Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.
Foto: NORBERT ITTERMANN
Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.

Kolumne

Herr Wissing, wir müssen reden!

In ihrer Kolumne berichtet Dr. Olga Nevska, Geschäftsführerin der Telekom Mobility Solutions, von ihren  Erfahrungen bei der Transformation eines der größten Unternehmensflotten des Landes zu einem innovativen Mobilitätsprovider.

Ein rascher Hochlauf der E-Mobilität sei erforderlich, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, verkündete das Kanzleramt nach dem Mobilitätsgipfel am 10. Januar. Bestätigt wurde auch das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Autos auf die Straße zu bringen. Ach ja? Und das soll es gewesen sein? Wo sind neue Ideen, wo mutige Entscheidungen? So wird das nichts mit der Verkehrswende in Deutschland!

Schon gar nicht, wenn die Verantwortlichen nicht gemeinsam an schnellen Lösungen arbeiten, sondern sich gegenseitig den schwarzen Peter in die Schuhe schieben. Die einen fordern für den Ausbau der Ladeinfrastruktur ein stabileres Stromnetz, die anderen sehen das Problem in den langen Lieferzeiten. Wieder andere zeigen auf die Bundesregierung, verlangen staatliche Kaufprämien und die Abschaffung der Subventionen für Verbrenner. Von branchenbergreifender Zusammenarbeit keine Spur! Das Ergebnis: Bis heute wird die Zahl der E-Autos auf etwa 1 Mio. geschätzt. Der Anteil der Neubestellungen wächst zu langsam, gebremst durch steigende Stromkosten und fehlende Infrastruktur.

Turbo Betriebliche Mobilität

Da haben wir Corporates deutlich mehr zu bieten! Allein bei der Deutschen Telekom lag Ende 2022 der Elektro-Anteil bei den Neubestellungen schon bei 40 Prozent. Und besser noch: seit 1. Januar 2023 wird bei uns im Geschäftswagen-Segment nur noch rein elektrisch bestellt! Kein Wunder also, dass die Konzernentscheidung zum Verbrenner-Aus, die für uns nur ein konsequenter Schritt war, einen Riesenwirbel auslöste. Nie hatte ich mehr Likes in den sozialen Medien, nie so viele Presseanfragen im Posteingang. Wieder einmal ist also die betriebliche Mobilität der Beschleuniger in Sachen klimafreundliche Mobilität.

Wir machen unsere Hausaufgaben in Sachen Corporate Citizenship und geben Gas bei der Antriebswende. Häufig werde ich gefragt, wie uns die Transformation gelungen ist. Der Umstieg passierte natürlich nicht über Nacht. Seit 2019 haben wir hart daran gearbeitet. Damals war die Reichweite der E-Fahrzeuge kaum größer als 250 km, das Interesse bei unseren Kunden gleich Null. Aber wir haben nicht aufgegeben, haben unsere Prozesse angepasst, sehr viel Knowhow aufgebaut und schließlich unsere Kunden überzeugt.

Hier meine 6 Tipps zur erfolgreichen Elektrifizierung einer betrieblichen Flotte:

  1. Reichweite is King Eine vernünftige Reichweite steht ganz oben auf der Wunschliste. Nummer zwei ist das bedarfsgerechte Portfolio. Von Familienauto bis Transporter: beachten Sie die spezifischen Anforderungen Ihrer Kunden. Der Markt gibt inzwischen mehr her als Sie denken. Natürlich muss jedes neue Fahrzeug im Portfolio auch den Regularien Ihrer Car Policy entsprechen. Achten Sie aber genauso auf nachhaltige Lieferketten und die Existenz eines deutschlandweiten Werkstattnetzes!
  2. Nicht kleckern, sondern klotzen Greifen Sie in die Vollen und halten Sie Ihre E-Flotte nicht zu klein. Unser Portfolio umfasst mittlerweile rund 50 E-Modelle. Aufgrund der bekannten Lieferprobleme sind davon jedoch meist nur um die 30 bestellbar. Modelle mit langer Lieferzeit nehmen wir temporär aus dem Bestellportal, das Angebot bleibt so trotzdem vielfältig und es ist für jeden etwas Passendes dabei.
  3. Geben Sie Ladehilfen Ja, ich vermisse sie immer noch, meine Lieblingstankstelle in der Kölner Innenstadt. Den leckeren Kaffee und die knusprigen Croissants. Hand aufs Herz: Laden kann sehr anstrengend sein, die öffentliche Infrastruktur ist einfach unbefriedigend. Für das Fleet Management ist es von Vorteil, wenn die Fahrzeuge entweder zuhause oder im Büro geladen werden, also dort, wo sie die meiste Zeit stehen. Subventionieren Sie die Einrichtung heimischer Ladestationen und investieren Sie in die Ladeinfrastruktur an Ihren Firmengebäuden. Denn dort haben Sie gleichzeitig maximale Preistransparenz und somit -kontrolle. Bei gemieteten Bürogebäuden, in ländlichen Gebieten oder Innenstadtlagen ist das alles natürlich nicht so einfach. Bieten Sie wo immer möglich Ersatzmobilität an und hoffen auf das Engagement von Städten und Kommunen.
  4. Keine Angst vor den Kosten Unsere Erfahrung zeigt, dass die Kosten für die Instandhaltung der Fahrzeuge deutlich sinken. Durch den Wegfall zahlreicher Wartungsarbeiten und Verschleißreparaturen wie z.B. Ölwechsel entfallen viele Werkstattkontakte. Anders sieht es im Bereich Unfall- und Reparaturmanagement aus. Die Abschleppkosten sind höher und die Reparaturkosten steigen, da E-Fahrzeuge sehr viele Sensoren und Kamerasysteme an Bord haben (die andererseits für eine geringere Unfallquote sorgen). Wir sehen also heute, dass die Kosten für die Instandsetzung unterm Strich deutlich fallen und die Restwerte sich bislang überraschend positiv entwickeln.
  5. Walk the Talk Ist es wirklich so schwierig, Firmenwagen-Fahrende zum E-Change zu überreden? Ganz und gar nicht! Die Elektromobilität ist längst in unserem Alltag angekommen und wir sehen, dass unsere Angebote der Ersatzmobilität, zum Beispiel der Verbrenner für die Urlaubsreise, nur noch selten in Anspruch genommen werden. E-Fahren macht schließlich auch Spaß! Gewinnen Sie Early Adopters und Role Models im Management, die regelmäßig und ehrlich über ihre Erfahrungen berichten. Bieten Sie Testfahrten an, machen Sie die Steuervorteile transparent und stellen Sie kompetente Beratung sicher. Transportieren Sie auch immer wieder das ‚Why‘ all dieser Anstrengungen und kommunizieren die Nachhaltigkeitsstrategie Ihres Unternehmens.
  6. Be bold and brave Wie bei jeder Transformation ist auch hier Leadership gefragt. Aber die Zutaten zum Erfolg sind nicht überraschend: es braucht wie so oft eine Portion Mut zur Veränderung, Ansporn durch ehrgeizige (Klima-)Ziele, eine Menge Durchhaltevermögen und eine dicke Prise Resilienz beim Wegstecken von Rückschlägen. Treffen Sie aber irgendwann auch einfach klare Entscheidungen.

Es sind also erneut wir Corporates, die den Weg für Veränderungen ebnen. Das ist fair, denn nirgendwo sonst wird so viel CO2-Ausstoß produziert wie auf dem Weg zur Arbeit. Warum aber werden wir nicht mit umfangreicheren Instrumenten ausgestattet, die wir für die Bewältigung der Transformation benötigen? Wenn die Innovationsprämie wegfällt, warum wird im Gegenzug z.B. nicht die Abschreibung beschleunigt? Warum können wir den Bau von Ladestationen für E-Autos nicht steuerlich geltend machen? Warum finden wir keinen Platz am Gipfeltisch, zu dem fast ausschließlich Vertreter der Automobilindustrie eingeladen waren? Und warum wird hier Mobilität offenbar gleichgesetzt mit Elektromobilität? Am Ende brauchen wir doch mehr geteilte Mobilität und weniger Autos. Fragen über Fragen – wir haben Antworten. Herr Wissing, wir müssen reden!

Dr. Olga Nevska ist Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions und leitet eines der größten Unternehmensflotten des Landes.

Kolumne

Corporate Mobility matters!

In ihrer Kolumne berichtet Dr. Olga Nevska, Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions, von ihren  Erfahrungen bei der Transformation eines der größten Unternehmensflotten des Landes zu einem innovativen Mobilitätsprovider.

    • Gastbeiträge
Olga Nevska, Geschäftsführerin Telekom Mobility Solutions, gilt als einflussreichste und bestvernetzte Mobilitätsmanagerin Deutschlands.

bfp-Interview

Olga holt dich in fünf Minuten ab

Olga Nevska, Geschäftsführerin Telekom Mobility Solutions, spricht im Interview über nachhaltige Mobilität bei der Deutschen Telekom, und zeigt, wohin die Reise im Bereich betrieblicher Mobilität gehen kann.

    • Alternative Mobilität, Dienstwagennutzung, Fuhrparkmanagement, Fuhrparkmarkt, Interview
Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr.

bfp-Interview

Wissing: Gewerbliche Flotten spielen wichtige Rolle

Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Gespräch über die Herausforderungen der Antriebs- und Mobilitätswende für Unternehmen.

    • Alternative Mobilität, eHUB, Fuhrparkmanagement, Interview
Auch im Foyer blieb genug Raum für das eine oder andere Gespräch.

Mobilitätskonferenz 2023

Nakobemo 2023: Die Zukunft der Mitarbeitermobilität

Auf der Nakobemo 2023 tauschten sich Expertinnen und Experten über emissionsfreien Berufsverkehr, innovative Mobilitätsservices und einhergehende Herausforderungen aus.

    • Alternative Mobilität, Car Policy, Dienstwagen, eHUB, Fuhrparkmanagement, Fuhrparkmarkt

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