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minijob und mindestlohn

Inhaltsverzeichnis

Urteil Bundesfinanzhof

Kein Dienstwagen für nahestehende Minijobber

Was auf den ersten Blick wie ein gewiefter Steuertrick aussieht, kann sich bei genauerer Betrachtung als Steuerfalle entpuppen.

Von Detlef G. A. Juhrich

Vor noch gar nicht allzu langer Zeit wurde die Überlassung eines Firmenwagens an einen als Minijobber beschäftigten Familienangehörigen als cleveres Steuergestaltungsmodell gepriesen: Denn der geldwerte Vorteil konnte nach der 1-Prozent- Regel oder Fahrtenbuchmethode auf den auszuzahlenden Barlohn von maximal 450 Euro pro Monat angerechnet werden und der Minijobber den Wagen uneingeschränkt privat nutzen; das konnte ihm bei exzessiver Privatnutzung durchaus einen größeren Vorteil als das monatliche Minijobsalär einbringe.

Bundesfinanzhof setzt diesem Model ein Ende

Gegen den Widerstand der örtlichen Finanzämter hatten zwei kreative Unternehmer diese nicht ganz übliche Entlohnungsgestaltung vor dem Finanzgericht (FG Köln, Urteile vom 27.September 2017, AZ.: 3 K 2547/16 und 3 K 2546/16) durchgesetzt.

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Das ist jetzt aus und vorbei. Da war dem letztinstanzlich angerufenen Bundesfinanzhof offensichtlich zu viel Kreativität im Spiel und mit Urteil vom 10. Oktober 2018, AZ.:X R 44- 45/17 (veröffentlicht im Februar 2019) wurde diese Konstruktion von den Münchner Bundesfinanzrichtern als unzulässig verworfen. Das einst gepriesene Steuergestaltungsmodell kann jetzt zur Steuerfalle werden.

Ehegattinnen als geringfügig Beschäftigte tätig

In beiden Fällen standen die Dienstwagennutzerinnen den Betriebsinhabern als Ehefrau nahe. Sie arbeiteten jeweils als geringfügig Beschäftigte stundenweise im familiären Betrieb mit. Zu ihren Tätigkeitsbereichen gehörten unter anderem auch betriebliche Kurier- und Botenfahrten.

In beiden Fällen wurden, vertraglich korrekt, Mittelklassewagen, auch zur privaten Nutzung, als Dienstfahrzeuge überlassen und der sich aus dem jeweiligen Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ergebende geldwerte Vorteil nach der 1-Prozent-Regelung mit der Minijobvergütung verrechnet, so dass nur noch der den Sachbezugswert übersteigende Betrag in Geld ausgezahlt wurde.

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Eine Zuzahlung von Seiten der minijobbenden Dienstwagennutzerinnen war nicht vereinbart worden, alle Fahrzeugkosten gingen zu Lasten der Arbeitgeber.

Dies sei nicht fremdüblich, urteilte der Bundesfinanzhof und ließ den Lohnaufwand und die hierauf beruhenden Abgaben nicht zum Betriebsausgabenabzug zu.

BFH: Kosten müssen in angemessener Relation zur erbrachten Leistung stehen

Auch Vereinbarungen mit nahestehenden Angehörigen müssen sich an den Kriterien orientieren, die unter Fremden üblich sind. Ein wirtschaftlich denkender Arbeitgeber werde, so der Bundesfinanzhof weiter, einen Dienstwagen zur privaten Nutzung nur dann zur Verfügung stellen, wenn die ihm hierdurch entstehenden Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der erbrachten Arbeit stehen.

Ist diese Relation nicht hinreichend gewährleistet, wird ein wirtschaftlich denkender Arbeitgeber entweder von der Dienstwagengestellung absehen oder dem Fahrzeugnutzer Beschränkungen auferlegen beziehungsweise ihn an den Fahrzeugkosten beteiligen.

Da aufgrund der Gehaltsdeckelung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen auf maximal 450 Euro pro Monat nur ein relativ geringes Arbeitsvolumen erbracht werden kann, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass durch die geringe betriebliche und der damit verbundenen unkalkulierbaren intensiven privaten Nutzung, der Dienstwagen sich betriebswirtschaftlich für das Unternehmen nicht mehr rechnet, weil die Betriebsausgaben hierfür das vereinbarten Minijobgehalt übersteigen könnten.

BFH folgt früherem Urteil

Mit diesem erneuten Richterspruch folgt der Bundesfinanzhof seiner Rechtsprechung vom 21. Januar 2014 (AZ.: X B 181/13). Auch hier war die Fahrzeugüberlassung an den Ehepartner an zu individuellen Vereinbarungen, die einem Fremdvergleich nicht standhielten, gescheitert.

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Bereits mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 hatte der Bundesfinanzhof (AZ.: III B 27/17) festgestellt, dass die Dienstwagenüberlassung an einen nahestehenden geringfügig Beschäftigte unüblich sei, wenn die Kosten für die Privatnutzung des Fahrzeugs in derartig unkalkulierbare Höhen steigen könnten, dass sie den Wert der Arbeitsleistung übersteigen.

Besonderheit war hier, dass die Dienstwagennutzerin hier die Lebenspartnerin und somit nicht eine nahe Angehörige im Sinne des § 15 AO war. Der Bundesfinanzhof sah in moderner Auslegung den Angehörigenbegriff auch bei sich nahe stehenden Personen als erfüllt an und stellte unter diesem Aspekt fest, dass die Dienstwagenüberlassung einem Fremdvergleich nicht stand hielt, da aufgrund des hohen Bruttolistenpreises der Sachbezug nach der 1-Prozent-Regel eine Barlohnauszahlung nicht mehr möglich war.

Auch Finanzgericht Münster hat verwehrt Anerkennung

Auch das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 20.11.2018 (Az.: 2 K 156/18E) einem geringfügig entlohnten Ehegattenarbeitsverhältnis mit Dienstwagenüberlassung die steuerliche Anerkennung unter Verweis auf die Fremdunüblichkeit der getroffenen Vereinbarungen - unter anderem fehlten differenzierte Regelungen über die konkrete Ausgestaltung der Fahrzeugüberlassung - verwehrt.

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Lediglich das Finanzgericht Niedersachsen hat mit Urteil vom 16. November 2016 (Az.: 9 K 316/15) einer Dienstwagenüberlassung an eine geringfügig Beschäftigte stattgegeben. Dabei handelte es sich um die ehemalige Lebenspartnerin des Geschäftsmannes. Grund für die Anerkennung war allerdings weniger, dass es sich hierbei um eine ehemalige nichteheliche Lebensgemeinschaft handelte, sondern, dass die Fahrzeugüberlassung dem Fremdvergleich stand hielt; insbesondere konnte eine durchaus erhebliche betriebliche Nutzung des Kraftwagens nachgewiesen werden.

Das Steuerschlupfloch ist zur Steuerfalle geworden

Die Zusammenstellung dieser erst kürzlich ergangenen Urteile zeigt, dass die Dienstwagenüberlassung an geringfügig im Betrieb mitarbeitende Angehörige von den Richtern nicht generell gekippt wurde. Der Fremdvergleich steht im Fokus der Rechtsprechung. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Fahrzeuggestellung an minijobbende Angehörige auch zur Privatnutzung mit erheblichen Steuerrisiken verbunden ist.

Eine Vertragsanpassung dürfte in vielen Fällen nur schwer, manchmal auch gar nicht möglich sein. Da wird es sinnvoller sein, künftig auf die Dienstwagenüberlassung zu verzichten und das Minijobgehalt wieder komplett in Geld auszuzahlen. Für die Vergangenheit ist Rettung nur schwer möglich. Das Steuerschlupfloch ist zur Steuerfalle geworden.

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