Aufgepasst beim PArken von Anhängern: Auch beim ordnungsgemäßen Abstellen kann es bei Unfällen zur Haftung kommen.
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Aufgepasst beim PArken von Anhängern: Auch beim ordnungsgemäßen Abstellen kann es bei Unfällen zur Haftung kommen.

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Fuhrparkrecht

Anhänger: Aufgepasst am Straßenrand

Wer einen Anhänger ordnungsgemäß am Straßenrand parkt, kann im Falle eines Unfalls dennoch in Haftung genommen werden.

Die Halterhaftung – ein Reizbegriff des Fuhrparkmanagements. Viel erörtert und viel diskutiert, ist sie vielen Unternehmen und Fuhrparkverantwortlichen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Kein Wunder, ist es doch schon nicht einfach, die komplexen rechtlichen Einordnungen zu verstehen, wenn es um ein Kraftfahrzeug geht. Noch komplizierter wird es mit Blick auf die Halterhaftung aber, wenn es zu einem Schaden im Zusammenhang mit einem Anhänger gekommen ist.

Genau mit solch einem Sachverhalt zum Thema Anhänger musste sich der Bundesgerichtshof auseinandersetzen. Die Entscheidung des höchsten deutschen Zivilgerichts sollte Fuhrparkverantwortliche aufhorchen lassen. Zumindest dann, wenn sie im Fuhrpark auch Anhänger einsetzen und diese auch im öffentlichen Verkehrsraum abstellen.

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Der Fall: Unfall mit geparktem Anhänger

Im September 2017 war ein Autofahrer in einer Linkskurve nach rechts von der Straße abgekommen und stieß in Folge gegen ein Gebäude sowie gegen einen an der Seite geparkten Anhänger. Dieser Anhänger wiederum rollte daraufhin los und beschädigte das zum Nachbargrundstück gehörende Eingangstor sowie das daran angrenzende Nachbargebäude. Der Gebäudeversicherer zahlte dem Eigentümer der Immobilie zwar zunächst den entstandenen Schaden, verklagte daraufhin aus abgetretenem Recht aber die Haftpflichtversicherung, bei der der Anhänger versichert war.

Das zunächst zuständige Amtsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Haftpflichtversicherung hin wurde die Klage vom Landgericht Gießen jedoch zurückgewiesen. Begründet wurde die Klageabweisung damit, dass das Schadensereignis nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb des Anhängers stehe. Die Halterhaftung werde nicht schon durch jede Verursachung eines Schadens begründet, die im weitesten Sinne im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges stehe. Vielmehr trete eine Haftung erst dann ein, wenn ein Schadensereignis dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung auch zugerechnet werden könne. Eintrittspflichtig sei die Kfz-Haftpflichtversicherung des Pkw.

Die Gebäudeversicherung legte gegen dieses Urteil Revision ein, weshalb die Angelegenheit beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe landete. Der gab in letzter Instanz der Revision statt und verurteilte die Haftpflichtversicherung des Anhängers zur Zahlung.

Prägt der Anhänger das Schadengeschehen?

Der Bundesgerichtshof hatte sich dabei intensiv mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Wegrollen eines ordnungsgemäß abgestellten Anhängers noch zum Betrieb des Anhängers zählt und damit auch ein Schaden im Zusammenhang mit dem Wegrollen eine Schadenersatzpflicht aus der Halterhaftung auslöst. War zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Jahr 2017 allerdings noch § 7 Abs. 1 StVG maßgebend, ist seit dem 16. Juli 2020 nunmehr § 19 Abs. 1 S. 1 StVG. § 7 StVG die einschlägige Vorschrift. Sie beschäftigt sich mit der Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern oder Gespannen.

Wird danach bei dem Betrieb eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) gezogen zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, ist der Halter des Anhängers verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. § 7 StVG in der neuen Fassung regelt seit dem Juli 2020 nur noch die Halterhaftung mit einem Kraftfahrzeug und nicht mehr Haftungsfragen im Zusammenhang mit einem Anhänger oder Gespann.

Nach Ansicht des VI. Zivilsenats ist in dem Schadensgeschehen gerade die von einem Anhänger ausgehende Gefahr verwirklicht worden. Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ in Bezug auf Fahrzeuge sei entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Halterhaftung sei der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Die Vorschrift wolle daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen.

Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Fahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug oder einen Anhänger (mit)geprägt worden ist.

Betriebsgefahr erlischt nicht mit ordnungsgemäßem Abstellen

Auch wenn der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ihm geführte Fahrzeug verloren habe, den Unfallablauf maßgeblich bestimmt habe, sei der Unfall durch den Anhänger zumindest mitgeprägt worden und deshalb auch seinem Betrieb zuzurechnen. In einem solchen Fall hat sich die aus der Konstruktion eines Anhängers resultierende Gefahr bei einer unkontrollierten Bewegung durch Fremdeinwirkung verwirklicht. Diese Gefahr kann, so das Gericht, nicht bereits durch das ordnungsgemäße Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum beseitigt werden. Diese Gefahr werde gerade vom Schutzzweck des §§ 19 Abs. 1 StVG erfasst.

Der Umstand, dass der Pkw-Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe und damit den Unfall mit verursachte, könne allein im Rahmen eines etwaigen Gesamtschuldnerausgleichs Berücksichtigung finden. Dies bedeutet, dass sich die Haftpflichtversicherung, bei der der Anhänger versichert ist, im Innenverhältnis gegebenenfalls ganz oder zumindest teilweise bei der Kfz-Haftpflichtversicherung des Pkw schadlos halten kann. Einen Einfluss auf die Haftung gegenüber dem Geschädigten Immobilieneigentümer hat dieser Innenausgleich jedoch nicht (BGH, Urteil vom 07.02.2023 - VI ZR 87/22).

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