Von Thilo von Ulmenstein
Sei es mit Tochtergesellschaften oder mit Niederlassungen – in einer globalisierten Welt ist heute fast jedes Unternehmen in mehreren Ländern ansässig. Daher verfügen auch die meisten Unternehmen über einen internationalen Fuhrpark, auch wenn das nicht immer im Bewusstsein verankert sein mag. Die Frage nach den Herausforderungen des internationalen Fuhrparkmanagements liegt daher für viel mehr Unternehmen auf der Hand als gedacht.
Bereits in einem einzigen Land ist das Fuhrparkmanagement eine komplexe Aufgabe. Die Wünsche und Anforderungen vielfältiger interner Akteure sind miteinander in Einklang zu bringen, und das auch noch in einer Balance zwischen Kosten und Angebot. Hinzu kommt die Auswahl und Steuerung einer Vielzahl von Dienstleistern und Lieferanten rund um den Fuhrpark.
Drei Grundregeln für das internationale Fuhrparkmanagement
Die Komplexität der Aufgabe erhöht sich verständlicherweise, wenn das Fuhrparkmanagement mehrere Länder oder sogar Kontinente umfasst. Internationales Fuhrparkmanagement bedeutet daher die Steuerung einer Fahrzeugflotte über mehrere Länder hinweg. Wobei sich immer mehr und vor allem auch kleinere Unternehmen mit der Frage nach dem internationalen Fuhrparkmanagement befassen. Während der Fuhrpark der Unternehmen, die sich mit dieser Frage beschäftigen, in der Vergangenheit meistens mehrere tausend Fahrzeuge umfasste, nähern sich diesem Thema jetzt auch Unternehmen an, die einen Fuhrpark von weniger als 1.000 Fahrzeugen betreiben. Motivator für das Interesse sind dabei überwiegend die Kosten der Fahrzeugflotte. Die Unternehmen versprechen sich von einem zentralen Fuhrparkmanagement über die Länder hinweg Einkaufsvorteile, durch die Bündelung des Fahrzeugvolumens.
Dabei gibt es drei wesentliche Punkte, die bei der Entwicklung eines professionellen und praxistauglichen Konzept für ein erfolgreiches internationales Fuhrparkmanagement eine Rolle spielen.
1. Struktur des internationalen Fuhrparkmanagements
Der Weg zum erfolgreichen internationalen Fuhrparkmanagement beginnt mit der Frage: Wie organisiere ich mich? Zentral oder dezentral? Wie bei einem nationalen Fuhrpark kann auch die internationale Fahrzeugflotte zentral und straff geführt werden, zum Beispiel mit detaillierten Vorgaben zur Fahrzeugwahl oder in Bezug auf die zu nutzenden Lieferanten. Bei diesem Konzept hat der internationale Fuhrparkmanager Weisungsbefugnis gegenüber seinen Länderkollegen und kann so Fuhrpark sowie Lieferanten und Dienstleister zentral steuern und beeinflussen. Dies bedeutet auch komplette Kostenkontrolle und erfordert ein entsprechend klares Mandat der Unternehmensleitung.
Andere Firmen bevorzugen das dezentrale Fuhrpark-Konzept. Solche Unternehmen verfolgen eine Philosophie, bei der den internationalen Tochtergesellschaften viel Freiraum eingeräumt wird, um erfolgreich zu sein. Daher bleibt die Verantwortung für den Fuhrpark in den einzelnen Ländergesellschaften. Der Fuhrparkmanager ist hier seinem lokalen Geschäftsführer verantwortlich.
Daneben gibt es noch den Mittelweg: den regionalen Ansatz, bei dem mehrere Länder umfassende Regionen gebildet werden, in denen wiederum ein regionaler Fuhrparkmanager verantwortlich ist. Dieser untersteht dem internationalen Fuhrparkmanagement, ist aber weisungsbefugt gegenüber den Fuhrparkverantwortlichen in den einzelnen Ländern. Diese Struktur entlastet den internationalen Fuhrparkmanager.
Von daher ist bereits an dieser Weggabelung zu entscheiden, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten das internationale Fuhrparkmanagement übernehmen soll. Das bedeutet im Übrigen auch, dass eine entsprechende Ressource im Unternehmen vorhanden sein muss oder eingestellt werden muss.
Grundsätzlich muss aber klar sein, dass ohne kompetente Ressourcen in jedem einzelnen Markt ein effizientes internationales Fuhrparkmanagement nicht möglich ist. Der Grund liegt in den vielfältigen Besonderheiten des Fuhrparkmanagements in jedem einzelnen Land. Ein gutes aktuelles Beispiel hierfür sind die steuerlichen Regelungen in Bezug auf die Elektromobilität. Nahezu jedes europäische Land hat hierzu eigene Akzente gesetzt, meist in Bezug auf die Versteuerung des geldwerten Vorteils. Während in Österreich oder Deutschland die Wahl eines E-Fahrzeugs steuerlich belohnt wird, aber immer auch noch der Verbrenner einen Vorteil bringt, gibt es in den Niederlanden für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor keinerlei Vergünstigung mehr. Ein internationaler Fuhrparkmanager käme schnell an seine Grenzen, wenn er alle länderspezifischen Regelungen kennen und verstehen müsste.
Ähnlich sieht es mit rechtlichen Regelungen aus, die den Fuhrpark betreffen. Während zum Beispiel in Großbritannien über eine gesetzliche Haftung der Geschäftsleitung klare Standards zur Sicherheit der Firmenwagenfahrer etabliert sind oder Regelungen wie in Deutschland in Bezug auf Unfallverhütung oder Führerscheinkontrolle bestehen, sind solche Vorgaben anderen Ländergesetzgebungen fremd. Daher ist ein lokaler Fuhrparkmanager mit entsprechendem Kenntnisstand gut und seine Ausbildung unerlässlich.
Hinzu kommen unterschiedliche kulturelle Aspekte in Bezug auf den Firmenwagen: in einigen Ländern ist der ein hoch emotionales Thema, das auch Unternehmensleitungen und Betriebsräte beschäftigt, in anderen Ländern dagegen ganz nüchtern ein Fortbewegungsmittel.
2. Car Policy als wichtiger Baustein des internationalen Fuhrparkmanagements
DAS wesentliche Werkzeug zur Umsetzung eines erfolgreichen internationalen Fuhrparkmanagements ist die internationale Car Policy. Sie definiert den Rahmen bei der Fahrzeugwahl für die jeweiligen Ländergesellschaften.
Je nach Zielsetzung des Unternehmens und je nach Unternehmenskultur kann auch hier eine Regelung entwickelt werden, die allen Ländern klare (standardisierte) Vorgaben setzt oder weiter gewisse Freiräume gewährt. Unternehmen, die besonders stark auf die Fuhrparkkosten schauen, gehen hier meist mit straffen Regelungen vor. Bei dem aktuell bestehenden Verkäufermarkt im Automotive-Segment können zum Beispiel durch eine Konsolidierung der Lieferanten Kostenvorteile erreicht werden. Weniger Lieferanten bedeuten zudem auch geringeren Aufwand beim Fuhrparkmanagement.
Die internationale Car Policy deckt dabei üblicherweise folgende Themenfelder ab: die Strategie und die Zielsetzung in Bezug auf die Bereitstellung von Firmenwagen sowie grundlegende Bestimmungen zu
- der Berechtigung für den Erhalt eines Firmenwagens,
- der Fahrzeugwahl,
- den Kosten und
- der Fahrzeugnutzung.
Länderspezifische Regelungen und die Bereiche, in der die Muttergesellschaft Freiräume gewährt, sind dann in einem individuellen Länder-Anhang aufzunehmen. Mit diesem Steuerungsinstrument kann der internationale Fuhrpark – je nach Unternehmenskultur – dann entweder mit mehr oder weniger nationalen Freiheiten gestaltet und gesteuert werden. Daraus leiten sich dann auch Fahrzeugmarken und -ausstattungen und somit die Rahmenbedingungen der Fuhrparkkosten ab.
3. Der Wandel der Mobilität
Keine Branche unterliegt aktuell so starken Veränderungen wie der Automobilsektor. Im Fokus dabei an erster Stelle: die Umstellung auf die Elektromobilität. Häufig scheinen sich viele Unternehmen und Fuhrparkverantwortliche noch nicht im Klaren darüber zu sein, dass – vermutlich noch ein Nutzungsdauerzyklus von fünf Jahren entfernt – keine oder nur noch wenige Verbrenner-Modelle erhältlich sein werden. Denn aufbauend auf das EU-Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 planen nicht wenige Fahrzeughersteller das Aus der Verbrenner schon deutlich früher – oder mindestens die deutliche Reduzierung des Angebots dieser Antriebstechnik. Allerdings: Auch hier sieht die Welt wieder sehr unterschiedlich aus, mit unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten.
Neben diesem automobiltechnischen Wandel schauen viele Unternehmen aber vermehrt ganzheitlich auf ihren Mobilitäts-CO2-Fußabdruck. Im Dreiklang „Kosten – Personal – Nachhaltigkeit“ erfolgt eine Verschiebung auf die dritte Dimension. Dabei wird vermehrt eine Verknüpfung der gesamten betrieblichen Mobilität (Fuhrpark, Geschäftsreisen und Pendeln) in den Fokus genommen. Viele Firmen starten hier derzeit mit Bestandsaufnahmen. Und auch in diesem Punkt bestehen wieder die besonderen länderspezifischen Situationen. So müssen Unternehmen in den Niederlanden ab Januar 2024 die Pendel-Emissionen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwischen Wohn- und Arbeitsort erfassen und berichten.
Unternehmen beginnen daher bereits, erweiterte, über den Firmenwagen hinausgehende Angebote wie Mobilitätsbudgets einzuplanen. Kritiker verweisen in diesem Punkt gerne darauf, was noch nicht möglich ist. Allerdings ist vielleicht auch ein veränderter Blickwinkel sinnvoll: nämlich dort, wo es möglich ist, Alternativen zum Firmenwagen zu nutzen und auszuprobieren.
Dies bedeutet aber auch, dass sich das Tätigkeitsfeld – und damit auch die erforderlichen Kenntnisse – des Fuhrparkmanagements verändern werden. Der Weg zu einem übergreifenden Management der betrieblichen Mobilität ist auch international vorgezeichnet. Wie schnell es gehen kann, sieht man zum Beispiel in den USA: Dort stellen umweltbewusste Unternehmen den pendelnden Mitarbeitenden vermehrt E-Fahrzeuge zur Verfügung, um die CO2-Bilanz für diese Gruppe zu reduzieren. So haben die Fuhrparkmanager dort auf einmal eine völlig neue interne Zielgruppe.
Diesen Wandel gilt es gerade auch beim internationalen Fuhrparkmanagement zu berücksichtigen. Denn für die kommenden Jahre ist in Sachen Mobilitätsentwicklung kein Stillstand zu erwarten – im Gegenteil. Auch und gerade mit Blick auf das internationale Fuhrparkmanagement müssen Unternehmen hier am Ball bleiben, um die betriebliche Mobilität attraktiv und klar geregelt und mit transparenten Kosten zu gestalten. Und das – wie immer im internationalen Fuhrparkmanagement – vor dem Hintergrund verschiedenster Vorgaben und gesetzlicher Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern.
Zu unserem Autor: Thilo von Ulmenstein ist Managing Partner bei Fleet Competence International mit Sitz in der Schweiz
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