Als Head of Sales verantwortet Michael Martensen auch das Groß- und Gewerbekundengeschäft bei Polestar in Deutschland. Im Gespräch mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT erklärt er, weshalb Polestar seinen Kundinnen und Kunden bei der Fahrzeugbestellung neue Wege anbietet, weshalb Hol- und Bring-Services aus seiner Sicht kein Service-Allheilmittel sind, welche Rolle Autoabos für die noch junge Marke spielen und wie es mit der Modellpalette der Schweden weitergeht.
Small Commercials derzeit besonders relevant für Polestar
Herr Martensen, wie wichtig sind Flotten- und Gewerbekunden für Polestar?
Michael Martensen: Polestar ist zwar ein noch junger Automobil-Anbieter, kommt gerade bei Flotten- und Gewerbekunden aber extrem gut an. Gewerbliche Zielgruppen nehmen den Großteil unserer Fahrzeuge ab. Und viele Kunden bestellen nicht nur einmalig bei uns, sondern regelmäßig. Darüber freuen wir uns sehr, weil es zeigt, dass wir uns langfristig am Markt etabliert haben. Natürlich hilft uns, dass wir mit einem attraktiven Angebot in einem hochrelevanten Segment unterwegs und dabei auch noch lieferfähig sind.
Welche Gewerbekundenzielgruppen sind für Sie besonders wichtig?
Martensen: Besonders relevant sind für uns derzeit kleine und mittelgroße Unternehmen, also die Small Commercials. Was nicht bedeutet, dass große Flotten für uns keine Rolle spielen. Deshalb haben wir auch erst kürzlich unser Key-Account-Team von zwei auf vier Personen verdoppelt.
Halbes Jahr Lieferzeit, angepasste Preise für Neugeschäfte
Wann liefern Sie denn, wenn Kunden jetzt bestellen?
Martensen: Generell können wir immer wieder Autos sehr kurzfristig innerhalb von zwei bis drei Monaten liefern. Und Lagerfahrzeuge teilweise auch viel früher, innerhalb weniger Wochen. Natürlich kommt es immer auf die individuelle Ausstattung an. Aber auch wer seinen Polestar 2 individuell neu konfiguriert, wartet derzeit nicht länger als ein halbes Jahr auf sein neues Auto.
Haben Sie vor dem Hintergrund der multiplen globalen Krisen Ihr Preismodell für Groß- und Gewerbekunden angepasst?
Martensen: Kein Automobilhersteller kann sich den Auswirkungen der derzeitigen Krisen entziehen. Auch wir mussten Anpassungen vornehmen, konkret eine Abänderung unseres Pilot-Pakets. Was wir anders als andere Anbieter nicht getan haben: Wir haben keine bestehenden Kundenverträge und -bestellungen nachträglich neu eingepreist. Lediglich bei Neugeschäften mussten auch wir die herausfordernden Marktentwicklungen preislich abbilden.
Das heißt, in der Bestellung festgelegte Preise haben bei Polestar immer langfristig Bestand?
Martensen: Ja. Sobald die Bestellung bei uns platziert ist, ist der Preis fix. Wir garantieren die Preise langfristig und nicht nur für eine bestimmte Zeit.
Sie haben die Möglichkeiten zur Fahrzeugbestellung erweitert. Warum?
Martensen: Wir vertreiben unsere Fahrzeuge über den Direkt-Vertrieb, das heißt jede Kundin und jeder Kunde bestellt das Auto direkt bei uns. Für eine digitale Marke, wie wir es sind, spielen Online-Vertriebskanäle dabei eine überaus wichtige Rolle. Auch unsere Kunden nutzen überwiegend digitale Bestellmöglichkeiten. Manchen jedoch reichte die Online-Bestellung nicht, weshalb sie jetzt zum Beispiel auch per E-Mail oder persönlich in einem unserer Polestar Spaces bestellen können, jedoch auch hier über unsere Webseite. Ganz nach Wunsch. Und auch wenn wir für gewerbliche Zielgruppen das Key-Account-Management als wichtiges Instrument für den Aufbau der Kundenbeziehung sehen: Digitale Instrumente zur Bestellabwicklung steigern die Effizienz auch für unsere Kunden in Nachgang deutlich.
„Werkstattnetz, das wir den Polestar-Kundinnen und Kunden gerne präsentieren“
Inwiefern profitierte Polestar beim Marktstart von seiner Zugehörigkeit zu Volvo Cars?
Martensen: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir kombinieren das Beste aus zwei Welten. Auch wenn wir mittlerweile zu einem erwachsenen Unternehmen gereift sind, besitzen wir in vielerlei Hinsicht immer noch den Charakter eines Start-ups. Aber natürlich haben wir von Beginn an auch von der Infrastruktur unserer Muttergesellschaft profitiert. Nehmen Sie als Beispiel nur die 200 Service-Punkte in Deutschland, für die wir natürlich auf das vorhandene Volvo-Netz zurückgreifen.
Wie viel Kontakt haben Polestar-Fahrerinnen und -Fahrer zur Werkstatt?
Martensen: Wir verfügen über ein Werkstattnetz, das wir unseren Kundinnen und Kunden gerne präsentieren. Das sehen wir als unseren großen Vorteil, weil wir Serviceanliegen am besten direkt und gemeinsam vor Ort klären können. Wir sind uns dessen bewusst, dass viele neue Wettbewerber auf Hol- und Bring-Services setzen, glauben für uns aber nicht an den nachhaltigen Erfolg solcher Lösungen. Zumindest nicht als ausschließliches Angebot. Wer sich ausdrücklich einen Hol- und Bring-Service für die Werkstatt wünscht, erhält ihn selbstverständlich auch bei uns. Das ist gerade bei Unternehmenskunden der Fall, die den Serviceprozess ohne längere Ausfallzeiten für die Fahrerinnen und Fahrer gestalten möchten.
Polestar im Autoabo derzeit über externe Anbieter
Welche Rolle spielt das Autoabo derzeit bei Polestar?
Martensen: Autoabos erfüllen für uns zwei wichtige Funktionen. Erstens fehlt vielen Menschen noch die Erfahrung mit Elektroautos. Autoabos sind eine Möglichkeit, diese immer noch neue Technik risikolos und ohne längerfristige vertragliche Bindung zu testen. Auch wenn die Erfahrung zeigt, dass Elektroautos im Autoabo deutlich länger genutzt werden, als zu Beginn geplant. Und zweitens haben wir über Abos die Möglichkeit, die Sichtbarkeit unserer noch jungen Marke deutlich zu erhöhen, weil Autoabo-Kunden in der Regel deutlich offener für neue Marken sind.
Wie wickeln Sie Autoabos derzeit ab?
Martensen: Noch verfügen wir über kein White-Label-Produkt, mit dem wir Autoabos unter der Marke Polestar anbieten könnten. Deshalb beliefern wir derzeit verschiedene etablierte Autoabo-Anbieter mit unseren Fahrzeugen.
Stärkerer Premium-Fokus mit dem Polestar 3
Sie haben mit dem Polestar 3 Ihr erstes SUV vorgestellt. Ein paar Worte zum neuen Modell bitte.
Martensen: Mit dem Polestar 3 positionieren wir uns noch stärker als Premiummarke. Der Polestar 3 ist das Sinnbild dessen, wie wir uns ein fahraktives und vollelektrisches Premium-SUV vorstellen. Er ist unser erstes SUV und damit Mitglied des derzeit beliebtesten Fahrzeugsegments. Deshalb ist er für unsere Wachstumspläne ein äußerst wichtiges Fahrzeug. Zu unseren Kunden rollen die ersten Polestar 3 voraussichtlich ab Ende dieses Jahres.
Wie geht es ab 2024 weiter mit Ihrer Modelloffensive?
Martensen: Wir werden unsere Modellpalette auch nach 2023 jedes Jahr mit einem neuen Fahrzeug ergänzen. Noch 2023 werden wir ein neues SUV-Coupé, den Polestar 4, vorstellen. Im Folgejahr erscheint mit dem Polestar 5 unsere erste sportliche Limousine und 2026 rollt der Polestar 6 auf die Straße. Als Sportwagen wird der sicherlich kein Kernprodukt für Flotten- und Gewerbekunden, wird aber eine wichtige Rolle als technologisches Aushängeschild der Marke Polestar spielen.
Herr Martensen, herzlichen Dank für das Gespräch.
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