Build Your Dreams, kurz BYD, startet seit dem Jahreswechsel auch in Deutschland durch. Was die chinesische Elektromarke in Deutschland vorhat und welche Rolle Groß- und Gewerbekunden spielen, erklärt Jan Grindemann, Chief Operating Officer (COO) beim deutschen BYD-Importeur Hedin Electric Mobility, im Gespräch mit bfp FUHRPARK & MANAGEMENT.
BYD-Ziel: Full-Line-Anbieter
Herr Grindemann, wo positioniert sich BYD im automobilen Markengefüge in Europa?
Jan Grindemann: Unser globales Leitbild heißt: „Accessible Premium“. Und zwar mit Blick auf Produkt und Service. Weshalb „accessible“? Weil wir Premiumqualität in das Volumensegment bringen und unsere Produkte im wahrsten Sinne des Wortes gut zugänglich sind: Eine oder zwei Varianten je Modellreihe bedeuten für den Kunden Einfachheit und Effizienz. Denn versteckte Kosten im Sinne aufpreispflichtiger Ausstattungsoptionen muss er bei uns nicht fürchten.
In Deutschland ist BYD taufrisch unterwegs. Was haben Sie sich für 2023 vorgenommen?
Grindemann: Völlig richtig: In Deutschland hat BYD quasi die Startformation gerade verlassen. Im ersten Schritt wollen wir deshalb die Marke gemäß ihrer Charakteristika positionieren und auch eine passgenaue Preispositionierung erreichen. Ein weiterer großer Meilenstein in diesem Jahr ist aber auch die Präsentation unseres Kompaktwagens Dolphin und unserer Mittelklasse-Limousine Seal auf der IAA in München. Dort wird außerdem ein neues Mittelklasse-SUV das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Außerdem werden wir mit einer Kleinserie unseres mittelgroßen Transporters ETP 3 noch dieses Jahr erste Erfahrungen im Segment der leichten Nutzfahrzeuge sammeln, bevor wir uns mit dessen Nachfolgemodell dort auch mit größeren Volumina engagieren werden.
Der Plan ist also, BYD so schnell wie möglich als Full-Line-Anbieter zu etablieren?
Grindemann: Das ist unser Ziel. Wir wollen nicht nur einzelne Segmente, sondern die gesamte Bandbreite des Marktes abdecken. Aber immer mit vollelektrischen Fahrzeugen.
Langfristig 100 BYD-Werkstätten in Deutschland
Das bedarf auch einer entsprechenden Vertriebs- und Serviceorganisation …
Grindemann: Ja, und damit kommen wir zum weiteren wichtigen Meilenstein. Denn natürlich planen wir schon kurzfristig, unser Vertriebs- und Servicenetz deutlich auszubauen. Derzeit arbeiten wir in Deutschland mit sieben namhaften Autohandelsgruppen zusammen. Das sollen schon bald deutlich mehr werden.
Derzeit verfügt BYD über lediglich zwölf Service-Stützpunkte in Deutschland. Wie sind hier Ihre Pläne?
Grindemann: Klar ist: Bei diesen zwölf Servicestützpunkten wird es nicht bleiben. Schon Ende 2023 werden wir über 25 Werkstätten sprechen, und kurz darauf von etwa 50. Langfristig, also in spätestens vier Jahren, peilen wir die Zahl von 100 Service-Standorten an.
Bieten Sie Flotten- und Gewerbekunden bis dahin Hol- und Bringservices an?
Grindemann: Nein. Ich denke nicht, dass derartige Konzepte auf Dauer zuverlässig umzusetzen sind. Aber: Sobald wir einen Großkunden in einem Gebiet ohne BYD-Werkstatt gewinnen, seien Sie gewiss, dass wir dort sehr schnell einen Stützpunkt einrichten werden.
Unternehmenskunden generell attraktiv für BYD
Welche Rolle spielen Groß- und Gewerbekunden in Deutschland generell für BYD?
Grindemann: Eine sehr wichtige Rolle. Wir denken, dass wir mittelfristig für alle Flottensegmente die richtigen Fahrzeuge anbieten können. Und dabei spreche ich von einer großen Bandbreite angefangen bei Serviceflotten und speziellen Branchen wie Pflegediensten bis hin zu User Choosern auch in oberen Managementebenen. Kurz gesagt: Flotten- und Gewerbekunden sind für uns eine äußerst attraktive Zielgruppe.
Das bezieht sich eher auf kleinere oder auf größere Fuhrparks?
Grindemann: Auch hier auf die komplette Bandbreite. In der Kundenansprache und -betreuung erfordern unterschiedliche Fuhrparkgrößen natürlich individuelle Herangehensweisen. Auch das ist für uns aber kein Problem: Für international aufgestellte Unternehmen steht BYD Europe als Ansprechpartner bereit, für Fuhrparks mit mehr als 100 Fahrzeugen die jeweilige nationale Importgesellschaft und für kleinere bis mittlere Fuhrparks unsere Handelsorganisation. Natürlich stehen alle Beteiligten dabei miteinander in Kontakt, um einen reibungslosen Ablauf der Kundenbeziehung zu gewährleisten. Zumal unsere Handelspartner als fast durchweg etablierte große Handelsorganisationen oft bereits über enge Beziehungen auch zu Großkunden verfügen.
Kaum Diskussionen zum Thema Datenschutz
Wie reagieren insbesondere Unternehmenskunden auf BYD als neue Marke?
Grindemann: Wenn wir rein auf die Produkte blicken, müssen wir bei Flottenverantwortlichen wenig Überzeugungsarbeit leisten. Oft können wir sie nach einer ersten Testfahrt schnell begeistern. Etwas anders sieht es aus, wenn wir über Nachlassstrukturen sprechen. In Deutschland und auch anderen mitteleuropäischen Ländern ist es geübte Praxis, schnell die Konditionen zu thematisieren. Auch wenn wir spezielle Konditionen für Groß- und Gewerbekunden hinterlegt haben: Durch unsere auf Klarheit und Einfachheit ausgelegte Preisstrategie entsteht an diesem Punkt vielfach mehr Gesprächsbedarf.
Führen Sie als Importeur einer chinesischen Marke viele Diskussionen mit potenziellen Kunden zum Thema Datenschutz?
Grindemann: Auch ich hätte es anders erwartet, aber nein. Wir führen viele Gespräche mit Einkäufern und Flottenverantwortlichen, das jedoch war noch nie ein Thema. Und wenn es dazu käme, lautete unsere Antwort: Dem chinesischen Konzern BYD ist die Relevanz des Themas Datenschutz in Europa und besonders in Deutschland sehr bewusst. Es ist klar, dass ein Datenschutzleck in BYD-Fahrzeugen zu einem erheblichen Rückschlag bei der Expansion in europäische Märkte führen würde. Weshalb BYD Europe besonderen Wert darauf legt, die bestehenden Datenschutzvorgaben zu erfüllen.
Full-Service-Leasing und Autoabo bei BYD über Partner
Zum Thema Full-Service-Leasing: Ein eigenes BYD-Angebot ist derzeit nicht geplant?
Grindemann: Nein, aber selbstverständlich sind wir mit mehreren Partnern im Gespräch, um mittelfristig abgestimmte Full-Service-Leasing-Angebote zu unterbreiten. Und gemeinsam mit unseren Handelspartnern haben wir bereits heute Leistungsumfänge standardisiert, die unsere Partner um weitere Service-Umfänge anreichern können. Außerdem ist es natürlich auch jetzt möglich, BYD-Fahrzeuge über verschiedene Leasinganbieter zu beziehen.
Restwertprognosen spielen beim Leasing eine besonders wichtige Rolle. Gibt es dazu bereits Daten für BYD-Modelle?
Grindemann: Ein wichtiger Faktor bei der Ableitung von Restwertprognosen sind Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Über die verfügen wir als junge Marke, die seit wenigen Monaten in Deutschland aktiv ist, noch nicht. Worauf wir uns also derzeit stützen, sind die Einschätzungen von Finanzdienstleistern wie Banken und Leasinganbietern sowie auf die Analyse der Prognoseinstitute. Und da bewegen wir uns auf einem guten Weg, auch wenn wir noch nicht auf dem Niveau angelangt sind, das wir uns langfristig vorstellen.
Definiert sich BYD eher als Autohersteller oder als ganzheitlicher Mobilitätsanbieter?
Grindemann: Weder noch, BYD selbst sieht sich als Tech-Unternehmen mit starkem Fokus auf New-Energy-Technologien und batterieelektrischen Antrieb. Ganzheitliche Mobilitätskonzepte besitzen in China auch eine deutlich geringere Relevanz als in Europa. Wenn es um derartige Projekte geht, wären also wir als Importorganisation erster Ansprechpartner. Im ersten Step fokussieren wir uns aber auf die Einführung unserer Fahrzeuge und die zugehörigen Services.
Mit Autoabos lassen sich allerdings gerade neue Marken oder Technologien unverbindlich testen. Ein Autoabo von BYD ist also kurzfristig nicht zu erwarten?
Grindemann: Wie Sie richtig sagen, nehmen Autoabos Berührungsängste vor neuen Marken und Technologien. Ein eigenes Autoabo unter BYD-Label planen wir zwar nicht, sind aber auch in diesem Punkt in Gesprächen mit möglichen Kooperationspartnern. Diese Autoabo-Anbieter würden BYD-Modelle dann regulär listen. Was wir in enger Abstimmung mit BYD Europe aber planen, sind Kurzzeit-Leasingangebote mit Laufzeiten bis 24 Monate, um auch auf diesem Gebiet die größtmögliche Flexibilität anbieten zu können.
BYD-Soft-Launch im Transportersegment
Sie hatten bereits Ihre Transporter-Pläne angesprochen. Wie richten Sie sich auf Handelsebene darauf aus?
Grindemann: Wir sind uns dessen bewusst, dass das Transportergeschäft ein komplett anderes ist als das Pkw-Geschäft – im Verkauf wie im Service. Weil viele unserer Handelspartner langjährige Erfahrung auch im Transportergeschäft aufweisen, sehen wir uns – sobald es so weit ist – auch in diesem Segment gut aufgestellt. Denn bei den Transportern sprechen wir von einem Soft Launch, in dessen Rahmen wir unsere Aktivitäten stark auf das erste Kundenfeedback ausrichten werden.
Mit Blick auf Ihre neuen Modelle Dolphin und Seal: Steht der genaue Starttermin mittlerweile fest?
Grindemann: Wenn Sie von Anfang September ausgehen, liegen Sie genau richtig.
Ob Ihr kleines Einstiegs-Elektroauto Seagull nach Europa kommt, ist aber noch nicht entschieden?
Grindemann: Nein. Der Seagull ist zwar auch aus unserer Sicht ein sehr spannendes Fahrzeug. Ob es auch nach Europa kommt, ist aber noch nicht klar.
Herr Grindemann, herzlichen Dank für das Gespräch.
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