Apps von Fuhrparkbetreibern ist möglich. "Wir haben auch schon individuelle Schnittstellen nach Kundenbedarf programmiert, um Prozesse – etwa Abrechnungsvorgänge – zu automatisieren", sagt Marco Heistermann, Head of Sales Commercial Accounts bei Carglass Deutschland.
Der Autoglas-Service von Carglass soll in den kommenden Monaten auch an ausgewählten A.T.U-Stationen angeboten werden. Marco Heistermann erklärt: "Wir beabsichtigen, das Autoglas-Geschäft von A.T.U zu übernehmen und darauf aufbauend eine strategische Partnerschaft mit A.T.U einzugehen." Ziel ist "ein integriertes Kundenerlebnis". Autoglas-Kunden sollen von der Expertise der beiden herstellerunabhängigen Unternehmen A.T.U. und Carglass profitieren. "Die Rahmenbedingungen der angestrebten zukünftigen Zusammenarbeit wurden von den beiden Unternehmen in einer Absichtserklärung festgelegt. Die angestrebte Transaktion wird zurzeit vom Bundeskartellamt geprüft", erklärt Marco Heistermann. Er rechnet mit einer Entscheidung in den kommenden Monaten.